Unser literarischer Herbst 2017 – zum Ersten

Alles steht in den Startlöchern für die Buchmesse in Frankfurt, zahlreiche Neuerscheinungen im Bereich deutschsprachiger und internationaler Literatur wollen entdeckt werden. Wir haben die Romane zusammengetragen, die unseren Kolleginnen der Presseabteilung besonders am Herzen liegen, um den Überblick zu erleichtern. Den Anfang unserer dreiteiligen Reihe machen Christine Heinrich, Bettina Kasten und Susann Brückner mit ihren ganz persönlichen Empfehlungen aus dem Bereich Literatur.

 

 

 

Sophie Divry: „Als der Teufel aus dem Badezimmer kam“

Der Roman von Sophie Divry handelt von einer jungen Frau aus Lyon, die arbeitslos ist, ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen kann und in prekären Verhältnis­sen lebt. ‚Hunger’, Einsamkeit und Scham kompensiert sie, nicht ganz unähnlich dem jungen Schriftsteller in Hamsuns berühmten Roman, durch eine fast wahnhafte Wahrnehmung und eine fabulierende Fantasie, die die Grenzen der Realität sprengt. Die schnelle, explodierende Sprache spielt mit Wortschöpfungen, baut Gedichte und Songtexte ein und experimentiert mit der typografischen Umsetzung von Gedanken und Ideen.

 

Christine Heinrich, Leitung Presse und Kommunikation (Literatur und allgemeines Sachbuch)

 

Mir gefällt an diesem Roman besonders, wie er mit der literarischen Vorlage von Hamsun spielt und dies auf den vollkommen anderen Kontext der Gegenwart des 21. Jahrhunderts anwendet. Ein Buch, das literarisch den Überlebenskampf der heutigen jungen Generation aufgreift, die in einer neoliberalen Wirtschaft allzu schnell unter die Räder geraten.

 

 

 

 

Oskar Roehler:Selbstverfickung“

Gregor Samsa schläft schlecht. Der Regisseur, Ende fünfzig, hat seine besten Tage hinter sich. Nun ist er ein ramponierter Typ in einer ramponierten Gesellschaft, schlägt seine Zeit in Konsumtempeln und Puffs tot und lässt sein Leben Revue passieren. Die Tatsache, dass er es als „Kulturschaffender“ vergeudet hat, trägt nicht gerade zu seiner Freude bei. Mit Hohn und Spott macht Samsa sich über seine Erinnerungen her, über seine falschen Freunde und Wegbegleiter, seine Scheinerfolge und naiven Ambitionen von einst und schreibt dabei seine eigene, sehr schwarze Kulturgeschichte.

 

Bettina Kasten, Stellv. Leitung Presse/ Leitung Veranstaltungen (Krimi, Biografie)

 

Ich habe selbst 20 Jahre in der Fernsehbranche gearbeitet und den Roman mit Vergnügen gelesen.
In atemlosen Ton beschreibt Oskar Roehler unter anderem Empfänge, Festivals und Entscheidungsprozesse, getrieben von einer irren Wut auf alles und jeden und demontiert dabei den um sich selbst kreisenden Kulturbetrieb. Scharf beobachtet, oft rücksichtslos, ungerecht, ohne Angst vor Selbstmitleid und mit bösem Humor.

 

 

Marc-Uwe Kling: „Qualityland“

Qualityland ist Marc-Uwe Klings Debütroman – ohne Känguru. Vom Autor selbst als „lustige Dystopie“ bezeichnet, geht es in diesem satirischen Gesellschaftsroman um Drohnen, die an Flugangst leiden, um Kampfroboter mit posttraumatischer Belastungsstörung und um Staubsauger mit Messie-Syndrom. Die neurotischen Maschinen sind eine logische Fortsetzung der heutigen technischen Entwicklung, die Menschen immer maschineller und Maschinen immer menschlicher werden lässt.

 

Susann Brückner (Literatur und allgemeines Sachbuch)

 

 

Es geht in Qualityland auch um die Gesellschaft in der Sinnkrise: Viele Menschen sind durch Technologie arbeitslos geworden und Algorithmen nehmen ihnen in allen Lebensbereichen sämtliche Entscheidungen ab, egal ob es um Partnerwahl, politische Teilhabe oder den Kauf von Sex-Toys geht. Aber was passiert mit der Demokratie, ja, mit der Menschheit, wenn alles so weiterläuft? Und was passiert, wenn einer nicht mehr mitmachen will?

 

 


Links und Termine

„Als der Teufel aus dem Badezimmer kam“ auf dem resonanzboden: Wie übersetzt man ein sprachliches Kunstwerk?

Veranstaltungen mit Sophie Divry

Veranstaltungen mit Oskar Roehler

Die Offizielle Seite zu Marc-Uwe Klings „Qualityland“

Marc-Uwe Kling geht im Herbst auf Lesereise

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