Wir Ullsteinssons: Book’n’Ball Cup 2016

Der echte, der wahre Fußball, so sagt man, spielt sich ganz unten ab, in den kleinen Ligen, bei den Amateuren. Dort, wo man den ins Aus gekickten Ball noch selber holen muss, wo man sich nach dem Training in Rauch- und Bierseligkeit verliert, wo noch regelmäßig ins Phrasenschwein eingezahlt wird. Genau dorthin haben wir uns begeben, während in Frankreich der ganze Firlefanz der Profis um Europas Fußball-Krone begonnen hat.

von Simon Grimm

book_n_ball_amateurfussballWie in Lille. (Foto: Jan Beznoska)

Book’n’Ball Cup, Köln Jahnwiesen, 11. Juni 2016. 14 Teams aus der Buchbranche treten gegeneinander an. 4 Gruppen, unsere Vorrunden-Gegner: Les Partisanes (Parragon), Beck to the future (C.H. Beck Verlag) und Kirschner – Fly and Win (PG Bonn-Rhein-Sieg). Gegen die ersten, den Titelverteidiger, gelingt uns im ersten Spiel sogleich ein Achtungserfolg: 2:0. Beck schenkt uns im zweiten Spiel früh zwei Tore ein, verteidigt dann clever und strukturiert: 0:2. Die letzte Begegnung gegen Kirschner wird ein großer Fight wie er zu jedem Amateur-Turnier gehört, letztendlich siegen wir leidenschaftlich mit 2:1. Gruppenzweiter, Viertelfinale.

book_n_ball_spielplanDie Ergebnisse der Vorrunde. (Foto: Simon Grimm)

Natürlich ist er unvermeidlich, der Island-Vergleich. Diese Truppe aus -sons, Halbprofis irgendwo in Skandinavien, Russland oder Hoffenheim, die den Engländern im Achtelfinale der EM eine Lehrstunde in Struktur, Taktik und Leidenschaft verpasst haben. (Das mit dem doppelten Brexit lassen wir jetzt hier mal weg.) Denn wir Ullsteinsons waren auf dem Papier dem professionell auftretenden KiWi Klüngel Alaaf Team (Mein Gott, haben die schöne Trikots!), unserem Viertelfinal-Gegner, haushoch unterlegen. Die Rheinländer hatten sich in ihrer Gruppe souverän als Erster durchgesetzt, wurden fortan als Turnierfavorit gehandelt und waren bereit uns, zur Aufwärmung gewissermaßen, auf dem Weg zum Triumph zu vernaschen. Außerdem waren wir bereits angeschlagen, einige unserer Spieler hatten sich in den ersten Spielen Blessuren zugezogen, Prellungen, Schürfwunden und, selbstverständlich, auch Wadenverhärtungen, andere konnten vor lauter Aufopferung kaum mehr laufen.

Während sich die KiWi-Jungs in der Pause munter die Bälle zuspielen, keine Spur von Erschöpfung bei denen, sitzen wir träge im Grün, essen Bratwürste, tanken Cola, manche rauchen zum Runterkommen. Doch auf eines können wir bauen: Mit Ernesto haben wir den überragenden Torwart des Turniers.

book_n_ball_schatten_muengersdorfer_2Fußball im Schatten des altehrwürdigen Müngersdorfer Stadions. (Foto: Jan Beznoska)

Anpfiff, wir bemühen uns, sogleich die defensive Grundordnung zu halten, ein italienisch anmutendes 2-3-System, das sich unter Druck schnell zu einer 5-0-Struktur verwandelt. KiWi hat es schwer durchzukommen, immer sind Füße dazwischen, natürlich dürfen auch taktische Fouls nicht fehlen. So werden die Räume für den überlegenen Gegner eng und wir können gar manchen Konter fahren.

Wir retten uns durch die 1. Halbzeit, durch die zweite schleppen wir uns, halten irgendwie die Null und tauchen selbst ein-, zweimal gefährlich vor dem gegnerischen Tor auf. Es ist wie ein Spiel der A-Jugend gegen die 3. Herrenmannschaft: der jugendlichen Dynamik und Spielstärke setzen wir Abgebrühtheit und Struktur entgegen. Oder eben wie England gegen Island.

Es kommt zur Verlängerung und da wird es rasant. Gleich zu Beginn begehen wir ein taktisches Foul zu viel (war doch gar nichts, Schiri!), Elfmeter. Aber wir haben Ernesto, den Manuel Neuer des Buchbranchen-Fußballs. Rückstand verhindert, Moral wieder obenauf. Doch der KiWi-Druck lässt nicht nach und dann packt deren Offensivkünstler, die Nummer 8, einen aus, der wartende Stürmer lässt in brasilianischer Zauberkünstler-Manier durch, unsere Abwehr reagiert verdattert, das war zu trickreich, 0 zu 1.

book_n_ball_kaderUllstein des Anstoßes-Kader 2016;  in der unteren Reihe als vierter von links: unser Held im Tor, Ernesto. (Foto: Ullstein)

Wie bitte sollen wir das drehen? Stolpernd bemühen wir unsere Offensive, oft reicht die Kraft vor dem Tor nicht mehr und die Bälle fliegen wie ein Beckham-Elfer drüber. Wir müssen handeln, neue Impulse werden vom Trainer-Kollektiv an der Seitenlinie erwartet. Ein Joker, ein Junger, ein Frischer. Und tatsächlich: Dieser wühlt sich durch, irgendwie, schwer nachvollziehbar im Nachhinein, die Slow-Motion-Kamera steht nicht parat. Doch das Runde landet im Eckigen, kurz vor Abpfiff der Verlängerung. Die Freude ist groß, allein es fehlt die Kraft für einen Schweinsteiger-Gedächtnis-Jubel-Homerun.

Elfmeterschießen. Um es vorweg zu nehmen: Bei uns trifft nur der erste Schütze. Und die Jungen Wilden von KiWi? Tja, das mit Ernesto und Neuer war Ernst gemeint: Der. Hält. Tatsächlich. Jeden. Schuss.

Es klingt abgedroschen, aber – tut mir leid – ich muss es sagen: Wir waren das Island des Book’n’Ball Cup 2016. Der Weg endete dann im Halbfinale, wieder Beck to the future, die wahren Italiener des Turniers, weil perfekt organisiert. Im Spiel um Platz 3 einigen wir uns mit dem Börsenverein (FC Vorsicht Buch) auf Elfmeterschießen ohne vorangegangenes Spiel, zu sehr stecken uns die 5 Spiele und die Verlängerung in den Knochen. Überflüssig zu erwähnen, wie diese Entscheidung, unsere Parade-Disziplin, für die man nur Nerven und einen richtig guten Torwart braucht, ausgeht.

Das sind wohl Geschichten, wie sie nur der Amateur-Fußball schreibt.

Den verdienten Sieg holten sich übrigens die famosen Rainbow Warriors a.k.a. der Suhrkamp Verlag. So ging der Pott doch noch nach Berlin.

book_n_ball_pauseRegeneration. (Foto: Jan Beznoska)

book_n_ball_pokal_koelschDas ist das Ding: Dritter Platz beim Book’n’Ball Cup 2016. (Foto: Simon Grimm)


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