Unser literarischer Herbst 2018 – Teil 1

Bei uns steht wieder alles in den Startlöchern für die Frankfurter Buchmesse: Zahlreiche Neuerscheinungen der deutschsprachigen und internationalen Literatur wollen entdeckt werden. Wir haben die Romane zusammengetragen, die unsere Kolleginnen der Presseabteilung jetzt besonders empfehlen. Hier kommt Teil 1 mit Annette Hess, Wolf Wondratschek und dem Kollektiv Weiter Schreiben

 

Annette Hess: „Deutsches Haus“

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MEIKE BLATNIK 

 

Ihre Fernsehserien sind Kult – mit Weissensee und Kudamm `56 & `59 hat Annette Hess sich in die Herzen eines breiten Publikums geschrieben. Ihr Markenzeichen: Zeitgeschichte erfahrbar machen und dabei gut unterhalten. Wie gut sie das kann, zeigt Hess jetzt in ihrem ersten Roman „Deutsches Haus“. Wieder widmet sie sich einem ernsten, deutschen Thema – den Frankfurter Auschwitzprozessen, die sich ab 1963 um die Aufarbeitung der Gräueltaten der Nationalsozialisten bemühten.

 

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Im Mittelpunkt dieser Familiengeschichte steht die junge Eva, die während des Prozesses dolmetscht. Das, was sie dort zum ersten Mal hört, erschüttert sie zutiefst und stößt viele Fragen an, die die Grundfesten ihrer Familie und ihres bisherigen Lebens ins Wanken bringen. Der Roman zeigt, wie facettenreich das Thema Schuld ist. Der schlichte, schnörkellose Stil der drehbuchgeschulten Autorin besticht durch seine Erzählökonomie:  Jede Figur befindet sich an ihrem  Platz, die Geschichte ist handlungsgetrieben und szenisch geschrieben und lebt nicht zuletzt von seinem Zeitkolorit. Deutsches Haus“ von Annette Hess ist ein gelungener Debütroman am Puls der Zeit.

 

 

Wolf Wondratschek: „Selbstbild mit russischem Klavier“ 

 

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CHRISTINE HEINRICH

Selbstbild mit russischem Klavier“ von Wolf Wondratschek ist ein Roman über die Sehnsucht und Wehmut des Künstlers, eine poetische Reflexion über die Suche nach Wahrheit und Wahrhaftigkeit in der Kunst und eine kleine Philosophie des Lebens.

 

 

Selbstbild mit russischem Klavier_Wolf Wondratschek_Ullstein_resonanzboden

 

 

Dies alles erzählt in einer höchst eleganten Sprache, der es gelingt, präzise und, seinen Gegenstand, seine Themen umspielend, unbestimmt zugleich zu sein – ein Buch, das dafür da ist, langsam, genau, verweilend, genießend, nachdenkend (und, wie der Autor kürzlich sagte, gern mit Bleistift) gelesen zu werden! 

 

 

 

 

Lina Muzur, Annika Reich (Hrsg.): Das Herz verlässt keinen Ort, an dem es hängt

SUSANN BRÜCKNER_Ullstein_resonanzboden

SUSANN BRÜCKNER

 

Weitermachen, Weiterreden, Weiterschreiben. Das ist der dringliche Appell, den die Texte dieses Bandes senden. Sie bilden einen Dialog über künstlerisches Schaffen im Exil ab. Den führen Autorinnen und Autoren aus Krisengebieten mit namhaften deutschen Schriftstellerinnen und Schriftstellern — unter ihnen Nino Haratischwili, David Wagner und Saša Stanišić. In ihren Gedichten und Prosatexten geht es um Erinnerung und Vergegenwärtigung, Häuser und Wolfsherzen, Verlust und Identität, Liebe und Begehren, Kühlschränke und Küchentische, Hoffnungen und Enttäuschungen.

 

Das Herz verlässt keinen Ort, an dem es hängt_Ullstein_resonanzboden

 

Aus einer Anthologie darf man sich Lieblingstexte herauspicken. Meiner ist der Text von Samuel Mágó „die ungegossene“. Olga Grjasnowa sagt darüber: Man geht in einem Bild von Chagall spazieren. Ein bemerkenswerter, schöner Spaziergang wäre das, einer durch Gegenwart und Vergangenheit, aus dem man gleichzeitig erschöpft und erholt zurückkehrt.

 

 


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Annette Hess

Annette Hess

Annette Hess stammt aus Hannover und studierte zunächst Malerei und Innenarchitektur, später Szenisches Schreiben. Sie arbeitete als freie Journalistin, Regieassistentin sowie Drehbuchlektorin. Seit 1998 ist sie ausschließlich als Drehbuchautorin tätig. Bekannt wurde sie durch ihre Fernsehserien WeissenseeKu’damm 56 und Ku’damm 59. Annette Hess lebt in Niedersachsen und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Grimme-Preis, den Frankfurter Preis der Autoren sowie den Deutschen Fernsehpreis. Deutsches Haus ist ihr erster Roman.

Foto: © Silvia Medina

Lina Muzur

Lina Muzur

Lina Muzur wurde 1980 in Bosnien Herzegowina geboren. Die stellvertretende Verlagsleiterin von Hanser Berlin ist Teil des Redaktionskollektivs „10nach8“ bei Zeit Online, wo sie selbst Kolumnen schreibt.

Foto: © Christian Werner

Annika Reich

Annika Reich

Annika Reich wurde 1973 in München geboren, sie lebt in Berlin. Die Autorin schreibt Romane und Kinderbücher im C. Hanser Verlag und Kolumnen für „10nach8“ auf Zeit-Online.

Foto: © Jenny Endom

Wolf Wondratschek

Wolf Wondratschek

Wolf Wondratschek wuchs in Karlsruhe auf. Von 1962 bis 1967 studierte er Literaturwissenschaft, Philosophie und Soziologie an den Universitäten in Heidelberg, Göttingen und Frankfurt am Main. Von 1964 bis 1965 war er Redakteur der Literaturzeitschrift Text und Kritik. Seit 1967 lebt er als freier Schriftsteller in München. In den Jahren 1970 und 1971 lehrte er als Gastdozent an der University of Warwick; Ende der Achtzigerjahre unternahm er ausgedehnte Reisen unter anderem in die USA und nach Mexiko. Neben München ist seit Mitte der 1990er-Jahre Wien sein zweiter Wohnsitz, wo er gegenwärtig vorwiegend lebt.

Foto: © privat

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