„Wir sind erfreut“

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„Wir sind erfreut“

Von Armin Wertz, 28.04.2018

Zweifel sind angebracht, ob die USA auf der koreanischen Halbinsel tatsächlich eine atomwaffenfreie Zone wünschen.

Kaum hatten Südkoreas Moon Jae-in und Nordkoreas Kim Jong-un einmal die Grenze, welche die Halbinsel teilt, von Nord nach Süd und einmal von Süd nach Nord überquert, da wurde in den Hauptstädten der freien Welt wieder mächtig um die Wette geheuchelt. Und natürlich mussten auch Deutschlands Regierung – der in Washington gerade vorgeführt wurde, wie unbedeutend sie und ihre Meinung sind – und die „Experten“ der deutschen Medien gleich wieder die üblichen Allgemeinplätze und Warnungen verbreiten.

Zwar wurde die Ankündigung von weiteren Treffen zwischen den beiden verfeindeten Brüdern und sogar „die Aussicht auf einen Friedensvertrag von allen Seiten begrüsst“, wie etwa die Süddeutsche Zeitung berichtete. Doch die öffentlich geäusserte Freude über einen möglichen Krisenherd weniger auf der Welt wurde getrübt von Misstrauen und Skepsis. „Süd- und Nordkorea bestätigen das gemeinsame Ziel einer atomwaffenfreien koreanischen Halbinsel durch vollständige nukleare Abrüstung“, versprachen die beiden koreanischen Staatsoberhäupter in einer gemeinsamen Erklärung.

Anerkennung als Atommacht

Doch „wirklich trauen mag man dem noch nicht“, murmelten die Auguren. Dass den Worten nun auch Taten folgen werden, bezweifelten die meisten der westlichen „Korea-Experten“. Der Weg zu dieser atomfreien Welt zwischen Gelbem und Japanischem Meer „wird allerdings nicht weiter erläutert. Weder gibt es für die Abrüstung einen Zeitplan, noch ist klar, ob Kim Jong-un (nicht) wieder das alte Ziel Nordkoreas verfolgt, einen Keil zwischen Südkorea und die USA zu treiben.“ Potzblitz, da haben wir’s wieder.

Skeptiker, und im Umgang mit Kommunisten ist Skepsis bekanntermassen immer angebracht, „vermuten, Kim werde seine Atomwaffen nie aufgeben ... Langfristig strebe er die stille Anerkennung als Atommacht an.“ So wie es auch Indien, Pakistan und Israel ohne grössere Einwände der Hüter von Atomwaffensperrverträgen getan haben. Diese drei hatten die entsprechenden Verträge nicht aufgekündigt, sondern einfach ignoriert. Kim Jong-uns Vater, Kim Jong-il, hatte sich wenigstens an diese Formalität gehalten und schon 2003 den Atomwaffensperrvertrag und auch die Bindung an das Atom-Sicherheitsabkommen mit der Internationalen Atomenergie-Organisation gekündigt.  

Modellfall Fidschi

Da Kommunisten bekanntlich immer lügen, haben die Experten allen Grund misstrauisch zu bleiben, misstrauisch gegenüber Nordkorea. Keiner dieser Experten hat bisher die Frage gestellt, ob eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel so nahe dem mächtigen Feind China überhaupt im Interesse der freien Welt liegt. Eine solche atomwaffenfreie Zone würde ja bedeuten, dass auch amerikanische U-Boote oder Zerstörer mit nuklearen Waffen oder Uran-Munition keine koreanischen Häfen mehr anlaufen dürften. Auf solche Einschränkungen aber pflegt Washington in der Regel recht grob zu reagieren, wie schon vor dreissig Jahren zu beobachten war.

Damals, nach den Wahlen vom April 1987, beschloss die neue Koalitionsregierung der Fidschi-Inseln aus der Nationalen Föderationspartei und der Arbeitspartei unter Timoci Bavrada, die 300 Inseln und 500 Eilande in das Lager der Blockfreien zu führen und zu einer nuklearfreien Zone zu machen. Fortan durften nukleargetriebene Schiffe oder mit Nuklearwaffen ausgerüstete Schiffe den Hafen von Suva nicht mehr anlaufen. Solche Friedenssehnsucht jedoch missfiel den USA gewaltig. Eine nuklearfreie Zone sei „angesichts der strategischen Bedürfnisse inakzeptabel“, hatte der US-Botschafter der Regierung in Suva klargemacht.

Washingtons Jubel

Zwei Wochen nach seinem Amtsantritt empfing Ministerpräsident Bavrada den amerikanischen UN-Botschafter Vernon Walters, dessen Auftauchen zuvor schon in mehreren Staaten bevorstehende Washingtoner Destabilisierungsbemühungen angekündigt hatte. Walters traf auch Oberstleutnant Sitiveni Rabuka, den Dritten in der Kommandostruktur der Armee. Dann trafen auch die Vertreter der National Endowment for Democracy – im aussenpolitischen System der USA zuständig für die Finanzierung freundlich gesonnener Parteien, Organisationen und Politiker im Ausland – mit ihren Spendengeldern ein sowie einige Gewerkschaftsvertreter aus den einschlägigen CIA-Organisationen wie die Amerikanische Arbeitsföderation und ein paar US-Militäreinheiten.

Zwei Wochen nach Walters Besuch putschte sich Oberst Sitiveni Rabuka an die Macht und Washington jubelte. „Wir sind irgendwie erfreut“, hiess es im Pentagon. „Erst konnten unsere Schiffe die Fidschis nicht mehr anlaufen, und nun können sie es plötzlich wieder.“ Seither regieren Militärs das Land: Ein Generalmajor ist Präsident und ein Konteradmiral Premierminister.

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Von Heiner Hug, aktualisiert - 29.10.2020

ein guter und notwendiger Artikel. Die Mainstream-Journalisten, die Kim noch vor kurzem als gefährlichen Psychopathen darstellten, haben nun (mal wieder) ein Problem. Es wird auch diesmal nach der Devise laufen: Was kümmert uns unser Geschwätz von gestern...
Und zu befürchten ist, dass es mit Nordkorea so gehen wird wie mit dem Iran: Westliche Geheimdienste werden nach ein paar Monaten “Erkenntnisse” geltend machen, denen zufolge Kim sich nicht an die Abmachungen hält und bestraft werden muss. Also wird alles nur Schall und Rauch gewesen sein, die US-Atomwaffen-industrie wird weiter rüsten können, die geostrategischen Konfliktherde werden weiter am Kochen gehalten, die Parlamente werden die Verteidigungs-Budgets durchwinken, die NATO-Generäle werden nicht fürchten müssen, überflüssig zu sein und ihren Job zu verlieren.
Und die notorischen Fenster-Redner werden weiter das westliche Abendland und seine Werte predigen: nämlich Frieden, Abrüstung und Demokratie.

Zu hoffen ist, dass Nordkorea wirklich auf Atomwaffen verzichtet, aber auch die USA müssten ihre Atomwaffen aus der Region abziehen. Auch die Schweiz könnte etwas tun für die atomare Abrüstung: «Kein Geld mehr in Konzerne investieren die Atombomben produzieren.»
Wie am 20. August 2017 in der NZZ am Sonntag zu lesen war, hatte damals „unsere“ Schweizerische Nationalbank 1,2 Milliarden Franken in US-Unternehmen angelegt die Nuklearwaffen produzieren. Laut dem «Don’t Bank on the Bomb» Report investieren weltweit seit Januar 2013 390 Banken, Versicherungsgesellschaften, Pensionskassen und Investitionsgesellschaften aus 26 Ländern in die Atomwaffenindustrie. Total soll es sich um 498 Milliarden US Dollar handeln.

Laut dem «Don’t Bank on the Bomb» Report investierten fünf Schweizer Institutionen in Firmen, die an der Produktion von nuklearen Waffen beteiligt sind: der Versicherungskonzern Chubb, Crédit Suisse, Swiss Re, die UBS und die Zürcher Kantonalbank. Auch Schweizer Pensionskassen legen ihr Geld an die Atombomben produzieren, unter anderem die Pensionskasse der SBB, wie mir diese meine Kasse bekannt gab.

Das Motto dieser Investitionsentscheide in Unternehmen, die an der Atombombenproduktion beteiligt sind, scheint zu sein: Maximaler Profit jetzt und nach uns die Sintflut. Die Atomraketen mit ihren nuklearen Sprengsätzen, die auch mit unserem Geld produziert werden, hüben wie drüben, können an Land und auf dem Meer in wenigen Minuten gestartet werden. – Hoffentlich passieren auf den Atomstützpunkten nie Fehler, in Büchel in Deutschland, in den Niederlanden, in Belgien, in Aviano und Ghedi in Italien, in Incirlik in der Türkei, in Faslane in Grossbritannien, in Frankreich, in Kaliningrad in Russland, in den USA, in Indien, Pakistan, Israel oder auf mit Nuklearraketen bestückten U-Booten und Kriegsschiffen.

Siehe auch: Finanzplatz Schweiz: Weltweit Vermögensverwalter Nummer 1, Finanziere keine Atombomben, Streubomben, Anti-Personenminen und überhaupt kein Kriegsmaterial, Von Heinrich Frei

Die USA haben ihre Atomwaffen in Südkorea schon vor vielen Jahren abgezogen. Ich glaube sogar schon in den 1990-ern. Man erwägt aber aktuell wieder welche zu stationieren (Mattis, Herbst 2017).

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