Ungeachtet aller Appelle der Uno hat Thailand erneut ein Boot voll mit Flüchtlingen aus seinen Gewässern aufs offene Meer geschleppt. Es sei dann von malaysischen Schiffen abgefangen worden, sagte ein Sprecher der thailändischen Marine.
Laut der Nachrichtenagentur Reuters wurde das Boot bereits zum zweiten Mal von Thailand abgewiesen. Demnach versorgten die Soldaten die Flüchtlinge mit Nahrung, Wasser und Treibstoff, ehe sie das Schiff aufs Meer schleppten.
Die Flüchtlinge hätten gesagt, sie wollten nach Malaysia, zitiert Reuters einen Mann, der an Bord eines Patrouillenbootes war. "Wir haben ihren Motor repariert und ihnen gezeigt, wo Malaysia liegt."
Derzeit treiben Tausende Flüchtlinge in Booten in der Andamanensee, da kein Land bereit ist, sie aufzunehmen. Schlepper haben die Flüchtlinge hilflos auf dem Meer zurückgelassen. Die Vertriebenen, viele von ihnen Angehörige der muslimischen Minderheit Rohingya aus Burma, berichten von qualvollen Tagen auf dem Meer.
Flüchtlinge vor Koh Lipe: "Die Leute hatten tagelang nichts gegessen"
Foto: CHRISTOPHE ARCHAMBAULT/ AFPWie erschütternd die Zustände sind, hat der AFP-Fotograf Christophe Archambault festgehalten. Gemeinsam mit zwei thailändischen Journalisten fuhr er am Donnerstag mit einem Speedboot zu einem Flüchtlingsschiff, das vor der thailändischen Südküste trieb. "Wir wurden Zeugen einer Horrorsituation", schreibt Archambault. "Die Leute hatten tagelang nichts gegessen, vielleicht wochenlang. Wir hatten gehört, dass manche Urin trinken, um zu überleben. Ihre Gesichter sind völlig ausgemergelt, man kann ihre Rippen sehen und die spitzen Schulterknochen."
Zwei Welten, so Archambault, seien nur wenige Meter voneinander entfernt gewesen: Großes Elend auf der einen Seite und die Journalisten bequem in ihrem Speedboot auf der anderen. "Und das alles nur 15 Kilometer von Koh Lipe entfernt - einem Touristenparadies, das Reisende zum Tauchen besuchen."
Die Flüchtlinge bemerkten die Journalisten, riefen zu ihnen herüber, drängelten, um sie zu sehen. So schildert es Archambault. Zehn Menschen seien an Bord schon gestorben, sagten sie einem Übersetzer, den die Reporter dabeihatten.
Flüchtlinge fischen Nahrungsmittel aus dem Meer
Foto: CHRISTOPHE ARCHAMBAULT/ AFPUnd nun? "Wir hatten kein Essen, aber etwa zehn Flaschen Wasser", schreibt Archambault. Die Journalisten warfen den Flüchtlingen die Getränke zu und versprachen zu warten, bis Hilfe kommt. Fischerboote näherten sich und teilten die paar Lebensmittel, die sie an Bord hatten, mit den Flüchtlingen. Kurz vor Sonnenuntergang lieferte ein Navy-Hubschrauber Essenspakete, die er aber nicht abwerfen konnte, weil an Deck kein Platz war. Die Soldaten ließen die Rationen daher ins Wasser ab, die Flüchtlinge hechteten hinterher.
"Sie sind von Hunger getrieben", schreibt Archambault. Bis zu 20 Männer seien zeitweise im Wasser gewesen, um ein Wegtreiben der Pakete zu verhindern. Zwei Bilder, so der Fotograf, hätten sich ihm besonders eingebrannt.
Zum einen ein junger Mann, der mitten im Ozean eine Packung Instant-Nudeln aufreißt und isst. Zum anderen ein Mann, der unmittelbar am Boot Essen hinunterschlingt und den Fotografen durchdringend anblickt. "Ganz so, als wolle er sagen: 'Ich weiß, dass ich das Essen zu den anderen bringen muss, aber vorher muss ich selber essen.'"
Die Besatzung eines inzwischen zurückgekehrten Navy-Bootes und die Fischer hätten den Flüchtlingen dann zurück an Bord geholfen. Die Journalisten kehrten mit Einbruch der Dunkelheit an Land zurück. Über Nacht sei der Motor des Flüchtlingsschiffes repariert worden, schreibt Archambault, sodass die Rohingyas ihre Fahrt hätten fortsetzen können. Einer der Flüchtlinge hatte laut AFP gesagt, ihr Ziel sei Malaysia.
"Wir sind hier in der Hoffnung, dass unsere Bilder dieser Krise ein menschliches Gesicht geben", schreibt der Fotograf. "Wenn genug Leute von diesen Bildern der Verzweiflung berührt werden, wird es die Politiker vielleicht dazu bringen, zu handeln."
Aktivisten schätzen, dass derzeit bis zu 8000 Migranten in Südostasien auf dem Meer unterwegs sind. Thailand hat für den 29. Mai einen Krisengipfel angesetzt, allerdings ebenso wie Malaysia und Indonesien angekündigt, auch künftig Schiffe abzuweisen.
Während Tausende Menschen in ihren Booten auf dem Meer treiben, gelingt es anderen trotz aller Widrigkeiten, an Land zu gelangen. Die US-Regierung sprach von fast 3000 Flüchtlingen in der vergangenen Woche in Malaysia und Indonesien. Auf einer Insel der südthailändischen Provinz Phang Nga entdeckten die Behörden am Samstag 107 Gestrandete.
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Diese Aufnahme machte AFP-Fotograf Christophe Archambault am 14. Mai etwa 15 Kilometer vor der thailändischen Insel Koh Lipe. Flüchtlinge bringen ihren Leidensgenossen Wasser an Bord.
Ein Hubschrauber der Navy hatte die Nahrungsmittel geliefert, konnte sie aber auf dem überfüllten Schiff nicht absetzen, wie Archambault berichtet.
Also warfen die Soldaten die Lebensmittelpakete ins Meer - und die Flüchtlinge fischten sie heraus.
Dieses Bild hat sich dem Fotografen besonders eingebrannt: Ein Mann schlingt unmittelbar am Boot Essen hinunter und blickt den Fotografen durchdringend an. "Ganz so, als wolle er sagen: 'Ich weiß, dass ich das Essen zu den anderen bringen muss, aber vorher muss ich selber essen'", schreibt Archambault.
Die Flüchtlinge hätten tagelang nichts gegessen, vielleicht wochenlang.
Unter den Flüchtlingen sind zahlreiche Kinder. "Wir sind hier in der Hoffnung, dass unsere Bilder dieser Krise ein menschliches Gesicht geben", schreibt der Fotograf. "Wenn genug Leute von diesen Bildern der Verzweiflung berührt werden, wird es die Politiker vielleicht dazu bringen, zu handeln."
Auch Fischer und Angestellte des Nationalparks brachten Lebensmittel. An Land gebracht wurden die Flüchtlinge aber nicht.
Aktivisten schätzen, dass derzeit bis zu 8000 Migranten in Südostasien auf dem Meer unterwegs sind. Thailand hat für den 29. Mai einen Krisengipfel angesetzt, allerdings ebenso wie Malaysia und Indonesien angekündigt, auch künftig Schiffe abzuweisen.
Über Nacht sei der Motor des Schiffes repariert worden, schreibt Archambault, so dass die Flüchtlinge ihre Fahrt hätten fortsetzen können. Viele von ihnen sind Rohingya - eine muslimische Minderheit, die vor allem in Burma unterdrückt wird.
Die Uno hatte diese Woche an die betroffenen Staaten appelliert, die Grenzen und Häfen offen zu halten, um den Menschen in Not zu helfen. Bislang sei eine koordinierte Hilfsaktion aber nicht zu erkennen, sagte ein Sprecher des Flüchtlingshilfswerks UNHCR am Samstag.