#unteilbar: „Wir bleiben alle!“

Das letzte Gespräch in unserer Reihe, das die Aktivist*innen der #unteilbar-Bewegung vorstellt, führen wir mit der Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen. Sie hat im April ein Volksbegehren gestartet, das fordert, alle Wohnungsunternehmen in Berlin mit mehr als 3.000 Wohneinheiten zu vergesellschaften. Die Initiative verfolgt eine radikale Wende in der deutschen Wohnungspolitik. Nur gemeinsam kann man das erreichen, deshalb ist das Motto: „Wir bleiben alle!“

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Wer seid ihr und worum geht es bei euch?

Wir sind eine Initiative mit dem Namen Deutsche Wohnen & Co enteignen. Unsere Initiative verfolgt das Ziel, große und börsennotierte Wohnungsunternehmen wie Deutsche Wohnen, Vonovia, Akelius oder Ado Properties nach Artikel 15 des Grundgesetzes zu vergesellschaften. Dafür haben wir im April ein Volksbegehren gestartet. Darin fordern wir, alle Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohneinheiten in Berlin zu enteignen. Die Bestände sollen in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführt und von öffentlicher Hand verwaltet und so unter die demokratische Verwaltung der Mieter*innenschaft und Stadtgesellschaft gestellt werden. Außerdem leistet unsere Initiative gemeinsam mit dem Mieter*innenprotest Deutsche Wohnen Starthilfe für Mieter*innen, die sich gegen Mieterhöhungen oder überteuerte Modernisierungen organisieren und wehren müssen. Wir sind das Investitionsrisiko für Berlin: Nur wenn profitorientierte Wohnungsanbieter*innen in ihrem Gewinnstreben zurückgedrängt werden, kann der Mietenwahnsinn in Berlin beendet werden.

Eine breite Öffentlichkeit ist für unser Anliegen wichtig und „Wohnen“ geht alle an. Deshalb solidarisieren wir uns mit anderen Bewegungen und gehen mit ihnen gemeinsam auf die Straße, zum Beispiel zur #unteilbar-Demo am 24.8. in Dresden.

Was konnte dank eurer Arbeit angestoßen, verändert oder verbessert werden?

 Mit unserer Initiative haben wir bisher den öffentlichen Diskurs in ganz Deutschland und zum Teil sogar international beeinflussen können und deutlich gemacht, dass wir eine radikale Wende in der Wohnungspolitik brauchen. Die Forderung nach Enteignung von Wohnungsunternehmen ist öffentlich eingeschlagen und hat gezeigt, dass eine reale Veränderung nicht nur nötig, sondern möglich ist. Das spürt man daran, dass die Immobilienwirtschaft mittlerweile selbst harte Geschütze auffährt, um dem Gegenwind von unserer Seite zu begegnen. Genau das braucht es in Berlin und vielen anderen Städten, um den Ausverkauf von Metropolen zu stoppen.

Mitte Juni haben wir 77.001 Unterschriften für unser Volksbegehren an den Senat übergeben und somit die erste Hürde erfolgreich gemeistert.  Damit haben wir ein deutliches Zeichen gesetzt. Wir sind Berlin und wir wollen dafür sorgen, dass Berlin auch weiterhin bunt, laut und widerständig bleibt. Wir – egal welcher Herkunft, ob Studi oder erwerbslos, ob jung oder alt, egal welcher sexuellen Orientierung oder körperlicher Verfasstheit – haben diese Stadt zu dem gemacht, was sie ist. Wir bleiben alle!

Gemeinsam mit vielen Mieter*innen konnten wir darüber hinaus erste Erfolge  gegen große Wohnungsunternehmen wie die Deutsche Wohnen erreichen und überteuerte Modernisierungen oder Mieterhöhungen verhindern.

 Was sind nun die nächsten Schritte, die ihr unternehmt?

Nach unserer Unterschriftenabgabe im Juni befindet sich das Volksbegehren nun in der rechtlichen Prüfung des Senats. Sobald diese Prüfung abgeschlossen ist, beginnen wir mit der zweiten Phase, in der wir ca. 175.000 Unterschriften sammeln müssen. Danach können wir unseren Volksentscheid zur Abstimmung bringen und die Berliner*innen über die Enteignung großer und börsennotierter Wohnungsunternehmen entscheiden lassen.

Parallel zu unserem Volksbegehren haben wir in unterschiedlichen Siedlungen der Deutsche Wohnen gemeinsam mit den Mieter*innen neue Mieteninitiativen gegründet und leisten weiter Widerstand gegen unnötige Mieterhöhungen und Verdrängung.

 Hat sich eure Arbeit in den letzten Jahren aufgrund der politischen Situation in Deutschland und Europa verändert?

Die Situation hat sich für uns in Berlin, aber auch in vielen anderen Städten in Deutschland klar verändert. Der Mietenwahnsinn nimmt immer neue Ausmaße an und mittlerweile haben weite Teile der Bevölkerung Angst, verdrängt zu werden, bzw. sind davon bedroht, ihre Wohnung und ihren Lebensmittelpunkt zu verlieren. Auch wenn die rot-rot-grüne Koalition in Berlin viel versprochen hat, um dem Mietenwahnsinn ein Ende zu setzen, müssen wir den Druck weiterhin aufrechterhalten, um die Enteignung von profitorientierten Wohnungsunternehmen wirklich durchzusetzen.

 Was wünscht ihr euch für die Zukunft (sowohl politisch als auch in Bezug auf die eigene Arbeit)?

 Für die Zukunft wünschen wir uns, dass uns weiterhin so viele Berliner*innen unterstützen wie bisher. Wer mitmachen möchte kann zu unseren Kampagnenplena kommen und sich bei Aktionen einbringen oder in einer der zahlreichen Mieteninitiativen aktiv werden. Politisch bleiben wir zuversichtlich, dass die Berliner*innen auf unserer Seite sind und wir gemeinsam den Berliner Senat unter Druck setzen, um ein Gesetz über Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen zu erlassen. Denn die Entwicklung von Städten muss nicht zwangsläufig wie in Paris, London oder New York verlaufen. Es ist kein natürlicher Werdegang, dass aufgrund von Profitinteressen einiger weniger viele Menschen ihr Zuhause verlieren. Verdrängung und Zwangsräumungen sind kein Normalzustand, sondern Ergebnis von einer kapitalistischen Profitlogik.

Was bedeutet „unteilbar“ für euch? Was versteht ihr unter einem solidarischen Miteinander?

Unteilbar bedeutet für uns, dass wir als Berliner*innen, die diese Stadt zu dem machen, was sie ist, nämlich eine weltoffene, bunte, laute und wunderschöne Stadt, gemeinsam dafür kämpfen, dass Berlin auch weiterhin vielfältig und vor allem bezahlbar bleibt. Wir bleiben alle!

Was können wir alle tun, um uns gegenseitig zu unterstützen und Haltung zu zeigen?

 Nur gemeinsam halten wir den Mietenwahnsinn auf! Nur gemeinsam können wir zeigen, dass wir Berlin genau so mögen, wie es ist. Nicht braun, sondern bunt. Das zeigen wir jeden Tag, egal ob an der Bushaltestelle, an unserem Arbeitsplatz, in der Schule, der Uni, beim Jobcenter oder auf der Straße mit unseren Nachbar*innen. Dafür zeigen wir Haltung und werden auch gegen steigende Mieten und Verdrängung weiter gemeinsam und unteilbar dafür kämpfen.

 Wie findet man bei all den verschiedenen gesellschaftlichen Themen heutzutage für sich den richtigen Bereich, in dem man sich engagieren kann?

 Es gibt viel zu tun, um unsere Gesellschaft gegen rechts zu verteidigen. Das betrifft viele Bereiche unseres Lebens. Ob gegen steigende Mieten, gegen den Rechtsruck oder den turbokapitalistischen Wahnsinn unseres Alltags. Nur gemeinsam sind wir stark. Dabei müssen wir uns nicht für einen Bereich entscheiden, aber solidarisch miteinander umgehen und uns gegenseitig unterstützen, wo es geht. Dann werden wir erfolgreich sein – ob gegen die nächste Mieterhöhung, im Arbeitskampf oder auf der Straße gegen Rechts.

Wie kann man sich euch anschließen und selbst aktiv werden?

 Wer bei uns mitmachen will ist herzlich eingeladen zu unseren zweiwöchentlichen offenen Plena. Außerdem freuen wir uns über alle, die in der nächsten Phase Unterschriften für uns sammeln oder gerne bei der Starthilfe unterstützen möchten, wenn wir gemeinsam neue Mieteninitiativen organisieren. Sprecht mit euren Nachbar*innen oder kommt zu unseren Veranstaltungen und Aktionen. Wir freuen uns auf euch! Mehr Informationen findet ihr unter www.dwenteignen.de oder schreibt uns gerne an info@dwenteignen.de.

 Links:

https://twitter.com/dwenteignen

https://www.facebook.com/DWenteignen/

Am Samstag, den 13. Oktober 2018, sind in Berlin Hunderttausende auf die Straße gegangen. Gemeinsam haben sie ein Zeichen gesetzt: gegen Rassismus und Ausgrenzung, gegen fortschreitenden Sozialabbau und zunehmenden Rechtspopulismus. Und sie haben gezeigt, dass es in Deutschland eine breite solidarische Gemeinschaft gibt, die sich deutlich zu Wort meldet. Dafür ist es höchste Zeit. Denn für uns steht viel auf dem Spiel. Die permanenten Angriffe auf Humanität, auf Menschenrechte und Religionsfreiheit sind Angriffe auf uns alle. Die hier versammelten Reden, die auf der Auftakt- und Abschlusskundgebung der #unteilbar-Demo gehalten wurden, geben in eindringlichen Worten wieder, was sehr viele Menschen bewegt und wofür sie bereit sind zu kämpfen. Es ist der Aufstand einer solidarischen Gesellschaft. Die Veröffentlichung dieses Buches ist ein Non-profit-Projekt zugunsten von #unteilbar.

Bündnis #unteilbar

Bündnis #unteilbar

#unteilbar ist ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis, das von 450 Erstunterzeichnenden und vielen weiteren Initiativen, Organisationen, Verbänden sowie Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Einzelpersonen unterstützt wird. www.unteilbar.org

Foto: © unteilbar

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