Fauler Zauber

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Fauler Zauber

Von Stephan Wehowsky, 28.08.2017

Im nicht gerade brennend heissen deutschen Wahlkampf geht es auch um die Zukunft des Verbrennungsmotors.

Der SPD-Spitzenkanditat möchte seine Laufzeit begrenzen, die Kanzlerin sieht in ihm eine „Brückentechnologie“ auf unbestimmte Zeit. Zusätzlich geht es um Fahrverbote in einzelnen Städten für Dieselfahrzeuge wegen der Feinstaubbelastung. Ja oder nein? Die Argumentationsspirale dreht und dreht.

Die Schadstoffbelastungen der Luft werden von den verschiedenen Experten, Verbänden und Parteien aufs Mikrogramm genau vorgerechnet und mit den tolerierten Grenzwerten europäischer Verordnungen und nationaler Gesetze verglichen. Da weiss man alles ganz genau. Aber das ist ein fauler Zauber.

Denn nie wird darüber aufgeklärt, wie denn die gesamte Energiebilanz eines Fahrzeugs aussieht. Was bedeutet es, den alten Stinker zu verschrotten und gegen einen „schadstoffarmen“ Diesel einzutauschen? Der schadstoffarme Diesel fällt nicht aus einem ökologisch sauberen Himmel. Seine Metallteile, seine Elektronik, seine Kunststoffe und seine Lacke erfordern Energie und verursachen Emissionen. Es gibt ökologisch nichts Schädlicheres als ein neues Auto.

Das gilt auch für Elektrofahrzeuge. Wer in ihnen das Heil sieht, übersieht, dass die Batterien aus „seltenen Rohstoffen“ bestehen, die unter Bedingungen aus Afrika bezogen werden, die in keinem Kirchengesangbuch stehen. Und woher kommt der zum Betrieb notwendige Strom? Ach ja, aus der Steckdose.

Alternativenergien! Die sind ganz wunderbar, solange keiner danach fragt, wie viel Energie notwendig ist und wie viel Emissionen erzeugt werden, um ein einziges Windkraftwerk zu errichten. Und wie steht es mit den Stromtrassen? Es gibt Offshore-Windparks, die bis heute nicht ans Netz gegangen sind. Denn neue Stromtrassen bringen auch Fans von Elektroautos auf die Barrikaden.

In diesen langweiligen Wahlkampf könnte so etwas wie Schwung gebracht werden, wenn statt vollmundiger Ankündigungen einfach Folgendes verlangt würde: Sagt uns endlich einmal klipp und klar, wie die Ökobilanzen für die derzeit fahrenden Autos, für Neuwagen, für die Stromerzeugung herkömmlicher und alternativer Art und für andere ökologische Massnahmen gesamthaft aussehen.

Hoppla, wo sind denn die Grünen?

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Die Zukunft des Verbrennungsmotors entscheidet sich in China.

Dort wird wohl interessiert beobachtet, wie sich ein Einpersonenregime (offenbar verwendet man in diesem Kontext den Plural) in einer Demokratie an der Macht hält. Ein Bezug zum Verbrennungsmotor wird dort aber kaum gesehen.

"Fauler Zauber" . Der Artikel nicht minder, bringt er uns, die mobil sein wollende Gesellschaft nicht weiter. Wollen wir nicht zurueck in die Hoehlen, uns nur noch mit den Fuessen bewegen, dann werden wir auf alle Arten immer Schadstoffe produzieren, davon nicht mal ausgenommen das Fahrrad, nebst dessen Herstellung kommt noch Gummiabrieb dazu.
Soll das nun Grund genug sein, um jegliche Anstrenung der Schadstoffreduktion einustellen ? Nicht doch. Mit dem Autor bin ich aber auf einer Linie, es braucht Ehrlichkeit. Da sind alle gefordert. Produktion, Politik und Konsumenten, ohne Ruecksicht auf Kosten oder Gewinn.
Die Mobilitaetsbilanz gehoert auf den Tisch, ganz ohne Begleitung von Heilsversprechen. Nicht von einer einzigen Seite. Die Umweltbelastungsbilanz ist ungeignet fuer Profilierungssuechtige. Noetig ist Wissenschaft die glaubwuerdig erklaert was wir an Schaden anrichteten, was die Folge wenn wir so weitermachen, gibt es eine Chance mobil zu bleiben, in welchem Umfang und wie, um menschliches Leben auf dem Planeten zu erhalten. Meine These: Der Mensch, kleinster Teil der Natur, ist faehig sich auszurotten, niemals das Gesamte zu zerstoeren. Es gibt ja erstaunliche Beispiele von erfolgreichen Gegenwehr und Anpassung.

Mobil sein dem Menschen verbieten, das wird niemals gehen. Also sind neue Formen dringend notwendig, die ein Nebeneinander von Natur und Mensch moeglich machen. Das ist mit politischen Parolen niemals zu erreichen.

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