Die Rechte als Faktor

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Die Rechte als Faktor

Von Stephan Wehowsky, 23.05.2016

Die Rechte hat schon gesiegt. Es geht nicht um ein paar Prozente mehr oder weniger.

Den Rechtspopulisten in Europa und Amerika können ihre Plätze durch keinerlei Verachtung mehr genommen werden. Wenn Jean-Claude Juncker sagt, dass er mit einem rechtspopulistischen österreichischen Bundespräsidenten kein Wort wechseln würde, wirkt er wie eine hysterische Schwiegermutter.

Um das Desaster zu verstehen, sollte man die Perspektive wechseln. Denn das Raffinierte an den Rechtspopulisten besteht darin, dass sie ihre Finger in offene Wunden legen. Donald Trump artikuliert die Wut der Abgehängten in Amerika, Marine le Pen die Angst der Mittelschicht in Frankreich. Der hochintelligente Nigel Farage steckt in jeder Fernsehdebatte die englischen Spitzenpolitiker in die Tasche, und Frauke Petri hat aus einer Professorenpartei politischen Punk gemacht: ihre AfD. Das alles kann man verachten und widerlich finden.

Aber es hat keinen Sinn, dieser Verachtung durch Schweigen Ausdruck zu verleihen. Auch das einfache Bäh! hilft nicht. Es gilt, die Sprachlosigkeit zu überwinden. Worin könnte die angemessene Sprache bestehen? Ganz sicher nicht in der Spracharroganz Brüssels. Ganz sicher nicht in dem, was die politischen Eliten in den USA und Europa schon seit Jahrzehnten so oder ähnlich sagen. Und sie kann umgekehrt nicht darin bestehen, sich mit rechtspopulistischen Tendenzen anzufreunden, nur weil dort Mehrheiten sind. 

Kann die Sprachlosigkeit nicht dadurch überwunden werden, dass das Wort „aber“ benutzt wird? So könnten Politiker und Medienleute den rechtspopulistischen Gegnern bei deren Analysen dort recht geben, wo sie schlicht und einfach recht haben, „aber“ ihrer Schlussfolgerung widersprechen. Das wäre keine leere Taktik. Denn erstens kämen diese Politiker und Journalisten aus dem Dilemma heraus, wie Leuchttürme zu wirken, an dem das Schiff der Zeit ungerührt vorbeifährt. Und zweitens würde das finale politische und mediale Desaster vermieden: der Kotau vor denen, die die Mehrheit errungen, aber noch lange nicht recht haben.

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Weil die Öffnung der Volkswirtschaften neben den Gewinnen für die starken, international ausgerichteten Unternehmen Verluste für die ansässigen KMU und die Bevölkerung gebracht hat (erhöhter Konkurrenzdruck, Lohnstagnation, Dichtestress, Überlastung der Infrastruktur, der Sozialwerke und der Umwelt, Sicherheitsprobleme).

Empfehle statt ABER eher die Formulierung: UND doch … ist noch konstruktiver!

Spätestens nachdem die Rechten auch den nächsten Weltkrieg wieder werden verloren haben, kommt es anders. Das müsste man dem Volk mal klar machen...

Was denn nun, sind Interessen nicht legitim? Oder werden Sie nicht vertreten von der Politik? Oder werden Sie instrumentalisiert? Wieso dient Globalisierung nur den Reichen (alles wird ja billiger?), was bezweckt diese Pauschalisierung? Meinen Sie wirklich, dass Globalisierung vom Steuerzahler alimentiert wird?

Wollen Sie nicht erst Ihre Gedanken ordnen, bevor Sie sie hier vom Stapel lassen?

Der Wunsch gesagt zu bekommen, was richtig und falsch ist, liegt tief in uns.
Als selbstverständlich und beinahe konzertiert wurde uns allenthalben gesagt, dass anstelle von Freundschaften zwischen Staaten, eher deren Eigeninteressen von Bedeutung wären. Diese Feststellung hat eine Vielzahl von Bürgern erschreckt und sie haben schnell kapiert, na dann, dann geht es hauptsächlich um Interessen. Da wohl eigene Interessen und Selbstschutz legitime Forderungen sind, auch wichtiger als Nächstenliebe, ist es nicht zu verwundern, dass diese im Vordergrund stehen. Das grosse Spiel, Globalisierung für die Reichen, oft nur Brosamen für den Durchschnitt, erzeugte zudem Misstrauen gegenüber der Politik. Eine Politik die durchaus von Steuerzahlern alimentiert wird. Meinungsfreiheit würde bedeuten, auch subtile Zensur wegzulassen, Wahrheiten die jeder erkennen kann schonungslos darzustellen. Das alles tönt wohl sehr hart, aber ist eben auch Teil einer Wahrheit. Folgerung: Ehrlichkeit vor Interessen! Und die Quintessenz? Überheblichkeit kommt vor dem Fall!
All das müsste uns alle sehr wohl erschrecken! Oder nicht? …. cathari

Genau:

- Europa wird von den Migranten überfordert, das bringt die Demokratien an den Abgrund. Richtig, ABER, äh, wir schaffen das.

- Die EU ist undemokratisch und der Euro treibt den Süden in den Ruin zugunsten der deutschen Exporte. Richtig, ABER, äh, äh, wir haben ja Mario Draghi und seinen Helikopter. Alles gute kommt von oben.

- Negativzinsen und Bargeldverbot sind gegen die Freiheit gerichtet. Richtig, ABER, äh, nur so können wir die Kriminellen schlagen UND gleichzeitig den Konsum ankurbeln. Und dabei können wir jetzt keine Rücksicht auf Sparer und Versicherungen nehmen, die Krisenbekämpfung geht vor. Die Leute sollen sich verschulden, kost' ja nix.

- Und überhaupt, wer solche Fragen stellt, kann ja nur ein uninformierter Verlierer sein, der keine Ahnung hat und eigentlich am besten zuhause bleibt.

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