Bricht Italiens Linke auseinander?

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Bricht Italiens Linke auseinander?

Von Heiner Hug, Rom - 27.10.2014

Seit Jahrzehnten kämpft in Italien die Linke gegen die Rechte. Jetzt kämpft die Linke gegen die Linke.

Hunderttausende versammelten sich am Samstag in Rom und demonstrierten gegen den sozialdemokratischen Regierungschef Matteo Renzi. Unter den Demonstranten befanden sich viele Linke, sogar frühere Minister. Sie wehren sich gegen die von Renzi propagierte Reform des verkrusteten Arbeitsmarktes. Diese Verkrustung trägt wesentlich zur italienischen Krise bei.

Die "linken Linken" und ein grosser Teil der Gewerkschaften sind in Italien in den letzten Jahren erstarrt und vor allem auf Besitzstandwahrung aus. Neue Ideen kommen nicht, dafür die alten Schlagworte: „Wir müssen die Reichen mehr schröpfen, nur das ist die Lösung“.

Wie das Mitte-Rechts-Sammelbecken von Berlusconi ist auch der linke Partito Democratico (PD) ein zusammengewürfelter fragiler Haufen. Er besteht aus Ex-Christdemokraten, Ex-Liberalen, Sozialdemokraten, Ex-Reformisten, Ex-Zentristen, Ex-Kommunisten, Ex-Stalinisten, Ex-Grünen, Ex-irgendetwas.

Der linke Flügel der Partei wirft Renzi schon lange vor, er sei kein Linker, sondern ein Tony Blair, ein verkappter Berlusconi – oder schlimmer: eine Margaret Thatcher.

Der Machtkampf innerhalb der Linken ist jetzt voll ausgebrochen. Die Gewerkschaften drohen mit Generalstreik. Spaltet sich jetzt der linke Flügel der Partei von den Renzianern ab? Das ist nicht ausgeschlossen? Viele sagen, das wäre eine Katastrophe für Renzi, dann würde er seine Machtbasis verlieren. Doch wäre es eine Katastrophe? Man kann Renzi viel vorwerfen, vor allem sein grosses Maul. Aber die Probleme hat er erkannt.

Vielleicht haben die Gewerkschaften am Samstag ein Eigentor geschossen. Renzi ist es leid, sich mit der alten Garde der Linken herumzuschlagen. Er pokert jetzt hoch. Er riskierte bewusst einen Teil seiner Partei zu verlieren, dafür andere Wählerschichten zu gewinnen. Am Sonntag sprach er von einem „neuen Partito Democratico“ – da denkt man an New Labour. Er will den verknöcherten linken Flügel der Partei loswerden und seine Bewegung auch für Mitte-Rechts-Wähler wählbar machen. Ob diese Strategie aufgeht, muss sich zeigen.

Die Demonstration am Samstag hat ihn aufgerüttelt. "Eine garantiert feste Anstellung bis ans Lebensende gibt es nicht mehr", provozierte er am Sonntag. Entweder bringt er die dringend nötige Arbeitsreform - das Kernstück seiner Reformagenda - durch das Parlament – oder er ist abgeschrieben.

Kommentare

all die raccomandati der Comunità Montana, der Provinz, der Post, Gewerkschaften und der vielen weiter staatlichen Institutionen, die dort eine ruhige Kugel schieben und denen man nicht kündigen kann wehren sich gegen das Aufheben des angekündigten Kündigungsschutzes. Wegen deren junge, Qualifizierte nur als Stagair, allenfalls mit befristetem Vertrag angestellt werden.

Warum erinnert mich das ganze immer wieder an Don Camillo und Peppone. Vielleicht weil Don Camillo an einer Stelle zum lieben Gott sagt: "Der Knüppel ist ganz weich und tut nicht richtig weh, weil er von einer Pappel stammt."

Abendland! Diesmal kamen die drei Weisen aus dem Abendland, genau genommen aus Brüssel. Sie erkannten schnell Dreifaltigkeit wird als Priorität gelebt in Italien. Ich, Du und wir im kleineren Rahmen, der Rest kriegt irgendwie und irgendjemand (Renzi?) schon hin. In den Borgates, den Aussenbezirken von Rom, Neapel bis Palermo herrscht eine Art Lethargie mit gleichzeitiger Bereitschaft zum Aufbegehren. Ragazzi di Vita leben nun schon bis 30ig.jährig in Hotel Mamas. Salto mortale mit anschliessendem Spagat und etwas zwischen Don Camillo und Peppone prägt das Geschehen. Immer auch Bologna 1980 im Hinterkopf ,also nur bereit an den Fassaden zu kratzen. Die heutige Zeit „Mamma mia“ bräuchte tiefgehende Reformen. Es könnte noch hart werden für unseren weltweit geliebten Nachbarn… cathari

das wird nicht nur hart, das wird sehr sehr hart; auch die restlichen Europäer werden das ital. Problem in kürze noch massiv zu spüren bekommen; wie halt meist: man glaubt´s aber erst , wenn man´s selber spürt; dann aber hat IT die restlichen Europäer bereits mithineingesaugt.... ; und das ist bewusste ital. Taktik.

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