Der Bundesrat, „ein Gaunersyndikat“?

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Der Bundesrat, „ein Gaunersyndikat“?

Von Heiner Hug, 29.03.2018

Christoph Blochers letztes Aufbäumen.

An der Delegiertenversammlung der SVP in Klosters griff Christoph Blocher wieder einmal die EU an und sprach von „Gaunersyndikat“. Die EU ein Gaunersyndikat? Das ging einigen dann doch zu weit; die Reaktionen waren virulent. Doch dann stellte sich heraus: Blocher meinte mit „Gaunersyndikat“ nicht die EU, sondern den Bundesrat, das Parlament und die Bundesrichter.

Die SVP schwächelt zurzeit, verliert Wahlen und wirkt eingeschlafen. Visionen hat sie kaum mehr, sie versteift sich auf das EU-Thema. Dass sie deshalb den Ton verschärft, ist nachvollziehbar. Doch wird hier nicht der Bogen überspannt? Natürlich soll und wird in der Politik mit harten Bandagen gekämpft. Auch Polemik, Frechheiten und Übertreibungen gehören dazu. Das Bundeshaus soll weder eine Wohlfühloase noch eine Sonntagsschule sein. Natürlich kann und sollen unsere Institutionen unter die Lupe genommen und kritisiert werden.

Doch Bundesräte, Parlamentarier und Bundesrichter pauschal als Gauner zu diffamieren, ist doch ein starkes Stück. Ein solches Vokabular benutzen Trump, Marine Le Pen und Matteo Salvini. Brauchen wir solche Schmähungen auch in der Schweiz? Eine der Stärken unseres Landes ist der Respekt vor Andersdenkenden. „Wir wollen, dass die Schweiz Schweiz bleibt“, sagte Blocher in Klosters. Gerade deshalb, damit unsere schweizerische Politkultur bleibt, was sie ist, sind Beleidigungen und Ehrverletzungen à la Blocher nicht gefragt. Unsere Institutionen, zu denen übrigens viele SVPler gehören, haben doch einiges erreicht. Das Modell Schweiz ist trotz all dieser „Gauner“ ein Erfolgsmodell, um das uns das Ausland beneidet.

Blochers Auftritt in Klosters hatte etwas Tragisches an sich. Es war wie ein letztes Aufbäumen. Er wirkte wie eine entgleiste Dampflokomotive, die nun neben den Schienen steht und ab und zu noch einen Dampfstoss von sich gibt.

Es ist bewundernswert wie Ch. Blocher seit 25 Jahren immer wieder das Gleiche erzählen kann. Das Traurige ist, dass die Bundesverwaltung mit der Mehrheit im Bundesrat den noch viel längeren Atem hat, um die Schweizer Bevölkerung bezüglich EU-Unterwerfung weich zu klopfen.

Es hat Gauner und Syndikate überall. Wir wählen einige selber. Wer aus dem BR geflogen ist hat vielleicht Mühe das je zu verkraften. Wer will schon in die EU. CB. sagt selber es seien weniger als 30% der Bevölkerung. Diese wenigen mit anderer Meinung werden verteufelt und geschmäht. Das ist auch das Prinzip der Problembewirtschaftung auf Kosten von Minderheiten, Ausländern, Sozialhilfeempfängern usw. Damit macht man in jedem Land etwa 30% Wähleranteile auch ohne Leistungsausweis. Bauernschläue sagt man dem, oder.

Kraftmeiereien sind auf Parteitagen nichts Neues. Und da gilt vor allem: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen. Schaut man nun die neusten "Heldentaten" von Bundesrat und Parlament an, dann könnte man Blocher fast zustimmen. Nur gerade umgekehrt, als er es meint: Es waren "seine" rechte Mehrheit und "sein" Bundesrat Maurer, die nun schon wieder ein Steuer-Geschenkpaket geschnürt haben, das Milliardäre, Fabrikanten und Investoren wie Blocher "entlastet". Und andererseits werden den kleinen Leuten immer mehr Lasten aufgebürdet: Jetzt gerade wieder bei der Franchise 50 Franken. Da haben die "Kässeler" in den Räten ebenso schamlos, wie erfolgreich gehorsamst für ihre Geld- und Stichwortgeber agitiert. Dabei weiss inzwischen jeder, dass gerade für die "hard working people" Krankenkassen und Mieten die grössten Finanzprobleme darstellen. Aber siehe da: Auch zu Gunsten der Vermieter, die angesichts der fast Null-Zinsen jedes Jahr leistungsfrei mehr Milliarden von den Mietern abzocken, gab es noch ein paar "günstige" Parlamentsbeschlüsse. Kurzum eine Lumperei nach der anderen. Und wenn das Volk mal dagegen entscheidet, ignoriert man es einfach (siehe Unternehmenssteuer!). Das begann schon bei der Zweitwohnungsinitiative (mit Ausnahmen sabotiert) und es ging erst recht bei der Zuwanderungsinitiative weiter (nichts umgesetzt weil ein Kartell aus SP, FDP und CVP vor der Brüsseler EU auf die Knie gegangen ist!). Zudem versuchen "die in Bern oben" immer mehr am Volk vorbei zu herrschen und zu agitieren: Jetzt gerade wieder mit "unserer" Steuermilliarde für Oststaaten, (denen wir gar nichts schulden). Ein grosser Teil davon geht ohnehin nicht an die Ärmsten (Bulgarien, Albanien) sondern nach Polen – zynischerweise auch noch jenen gut laufenden Genfer Firmen hinterher, die wegen kleineren Löhnen und entsprechend grösserer Profite dorthin "ausgelagert" werden. Das Nein an der Urne wäre diesem politischen Unfug sicher – darum wird nicht abgestimmt. Wie auch über die 1,2 Bundesmilliarden für ruinöse Olympische Spiele im Wallis nicht. Und gelogen wird da auch noch: So ist die Rede von einer "Defizitgarantie" des Bundes für die geplante Grossveranstaltung. Das würde ja wohl heissen, dass mit den gesamten Einnahmen des Anlasses zuerst alles (mitsamt der Sicherheit, welche die Schweiz leistet) bezahlt wird – und wenn das IOK dann in die roten Zahlen gerät, der Bund aushülfe. Stimmt hinten und vorne nich: Die teils korrupten Olympia-Organisatoren, die steuerfrei in Lausanne hocken, sahnen so oder so vorneweg Milliarden ab. Und die Seuergelder-Milliarde, die der Bundesrat dem Volk aus den Taschen zieht und an diese teils dubiosen Laute weiterleitet, ist weg – korrekt heisst das "a fonds perdu". So geht das. Kurzum: Blocher mag übertrieben haben, und in die falsche Richtung. Aber er war so weit von der Realität leider nicht entfernt.
Niklaus Ramseyer, BERN

Einverstanden. Zum Glück ist es hier noch weniger schlimm als im Ausland. Deshalb Frauen wählen. Nur 10% der Gauner sind Frauen. Logisch!

Seit Jahren schon droht uns Christoph Blocher an, uns "zu retten"! (Sein "Auftrag"; "ich muss"). Dass seit Jahren mindestens 70 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer NICHT von Christoph Blocher gerettet werden möchten, ignoriert der Selbsternannte. Nun tritt er ab, aber nicht ohne Absingen wüster Lieder und indem er unseren demokratisch legitimierten Institutionen noch "Schlötterlige" nachruft. Schlimmer noch: er schickt seine Tochter Martullo auf die Bühne. Diese fährt mit den gleichen Drohungen weiter: "Ich muss die Schweiz retten" (selbstgegebener "Auftrag"). Meint sie denn, dass die 70 Prozent Schweizerinnen und Schweizer nun VON IHR gerettet werden möchten?

Bundesrāte, Parlamentarier und Bundesrichter als „Gaunersyndikat“ zu bezeichnen ist wohl grōsstenteils realitātsfremd bis beleidigend. Aber so ‚nett‘ sind sie nun auch wieder nicht. Die einen wollen halt, dass „die Schweiz Schweiz bleibt“, die andern wollen, dass die Schweiz EU wird. Besser, man bleibt scharfzüngig, ohne zu beleidigen. Das beherrschen die einen, die andern nicht immer.

Es böten sich noch viele Themen die sich die SVP als "Volks"-Partei annehmen und damit Punkten könnte. Aber mit derben Sprüchen wie der von Frau Gössi: "Im Ausland lebende Rentner sind AHV-Schmarotzer" lässt sich scheinbar mehr Aufmerksamkeit erhaschen - kurzzeitig und widerlich.

Diese harten, aber wohlüberlegten Worte von Herrn Blocher, werden wir in neuer Form in Zukunft verstärkt zu hören bekommen.
Was die Parteiführung sagt gilt. Wer nicht spurt wird diffamiert.
Viele werden das beklatschen: "Endlich spricht mir mal Jemand aus dem Herzen!"
Andere werden sich abwenden und denken: 'Sollen die Polteris doch unter sich bleiben'.
Hier liegt die Chance für moderatere Parteien, Wählerstimmen zu gewinnen.

Jetzt also auch er, das Alter halt... Er muss nur aufpassen, dass er nicht auch von seiner Tochter aus seiner Partei geworfen wird.

Gar nicht so abwegig ;-)

Wenn ich mir vorstelle, was für ein Geschrei losgegangen wäre, wenn beispielsweise ein Sozialdemokrat während des Kalten Krieges derart defätistisch über unsere demokratischen Institutionen hergezogen wäre? Nestbeschmutzer, Landesverräter oder "Moskau einfach" Rufe wären da wohl die freundlichsten Voten aus dem Volk, der Presse und der Politik gewesen.

Wenn jedoch der reiche Besitzer einer einstmals staatstragenden, nun aber offen rechtspopulistischen Partei faktisch das gleiche tut, um seine Gesinnungsgenossen gegen den Staat aufzuhetzen, bleibt es erstaunlich ruhig, obwohl dieser feine Herr und Jurist damit ganz klare Absichten bekundet, unser Staatswesen zu destabilisieren und seine Rede nur bezweckt, Keile zwischen uns zu treiben.

Ich finde daher die Umschreibung von Blochers unsäglichem Auftritt mit dem Wort "tragisch" eine völlige Untertreibung, denn nach meinem Dafürhalten grenzen solche Reden eher an Aufhetzung oder auch Verhetzung der Bevölkerung und seit Trump sollte es eigentlich dem letzten klar sein, dass es brandgefährlich ist, solche Aufwiegler nicht ernst zu nehmen.

Tragisch ist für mich daher eher, dass sich kein Mensch aus der Presse, der Politik und da ganz besonders aus der SVP, klar dagegen ausgesprochen hat, dass es ein Oligarch ohne jegliche politische Legitimation wagt, unsere demokratisch gewählte Regierung, das Parlament und die Gerichte, sprich die drei Säulen des Staates, als kriminelle Organisation zu verunglimpfen und sie in die Nähe von mafiösen Strukturen zu stellen. Tragisch ist auch, dass dieses nicht reagieren zeigt, wie weit wir uns inzwischen an Blochers Tabubrüche gewöhnt haben und wie lähmend sich Blochers dauernd extremer werdende Provokationen auf das politische Klima ausgewirkt haben.

Der Kommentar von Heiner Hug und von Ihnen Herr Bendicht könnte kaum treffender sein. "Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der stolzeste Schweizer im ganzen Land?"
Ja sicher nicht derjenige, der am lautesten die Hymne singt und danach über alles und jeden herzieht, der nicht seine Sicht teilt.
Denn ein Rechtsstaat kann unterschiedliche Meinungen aushalten und den Konsens finden... Soll Herr Blocher doch froh sein, dass es um die Schweiz nicht ganz so schlecht steht, sonst könnte er mit seinem Gehetze nur noch in einer Zelle um sich werfen.
Und wenn das Parlament nur noch aus Gaunern besteht, warum hat er denn seine Tochter nicht davon abgeraten?
Ach wäre CB hier konsequent geblieben, die 'unechten' Schweizer hätten ihm ausnahmsweise gedankt.

Sehr treffender Kommentar!

Schliess mich Ihnen an.

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