„Es ist ein idealer Ort zum Schreiben, Naturidylle, weiter Himmel, Ruhe, gute Luft, die Gedanken können schweben . . .“ Ralph Gerstenberg kommt ins Schwärmen. Die Stadt Putlitz kannte er vor ein paar Wochen nur dem Namen nach. Der 48-jährige Schriftsteller und Journalist wohnt seit Jahren mit seiner Ehefrau und ihren dreieinhalb Jahre alten Zwillingen in einem Altbau in Berlin-Pankow.
Seit dem 17. Juni und noch bis zum 28. Juli hat Ralph Gerstenberg nun Gelegenheit, völlig ungestört an einem inspirierenden Ort schriftstellerisch zu arbeiten. Er ist Gewinner des Residenzstipendiums „42 Tage Putlitz“, das in diesem Jahr zum zweiten Mal vom Verein „42er Autoren“ gestiftet wurde. Der Verein ist in der Prig-nitz schon seit dem Jahr 2005 durch die jährliche Vergabe des „Putlitzer Preises“ zur Förderung junger Autoren bekannt.
Als Gewinner des Residenzstipendiums 2013 kann Gerstenberg nun für sechs Wochen im Putlitzer Ortsteil Mansfeld eine Ferienwohnung in einem Haus von Gebhard Gans Edler zu Putlitz, Schirmherr des Putlitzer Preises, kostenlos nutzen. Ein Spesenzuschuss in Höhe von 500 Euro und ein Fahrtkostenzuschuss kommen hinzu.
Ralph Gerstenberg schrieb bereits in der Schulzeit kurze Erzählungen und Songtexte für seine eigenen Liedermacher-Auftritte. Ein Jahr nach Abschluss seines Studiums der Literatur-, Kultur- und Theaterwissenschaften in Berlin wurde 1998 sein erster Roman, der Krimi „Grimm und Lachmund“, veröffentlicht, der 2006 auch als Hörbuch erschien. Vier weitere Kriminalromane folgten bis 2009 und im Jahre 2011 gab Gerstenberg eine Anthologie mit „Rock’n Crime-Stories“ verschiedener Autoren heraus.
Schon eine ganze Weile arbeite er an seinem neuen Buchprojekt, doch so richtig Zeit zum Schreiben habe er, seit die Zwillingsschwestern da sind, in Berlin nicht mehr gehabt, berichtet Gerstenberg. Da kam ihm die Ausschreibung für das Stipendium, das er nun gewann, gerade recht. „Hier ist Zeit, die Geschichte mal am Stück weiter zu treiben“, sagt er. Seine Frau habe gemeint, jetzt auch mal sechs Wochen lang allein mit den Kindern klarzukommen.
Gerstenbergs Lieblingsarbeitsplatz ist in Mansfeld der Küchentisch. Von dort aus habe er einen tollen Blick ins Grüne, erklärt er. Um neue Gedankenkraft zu schöpfen, setzt er sich gern auf die Bank am nahen Teich – auch um mal eine Zeitschrift zu lesen. „Da singen Vögel, plätschert eine Blesshuhnfamilie, surren Insekten, steigt plötzlich ein Kranich auf – unbeschreiblich schön“, sagt er.
In dem Gesellschaftsroman, an dem Gerstenberg gerade arbeitet, geht es nicht um die Naturidylle, sondern andere Entwicklungen in Regionen, die sich abseits von Ballungsräumen befinden: Wegzug der Jüngeren, Überalterung, soziale Probleme in der schrumpfenden Stadt. Der Berliner formuliert das Thema seines Romans als Frage: „Wie kommen die Menschen zurecht in kleinen Städten, die nicht mehr durch das strukturiert werden, wofür sie angelegt wurden: die Arbeit?“ Anregungen für sein neues Werk bekam er durch Aufenthalte in der Uckermark und bei Recherchen in Wittenberge zu einem Feature für den Deutschlandfunk. Der Arbeitstitel des neuen Romans lautet „Die Stadt unter der Uhr“.
Von Ulrich Fischer
Kurzbiographie
Geboren 1964 in (Ost-)Berlin. Abitur 1985. Danach diverse Jobs: Buchhändler, Telegrammzusteller, Kleindarsteller.
Ab 1989 Arbeit als Journalist und Autor für ein kulturpolitisches Wochenblatt sowie Radiosender.
Studium der Literatur-, Kultur- und Theaterwissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin von 1991 bis 1997.
Freiberuflich tätig seit 1997 als Schriftsteller und Journalist, unter anderem für das Stadtmagazin „tip“, Deutschlandradio Kultur, Deutschlandfunk, SWR, MDR, RBB.
1998 Veröffentlichung des ersten von inzwischen fünf Kriminalromanen.
2007 Hauptpreis des RBB-Hörstückwettbewerbs »Innovationen« in der Kategorie Feature.
Weitere Infos im Internet unter www.ralphgerstenberg.de.