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Michael Drewniok
Besuch aus dem Meer, der dort viel zu lange trieb…

Buch-Rezension von Michael Drewniok Jul 2006

Bareneed ist ein Städtchen an der neuenglischen Atlantikküste, das seinen Namen – ";Blanke Not” – inzwischen zu Recht trägt. Die einst blühende Fischerei liegt am Boden, seit die schier unendlichen Kabeljauschwärme verschwunden sind. Arbeits- und Hoffnungslosigkeit machen den Bewohnern zu schaffen, Alkoholismus und häusliche Gewalt sind die Standarddelikte, wenn Polizist Brian Chase zum Einsatz ausrückt. Seit kurzem geht zusätzlich das Gespenst einer unbekannten Seuche um. Kerngesunde Männer und Frauen leiden unter Attacken mörderischen Jähzorns, stellen plötzlich das Atmen ein und sterben; eine Ursache können die Ärzte nicht finden. Erst noch unbemerkt, dann immer offener mischen sich bewaffnete Soldaten ins Stadtbild. Sie scheinen Bareneed zu bewachen und seine Bürger an einem Verlassen des Orts zu hindern.

Von allen diesen Vorfällen erfährt der Fischereiinspektor Joseph Blackwood zunächst nichts. Er hat andere Sorgen, lebt seit kurzem von seiner Frau getrennt. Mit der achtjährigen Tochter Robin will er sich in Bareneed erholen. Diese verfügt über die Gabe des Zweiten Gesichts, was sie sehr viel deutlicher als der Vater erkennen lässt, dass es umgeht in dem Hafenort. Die vor anderthalb Jahren verschollene Jessica, Tochter der Nachbarin, erscheint Robin und versucht sie in die Tiefen des Meeres zu locken, in denen sie offenbar ihr Ende gefunden hat.

Das Meer wird zur generellen Quelle des Schreckens. Die Leichen vor Jahrhunderten ertrunkener Seefahrer werden an den Strand getrieben, Albinohaie, Nixen und andere Kreaturen tauchen auf, Geister materialisieren sich in der Nacht und terrorisieren die Menschen. Eine Flucht ist unmöglich, denn das Militär hat Bareneed heimlich abgeriegelt. Jessica holt sich Robin, für Joseph brechen Stunden des Grauens an, das nun offen die Herrschaft über den Ort antritt …

Phantastisch-mysteriöse Geschichte mit handfesten Horror-Elementen

Wenn sich ein von der Kritik anerkannter Literat in den niederen Gefilde der Unterhaltung niederlässt, begibt er (oder sie) sich in die risikoreiche Position zwischen Hammer und Amboss. Während der Umgang mit Worten meist nichts zu wünschen lässt, leidet die erzählte Geschichte oft arg unter der Unkenntnis des Verfassers, der die durchaus existierenden Regeln dieser gar nicht so simplen Unterhaltung entweder nicht kennt oder ignoriert. Mit ";Die Stadt, die das Atmen vergaß"; gelingt Kenneth J. Harvey der beschriebene Spagat beinahe über die gesamte Distanz seines ziemlich voluminösen Romans. Er verknüpft schriftstellerisches Geschick mit einer Story, die den Freunden phantastischer Geschichten einerseits gefallen dürfte, während sie andererseits spannend und ohne mutwillige, als 'Kunst' gedachte stilistische Verfremdungen, sondern chronologisch und unter Einsatz vieler bewährter, einfallsreich variierter Spannungseffekte erzählt wird.

";Die Stadt…"; ist dabei trotz des ständigen Wirkens geisterhafter Elemente mehr Mystery als ";richtiger” Horror. Für das seltsame Geschehen in und um Bareneed hat der Verfasser durchaus eine 'Erklärung'. Sie ist freilich der Punkt, der das Geschehen im Finale zum Kippen bringt. Die Lösung soll hier nicht verraten werden. Soviel sei jedoch gesagt: Sie funktioniert, stellt aber nicht wirklich zufrieden – ein altes Leiden von Geschichten, die Geheimnisvolles schildern, was in der Regel so lange gut klappt, bis der Handlungsknoten geschürzt wird.

Glücklicherweise sind mehr als 450 Seiten zu lesen, bis es Ernst wird mit dem Finale. Harvey hält die Fäden bis dahin fest in der Hand. Geschickt schürt er die Spannung, die mit jedem seltsamen Ereignis zunimmt. Das Mysteriöse weiß der Autor mit eindrucksvoller Prosa zu schildern: Der Leser 'sieht', doch er muss sich tatsächlich das Geschilderte aus den beschreibenden Worten des Verfassers zusammensetzen – und diese sind immer mehrdeutig!

Wenn sich über Harveys Figurenzeichnung etwas Generelles sagen lässt, dann ist es ein Lob über die harmonische Gestaltung aller auftretenden Personen. Hier fällt niemand aus dem Rahmen, entpuppen sich brave Bürger nicht als verkappte Serienkiller mit Dachschaden oder mutieren plötzlich zu Superhelden, die den Spukbolden tüchtig auf die Mütze geben. Harvey hat ein Händchen für die Gestaltung seiner stolzen, störrischen, exzentrischen Küstenbewohner, was kaum verwundert, gehört er doch selbst von Geburt an zu ihnen. Er vermag sich in diesen Menschenschlag hineinzuversetzen und schildert ihn weder nostalgisch verklärt noch komödienstadlhaft verkaspert, sondern nüchtern und unter Berücksichtigung weniger angenehmer Seiten, wozu ein ausgeprägtes Misstrauen gegenüber 'Fremden' und – damit verhängnisvoll eng zusammenhängend -Veränderungen gehört. Weil Bareneed einen Mikrokosmos darstellt, kann das Verhängnis die Stadt in die Zange nehmen. Man redet nicht miteinander über Privates, wozu Gefühle aller Art gezählt werden, die zu zeigen als Schwäche gilt. Weil man sich nach außen isoliert, fällt es sowohl dem Grauen als auch dem Militär leicht, Bareneed zu isolieren, ohne dass der Rest der Welt davon erfährt.

Mit dem Rücken zur Wand beginnen auch Geister zu kämpfen!

Menschen in der Krise gehören zu den Favoriten der meisten Unterhaltungsschriftsteller. Leider gleiten sie in der Schilderung gern in die Untiefen des Klischees ab. Harvey beherrscht dagegen auch hier sein Handwerk. Seine Figuren leiden nicht demonstrativ. Ihre Gefühle sind nachvollziehbar und Teil der Handlung. Die Familie Blackwood wirkt lebensecht, Töchterlein Robin nervt nicht als disneyoides Retortenkind. Ihre Nachbarin Claudia, die sich nach dem Verlust ihrer Familie verhungern und verdursten lässt, wird durch das Erscheinen der Geister von Ehemann und Tochter nicht 'erlöst', sondern in ganz neue Abgründe der Furcht gestürzt: Die Toten können von den Lebenden nicht lassen und sind überaus egoistisch in ihrer Einsamkeit und sehr zielstrebig in ihrem Bestreben, diese zu sich zu holen.

Wenn jemand wenigstens annähernd begreift, was in Bareneed vor sich geht, so sind dies zwei absolut unterschiedliche Personen. Miss Eileen Laracy personifiziert das alte Bareneed, das im Einklang zwischen dem 'richtigen' Menschsein und den Urmächten der Natur existieren konnte, während der von 'draußen' stammende Lieutenant-Commander French zwar in der Lage ist, dieses Verhältnis theoretisch zu erfassen, ohne sich jedoch auf sein Wissen einzulassen. So nimmt das Verhängnis seinen Lauf, um sich letztlich als selbstregulatives Instrument einer von der Zivilisation vergewaltigten Natur zu entpuppen. (Nun gut, so viel sei verraten, doch ich bin sicher, mich erforderlich nebelhaft ausgedrückt zu haben…)

Sucht man nach einer Schublade für ";Die Stadt";…, so würde diese irgendwo zwischen Stephen King, Peter Straub und Clive Barker zu orten sein. Allerdings muss sich Harvey vor diesem Trio keineswegs verstecken. Wäre da nicht das Finale, das nun doch literarische Höhen sucht, um sich aus der Falle zu befreien, in welche die Suche nach einer 'realistischen' Auflösung – die es nicht geben kann – die Story stürzt, dürften wir Kenneth J. Harvey zu einem ebenso anspruchsvollen wie unterhaltsamen Beitrag zum phantastischen Genre beglückwünschen. So bleibt immerhin ein richtig gutes Buch abseits allzu ausgetretener Genre-Pfade.

Die Stadt, die das Atmen Vergaß

Die Stadt, die das Atmen Vergaß

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Letzte Kommentare:
08.07.2009 19:14:52
Alexi1000

Dieser Roman ist nicht leicht zu beurteilen. Durchweg gut geschrieben, eine zum Teil ins surreale abdriftende Atmosphäre, die einen beim Lesen fast wie die Mysteriöse Atemnot-Krankheit befällt. Man verliert teilweise fast die Orientierung, wie die Protagonisten, das ist genial gemacht vom Autor!
Dann kommen aber die Erwähnten Längen, aber was bei mir den meisten Punktabzug einbringt, ist die Tatsache, das sich der Autor zum Schluß wirklich etwas aus der Affäre ziehen will.
Dabei hatte er so schöne Bilder heraufbeschworen, die fast eines Lovecraft würdig sind.

Schade, da ist viel Potential verschenkt worden...

Fazit: ein netter "Grusler" (aber nicht für zwischendurch!), ich vergebe noch gerade gute 75°.

PS: Harvey behalte ich trotzdem mal im Auge, da kommt noch was!

04.01.2009 12:23:27
Bell

Vater (Joseph) und Tochter (Robin) wollen in einem Fischerdörfchen Urlaub machen, in dem ein Onkel von Joseph wohnt, ohne dass die beiden sich bisher begegnet wären. Leider (?) haben sie einen Zeitpunkt gewählt, zu dem in dem Dorf sehr merkwürdige Dinge vor sich gehen: Anwohner werden erst aggressiv und hören dann einfach auf, zu atmen, bis schließlich ein Großteil der Anwohner an Beatmungsgeräten im Krankenhaus liegt, merkwürdige Fischarten tauchen auf, schließlich werden vom angerückten Militär z.T. jahrhundertealte Leichen aus dem Wasser geborgen, die alle aussehen, als wären sie gerade eben erst gestorben, Geister tauchen auf, Seeungeheuer und Meerjungfrauen werden gesichtet...

Das klingt alles phantastisch und natürlich kann sich auch niemand diese Dinge erklären, obwohl es einige Anwohner gibt, z.B. die alte Miss Laracy, die sehr wohl eine Theorie zu den Geschehnissen haben. Sie und ein paar andere Anwesende, unter ihnen Lieutenant-Commander French, haben das zweite Gesicht und sehen Dinge, die andere nicht sehen, glauben in unterschiedlichem Maß an die Dinge, die passieren, an alte Mythen, an Geister usw.

Der Roman wechselt episodenhaft zwischen den Protagonisten hin und her, eben war man bei Joseph, den auch die "Krankheit" befällt, sodass man erlebt, was diese mit dem Geist der Personen anrichtet: seine inneren Monologe sind richtig gruselig und lassen erkennen, wie er immer wahnsinniger wird. Dann ist man bei Tommy Quilty, der, genau wie Robin, in Zeichnungen die Zukunft voraussagen kann und sich rührend um Rayna kümmert, die dem Alkohol verfallen ist.

Leider hat der Roman, der richtig gut erzählt ist, seine Schwächen: eine Zeit lang hatte ich das Gefühl, dass der Autor nur um ein, zwei Entwicklungen herumkreiste, ohne sie zum Abschluss bringen zu wollen, es wurde langatmig. Außerdem hatte ich am Schluss das Gefühl, dass der Roman nicht richtig "rund" ist. Das liegt aber wie gesagt wohl daran, dass der Autor sich eine Weile zu lange an bestimmten Dingen aufhält, so dass sich die Geschichte erst etwas zieht, um dann ziemlich rasch dem Ende entgegen zu gehen.

Da die Geschichte super erzählt ist, phantasievoll, z.T. gruselig, spannend und auch rührend ist, erhält der Roman von mir 70 Grad.

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