Archiv des Themenkreises ›Serienjunkiez‹


Die 30 besten US-Serien 2007/08, Platz 12:
The Wire (5. Staffel, HBO)

Barcelona, 7. August 2008, 07:47 | von Paco

(Übersicht: Alle 30 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Die 5. und letzte Staffel der unübersichtlichen Baltimore-Serie verbindet wieder überbordend desillusionierend Lokalpolitik, Polizeiarbeit, Klein- und Großkriminalität zu einer gelungenen »Studie über dysfunktionale Institutionen in der Ära von George W. Bush« (Uh-Young Kim in der taz).

Außerdem bekommen wir in dieser Season Einblicke in die Arbeit der »Baltimore Sun«, die exemplarisch mit den Problemen der Branche zu kämpfen hat: mit sinkender Auflage, schwindenden Anzeigen, dem Internet als kostenlosem Zeitungsersatz. Um weiter wirtschaften zu können, werden Mitarbeiter entlassen und renommierte Auslandsbüros aufgegeben. Für die verbleibenden Redakteure heißt die unschöne Direktive: »do more with less«.

Aussagenmäßig am stärksten in den 10 neuen Folgen ist die ganze Geschichte um den Serienmörder, den es nicht gibt. McNulty erfindet diesen Popanz, der angeblich reihenweise Obdachlose killt, damit der Homicide-Abteilung endlich wieder mehr Leute zugeteilt werden und sie wieder ihrer eigentlichen Arbeit nachgehen kann: der Aufklärung von Morden, die mittlerweile nicht mehr geleistet werden kann. Denn die Agenda der Polizei wird momentan von anderen Dingen bestimmt: »Most of the guys are counter terror and political stuff.« (Folge 2)

McNulty und seinem Partner Lester gelingt es mit einigen Leichenmanipulationen und der Behauptung, dass es auch irgendwie um sexuelle Aberrationen gehe, die Obdachlosenmorde zum Medienthema hochzuhypen und dadurch Manpower zu generieren, um die nötige Arbeit zu tun: den Paten Marlo festzunehmen. Mit den neuen Polizeikräften gelingt es dann auch tatsächlich, ihn und seine Drogencrew auszuheben.

Am Ende geht es auch für den Faktenfälscher McNulty gut aus, der sich (etwas früh) in den Ruhestand verabschiedet. Für Baltimore steht es aber nicht besser als zu Beginn der Serie, eher schlechter. Auch wenn Marlo, Omar oder Burrell weg vom Fenster sind: Es wird immer einen neuen Gangsterboss geben, wie in der Gestalt des eigentlich recht gutmütigen Teenagers Michael angedeutet wird, der sich nach Marlos Wegsperrung offenbar als dessen Nachfolger ins Spiel bringen will und mit dem radikalen Töten anfängt.

Das ist die Leistung von »The Wire«: Mal nicht zu zeigen, dass nach der Absetzung eines korrupten Cops oder Politikers, nach der Festnahme eines Mörders alles auf einmal einfach so gut ist.


Die 30 besten US-Serien 2007/08, Platz 13:
30 Rock (2. Staffel, NBC)

Barcelona, 6. August 2008, 15:46 | von Paco

(Übersicht: Alle 30 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Die 2. Staffel erlebte wegen des Autorenstreiks nur 15 Folgen, hielt aber das Niveau. Die vom Serienteam produzierte Sendung »TGS with Tracy Jordan« tritt noch mehr in den Hintergrund, die ständigen Referenzen auf die Show braucht »30 Rock« auch gar nicht, sie wird dadurch weniger ›meta‹ und konzentriert sich lieber auf ihre Charaktere.

Und die sind allesamt überzeugend durchdefiniert und kriegen schöne Handlungslinien geschrieben. Alec Baldwin hat mit seinem Jack Donaghy wirklich einen vor Lebenslust strotzenden Charakter geschaffen, der auf ewig im Gedächtnis bleibt. In Folge 3 heuert Jack einen Privatdetektiv an (Steve Buscemi in einer Gastrolle) – um sich selber überwachen zu lassen. Denn nachdem General-Electric-Chef Don Geiss (Rip Torn, bekannt aus der »Larry Sanders Show«) sich zurückgezogen hat, will Jack sich um diesen Posten bewerben und sichergehen, dass gegen ihn nichts vorliegen kann (GE ist übrigens Mitbesitzer von NBC).

Folge 10 lässt sich als Anspielung auf Chaim Saban oder ähnliche Senderkäufer lesen: Jack will einen deutschen TV-Kanal kaufen, sich aber keine Zeit für dessen Inhalte nehmen. Am Ende wird NBC wegen Liz‘ schlechter Sprachkenntnisse sogar fast an die Deutschen verkauft statt umgekehrt. Folge 11 gelingt mit der Vorstellung der Trash-Serie »MILF Island« eine unfassbar grandiose Parodie auf alle Reality-Formate.

Liz Lemon ist nach wie vor ständig auf der Suche nach »Mr. Right«, und das geht leider ein bisschen zu sehr in Richtung »Sex and the City«. Dabei wird ihr viel Raum für alle möglichen Tollpatschigkeiten gegeben. So kauft sie sich ein preisreduziertes Hochzeitskleid, obwohl die Beziehung zu ihrem Boyfriend Floyd gerade geendet hat (Folge 1). In Folge 6 vermutet sie, dass ihr Nachbar Raheem ein Terrorist ist und schickt ihm die Homeland Security auf den Hals.

Tracy bekommt eine besonders schöne Szene eingebaut, die ein wenig an Sarah Connors Hymnen-Fauxpas erinnert (»Brüh‘ im Lichte dieses Glückes«). Jack jedenfalls meint zu Tracy, nachdem dieser vor einem gefüllten Stadion die Nationalhymne falsch gesungen hat: »It’s alright, you’re a star, you can do whatever we want to, that’s your job! It’s our job to make it go away.« Tracy darauf: »I love this country!« (Folge 4)

Ein gefälliger Gimmick war der Gastauftritt von Jerry Seinfeld gleich in der Eröffnungsfolge. Jack hat darin die bekloppte Idee, Jerry in alle möglichen Shows des Senders kurz reinzuschneiden (»Seinfeld Vision«). Seinfeld selber jedenfalls nutzte seinen Auftritt vor allem, um seinen neuen Film, den »Bee Movie«, zu promoten. Aber egal, die Folge ist wirklich gelungen.

»30 Rock« ist sicher kein revolutionäres Format, aber zurzeit muss man einfach dafür dankbar sein, dass es die Serie gibt. Schon eine Figur wie Jack Donaghy rechtfertigt jede einzelne Folge.


Die 30 besten US-Serien 2007/08, Platz 14:
Heroes (2. Staffel, NBC)

Barcelona, 6. August 2008, 05:44 | von Paco

(Übersicht: Alle 30 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Schon das unbefriedigende Finale der grandiosen 1. Staffel ließ vermuten, dass die 2. Staffel nicht mehr denselben Zauber verbreiten würde. Hinzu kam, dass wegen des Autorenstreiks nur 11 statt 24 Folgen produziert wurden.

Trotz allem ist »Heroes« weiterhin eine der besseren Serien, und »Volume 2« der Sage beginnt auch gleich mit einer maximalen Verblüffung, die den wohl interessantesten Erzählstrang der Staffel einleitet: Im Japan des Jahres 1671 erleben wir den zeitgereisten Hiro, der endlich seinem Idol begegnet, dem Takezo Kensei. Überraschenderweise ist der große Kensei ein Nicht-Japaner, ein Englishman, der sich zudem als Scharlatan herausstellt, nicht als Kämpfer für das Gute. Auch er ist ein Hero, durch seine Fähigkeit zur Regeneration kann er steinalt werden und treibt sich unter dem Namen Adam Monroe auch in der Gegenwart herum, wo er The Company mitgründet, die Geheimorganisation, die die »special abilities« der Heroes erforscht.

Sylar gerät zunächst etwas aus dem Fokus. Durch eine Infektion mit dem Shanti-Virus kann er seine »abilities« nicht mehr aktivieren. Er wird irgendwo in der mexikanischen Wüste von den neuen Charakteren Maya und Alejandro aufgegabelt, die ihn mit in die Staaten nehmen. Maya will dort Mohinder treffen, denn sie leidet unter ihrer »ability«: Sobald die gestresst ist, verbreitet sie eine tödliche Krankheit, die alle in ihrer näheren Umgebung sofort umbringt. Bei der Begegnung mit Mohinder schafft es Sylar, an den Impfstoff gegen das Shanti-Virus zu kommen. Er injiziert sich das Zeug, und auf einmal funktionieren seine »abilities« wieder. »I’m back«, sagt er, und das lässt auf eine schöne 3. Staffel hoffen.

Der alte und der neue Bösewicht waren das Zugpferd der Staffel, die anderen Charaktere konnten da kaum mithalten. Der vormals so herrlich geheimnisvolle Mr. Bennet wird zum Papagei, der dauernd sagt »I just want to protect my family!« Er ersteht übrigens auf wundersame Weise von den Toten auf (so wie auch der in Staffel 1 gekillte D. L.), zum zweiten Mal bereits (Folge 10). Sein herausgeschossenes Auge hat sich natürlich auch wieder regeneriert, nachdem ihm Blut seiner selbstheilenden Adoptivtochter gegeben wurde. Spätestens an dieser Stelle kann man auch als eingefleischter Fans mal gestehen: »So ein Scheiß!«

Der alte Sympathieträger der Serie, Peter Petrelli, ist ziemlich angeschlagen. Er hat das Ende der 1. Staffel, den Showdown mit Sylar am Kirby Plaza, zwar überlebt, aber irgendwie vergessen, dass er der ultimative Superheld ist. So wird er eine Weile zum Erfüllungsgehilfen von Adam.

Ins Ensemble aufgenommen wurde Kristen Bell (»Veronica Mars«), die ab Folge 5 die Elle Bishop spielt, die Tochter des »Company«-Chefs Bob, und als Agentin für die »Company« arbeitet. Sie musste als Kind ein paar Elektrizitätstests über sich ergehen lassen, die mit ihrer »ability« zu tun haben. Sie ist ein bisschen in Peter verliebt und rettet am Ende Mohinder vor Sylar. Auch der Showdown zwischen Elle und Claire ist sehenswert (Folge 9).


Die 30 besten US-Serien 2007/08, Platz 15:
The Simpsons (19. Staffel, Fox)

Barcelona, 5. August 2008, 14:43 | von Paco

(Übersicht: Alle 30 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Die Staffel nach dem »Simpsons«-Kinofilm! Im Vorspann zur ersten Folge schreibt Bart an die Tafel: »I will not wait 20 years to make another movie«. Ob das jetzt so erstrebenswert ist, ist die Frage.

Trotzdem wirken die traditionellen Intro-Gags immer noch frisch, obwohl etwa der superlange Darwin/Evolution-Gag schon aus Staffel 18 stammt und in der aktuellen Staffel einfach (teils leicht geändert) zweimal wiederholt wurde: Am Beispiel von Homer sehen wir den Werdegang der Menschheit vom Einzeller über Fisch- und Reptiliengestalt zum Affen, Homo sapiens und schließlich TV-Junkie-Familienvater, der vergisst, die von Marge georderte Milch mitzubringen (Folgen 2 und 19).

Gelungen sind auch wieder die Parodien: auf »E. T.« und »Mr. & Mrs. Smith« in Folge 5 oder auf Michel Gondrys »Eternal Sunshine of the Spotless Mind« in Folge 9. In derselben Folge werden wir auch an den »Noah takes a photo of himself every day«-Daumenkinofilm von YouTube erinnert: Nur sehen wir nun eben Homers ganzes Leben als Fotoserie (»Picture A Day For 39 Years«) an uns vorbeiziehen.

Des Weiteren wären da noch die Bonnie-&-Clyde-Parodie in Folge 12 sowie die »Departed«-Parodie in Folge 13: Ein Spitzelkind soll Barts Prank-Bande ausheben. Und in Folge 8 gibt es ein Wiedersehen mit Sideshow Bob. Bart überlebt dessen Anschläge abermals – Staffel 20 ist gesichert.


Die 30 besten US-Serien 2007/08, Platz 16:
Pushing Daisies (1. Staffel, ABC)

Barcelona, 5. August 2008, 07:00 | von Paco

(Übersicht: Alle 30 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

»Pushing Daisies« ist von Anfang an eine Augenweide: Die Serie erinnert in der optischen Aufmachung und dem märchenhaften Erzählstyle ganz stark an »Le Fabuleux Destin d’Amélie«. Hochglanzpolierte Bilder, gepaart mit einem äußerst angenehmen Off-Sprecher, präsentieren uns eine Bonbon-Welt mit tödlichen Nebeneffekten.

Der Off-Kommentator ist schon deshalb nötig, weil es einiges zu erklären gibt, zum Beispiel die gewöhnungsbedürftigen Voreinstellungen der Serie: Der »pie maker« Ned besitzt seit seiner Kindheit die Fähigkeit, tote Lebewesen durch eine Berührung wieder zum Leben zu erwecken. Wenn der, die oder das Auferstandene allerdings länger als 1 Minute lebt, stirbt irgendetwas anderes in der Umgebung.

Außerdem führt eine zweite Berührung von Wiederbelebten zu deren endgültigem Tod. In Unkenntnis dieser Regeln hat Ned in seiner Kindheit aus Versehen dafür gesorgt, dass sowohl seine (zunächst von ihm wieder zum Leben erweckte) Mutter als auch der Vater seiner Jugendliebe den Löffel für immer abgeben. Erst durch ein Experiment mit Insekten lernt der kleine Ned die Regeln seiner Fähigkeit kennen, wie wir in Folge 3 erfahren. Derlei Rückblenden in Neds Kindheit ergänzen immer wieder den psychoanalytisch ergiebigen Hintergrund der Story.

Gleich in der ersten Folge trifft Ned seine Sandkastenliebe Chuck/Charlotte wieder. Sie ist allerdings tot, Opfer eines Überfalls auf einem Kreuzfahrtschiff. Vor ihrer Beerdigung soll er sie kurz aufwecken, damit sie ihm und Emerson ihren Mörder verraten kann. Denn der mit Ned bekannte Privatdetektiv will aus Neds Fähigkeit ein Geschäft machen: Wenn man sich wie er auf Kopfgeld spezialisiert hat, ist es sehr praktisch, dass man die Ermordeten gleich selbst nach ihren Mördern fragen kann. Wobei diese Information in weniger als einer Minute durchgekommen sein muss, denn dann muss Ned die Erweckten durch eine Berührung wieder schlafen legen, damit niemand anderes dafür draufgeht.

Doch dann bringt es Ned nicht übers Herz, seine große Liebe wieder zu den Toten zu schicken und lässt sie überleben. Dafür muss dann der Bestattungsunternehmer sterben, der aber immerhin nicht ganz unschuldig Neds Opfer wird, da er sich als Bösewicht enttarnt, der die ihm anvertrauten Toten beraubt hat (Folge 3).

Damit schafft sich die Serie eine ziemlich ungewöhnliche Sehnsuchtsstory: Chuck gehört nun mit zum Team und wohnt auch bei Ned, aber trotz beider Zuneigung dürfen sie sich ja nicht berühren. Was für eine Sublimation des Themenkreises Keuschheit/Treue!

Auch wenn sie arg ausgedacht wirkt, trägt diese komische Serienidee im Großen und Ganzen. In den 9 Folgen der ersten Staffel gab es aber auch einige aufzuklärende Mordgeschichten, die langweilten oder vorhersehbar waren – glücklicherweise sind sie nicht die wichtigsten Zutaten der Serie.

Am Ende der Staffel gesteht Ned seiner Flamme Chuck, dass er der Mörder ihres Vaters ist. Diese ist natürlich verstimmt usw., aber die beiden werden sich schon wieder vertragen, wenn es in die 2. Staffel geht, die hoffentlich eine reguläre Folgenzahl abbekommt.


Die 30 besten US-Serien 2007/08, Platz 17:
Little Mosque on the Prairie (2. Staffel, CBC)

Barcelona, 4. August 2008, 15:38 | von Paco

(Übersicht: Alle 30 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Okay, diese ›US-Serie‹ kommt aus Kanada, aber egal. Nach den 8 Probierfolgen der 1. Staffel hat die nette kleine Comedy um die Hinterhaus-Moschee in der kanadischen Kleinstadt Mercy für die Folgestaffel gleich 20 Episoden spendiert bekommen.

Mit erfrischender Leichtigkeit thematisieren die Drehbücher die Verdachtsmomente gegen Muslime nach 9/11 – die sich auch auf die Erwartungshaltung der Diskriminierten selber auswirken: In Folge 7 macht eine Mitarbeiterin des kanadischen Geheimdienstes CSIS Urlaub in Mercy – die Muslime glauben nun, sie sollen ausgehorcht werden. Als die Urlauberin dies mitbekommt, will sie die Wogen glätten und versichert dem Imam Amaar, dass sie nur »richtige Moscheen« mit »charismatischen Führern« observieren. Für Amaar ist das natürlich keine Erleichterung, sondern eine Beleidigung, und dieses unterhaltsame Pingpong von Verständigungsproblemen beherrscht die Serie doch recht gut.

In Folge 15 will die Bürgermeisterin die populäre »Wheat Week« aus Kostengründen abschaffen, es aber so aussehen lassen, als ob sie es wegen des innerstädtischen Friedens tun würde: »Some Muslim guy complained«, reicht ihrer Meinung nach als Grund. Mit so lapidaren Szenen schafft es »Little Mosque« trotz seines Modethemas (vgl. »Aliens in America« u. a.) wirklich lustig zu sein.

Sehr hervorragend ausgedacht ist der putzige Fundamentalist Baber, der mit seinem pakistanischen Akzent immer und überall westliche Sabotage wittert. In seinem Wahn wird er aber äußerst liebenswürdig gezeichnet, und all seine Vermutungen lösen sich stets in Nichts auf. Was aber allerdings kein Grund für ihn darstellt, von seinem Fundamentalismus Abstand zu nehmen.

Am Ende der Staffel nimmt endlich auch die schwelende Liebesgeschichte Fahrt auf: Amaar hat zu lange gezögert, und jetzt will sich Rayyan, die sympathische Jungärztin und feministische Muslima, mit einem hereingeschneiten Muslim vermählen. Es ist nach allen Seriengesetzen ja völlig klar, dass nur Amaar und Rayyan füreinander bestimmt sind, aber mit dieser Störaktion strecken die Autoren die Einlösung dieser Verbindung natürlich wie gewöhnlich bis zum Ende der Serie, wann immer das auch sein wird.


Die 30 besten US-Serien 2007/08, Platz 18:
Everybody Hates Chris (3. Staffel, The CW)

Barcelona, 4. August 2008, 07:06 | von Paco

(Übersicht: Alle 30 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Anhand von »Everybody Hates Chris« lässt sich sehr schön ein altes Comedyseriengesetz beobachten: Am Ende jeder Folge muss alles beim Alten geblieben sein. So besteht in Folge 2 zunächst die Hoffnung, dass Chris‘ Schulfeind Nr. 1, Caruso, ein für alle Mal die Finger von seinem Lieblingsopfer lässt. Denn Caruso wird von einem Karateka-Mitschüler in die Schranken verwiesen und benimmt sich von da an zivilisiert, auch gegenüber Chris.

Super, denkt man und freut sich für Chris. Aber weit gefehlt: Durch Carusos Rückzug als Super-Bully wird das Gleichgewicht an der Schule aufgehoben: Überall tauchen nun Ersatz-Bullys auf, und Chris und Greg verhelfen daher Caruso wieder zu seiner alten Stellung, obwohl Chris dann vorhersehbar wieder dauergepiesackt wird: Alles wieder beim Alten.

Weiteres Beispiel: In Folge 9 taucht ein neuer Mitschüler namens Albert auf, ein African-American wie Chris, der nunmehr zweite an der Corleone High, und obwohl sich Chris mit ihm gutstellen will, weil sie nun mal »two of a kind« seien, wird er von Albert abgezogen und wendet sich am Ende wieder Greg zu. Und obwohl es Chris in der 3. Staffel ab und zu gelingt, ein paar Punkte bei seiner notorischen Jugendliebe Tasha zu sammeln, verringert sich der Abstand zwischen den beiden nicht wirklich.

Ein Gute-Laune-Höhepunkt der Staffel ist Folge 15, in der wir eine veritable Odyssee zum Eishockeystar Wayne Gretzky zu sehen bekommen. Den treffen Chris und sein kleiner-großer Bruder Drew zwar nicht mehr an, obwohl sie es nach ihrer Tour durch halb New York verdient gehabt hätten. Drew staubt dann trotzdem immerhin ein originales Gretzky-T-Shirt ab, glücklicherweise, denn sein eigenes, ein billiges Geschenk seines geizigen Vaters Julius, ist mit der peinlichen Falschschreibung »Gritzky« geschmückt.

Womit wir wieder bei Julius‘ Geiz wären. Er ist wirklich ein perfekter Wiedergänger von Molières Harpagon und auch in Staffel 3 ganz in seinem Element als knausriger Familienvater. In der Weihnachtsepisode (Folge 10) möchte er mit seiner Familie lieber die afrikanische Xmas-Alternative Kwanzaa feiern, nicht aus nostalgischen Gründen etwa, sondern weil das billiger ist.

Auch die Darstellung der Rochelle, der Mutter mit absoluter Befehlsgewalt über die ganze Familie, ist gleichbleibend souverän. Ein Höhepunkt erleben wir in Folge 18: Der notorisch lauten Rochelle wird qua 5-Dollar-Wette untersagt zu schreien. Sie geht zunächst darauf ein, weil sie sich unter Kontrolle zu haben meint, doch letztendlich platzt ihr natürlich der Kragen. Gut so, denn eine Folge ohne Rochelles Schimpfkanonaden wäre um einiges ärmer.

Aus den Nebenrollen sticht einmal mehr Chris‘ Lehrerin hervor, die sich immer in gewolltem Philantropismus ergeht, dabei aber ganz naiv rassistisch argumentiert. Nicht zu vergessen der nachbarschaftliche Friseur, gespielt von J. B. Smoove, den wir als den herrlichen Cousin Leon aus der 6. Staffel von »Curb Your Enthusiasm« kennen.


Die 30 besten US-Serien 2007/08, Platz 19:
The Sarah Silverman Program (2. Staffel, Comedy Central)

Barcelona, 3. August 2008, 16:42 | von Paco

(Übersicht: Alle 30 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Nach der 6-teiligen ersten folgt nun eine ebenfalls 6-teilige 2. Kurzstaffel. Das Zugpferd dieser Show sind die teeniemäßigen Grenzüberschreitungen von Sarah Silverman, die eine ewig naive Kindfrau spielt und von einigen grundlegenden Regeln der Gesellschaft noch nicht gehört zu haben scheint.

Einerseits redet sie immer von Engagement, ob in Sachen Aids oder Einwanderung oder was auch immer. Sie wiederholt dann das Blabla der Aufrechten, handelt aber ungewollt völlig gegensätzlich und zeigt Schritt für Schritt, dass ihre Zustimmung zu diesen Konzepten nicht verdecken kann, dass sie nicht mal ansatzweise daran interessiert ist, diese irgendwie umzusetzen.

In Folge 6 der aktuellen Staffel etwa feuert sie ihre mexikanische Putzfrau und zeigt sie bei den Authorities an, die sie zurück nach Mexiko schicken. Später findet Sarah heraus, dass die Reinemachefrau gar nicht ihre billige Spielzeugfigur gestohlen hat, natürlich nicht, sondern dass ihr Hund sie irgendwie gefressen hat und jetzt zusammen mit dem Poop wieder raushaut – überhaupt Poop, das ist ein immer wiederkehrendes Leitmotiv. In punkto Exkrementen ist die Show auf absoluter Augenhöhe mit Charlotte Roches »Feuchtgebieten«, hehe.

Dominiert wird die Show aber doch von Themen, die politisch als mehr oder weniger »edgy« gelten: In Folge 1 gerät Sarah in eine Gruppe christlicher Abtreibungsgegner, kriegt deren Ausrichtung erst nicht mit, nimmt sich dann aber viel Zeit, freudig ihre eigenen 3 Abtreibungen zu rekapitulieren. In Folge 3 streitet sie sich mit einem African-American darüber, was schlimmer gewesen sei: der Holocaust oder 400 Jahre Sklaverei.

So füllt Silverman die Lücke zwischen Klamauk à la »Monty Python« und Tabuthematisierer-Comedys wie »Curb Your Enthusiasm«. Sarahs unbeschwerter Naivität sieht man gern zu, und auch aufgrund der wenigen bisher produzierten Folgen ist die Serie als Lückenfüller für einen langweiligen Nachmittag zu empfehlen, mindestens.


Die 30 besten US-Serien 2007/08, Platz 20:
Chuck (1. Staffel, NBC)

Barcelona, 3. August 2008, 07:01 | von Paco

(Übersicht: Alle 30 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Chuck war mal Student in Stanford, wurde dann aber gekickt und arbeitet jetzt in einem »Buy More«-Elektronikmarkt, in der »Nerd Herd«-Abteilung, die für Reparaturen zuständig ist.

Die Serie beginnt allen Ernstes damit, dass Chuck geheime CIA-Akten in sein Gehirn herunterlädt. Von da an erleidet er dann immer einen Flash, wenn ihm irgendwelche Daten im richtigen Leben begegnen. Meist sind es Bösewichter, die er identifizieren kann. »Our most valuable secrets have been sent to an idiot«, fasst das eine Geheimdienstfrau zusammen (Folge 2).

Bei der Gangsterjagd wird Chuck von zwei Agenten unterstützt: Von Casey (NSA), der zur Tarnung ebenfalls im »Buy More« arbeitet, und von Sarah (CIA), die nebenan inkognito in einer »Wienerlicious«-Fastfoodbude schafft. Die beiden sollen auf Chuck aufpassen.

Das Ganze wird ergänzt durch einen Storyüberbau, der mit Bryce Larkin zu tun hat, Chucks Ex-Kommilitonen, der dafür verantwortlich ist, dass dieser aus Stanford entlassen wurde. Bryce hatte dafür einen Grund (der unbedarfte Chuck sollte nicht in die Fänge des Geheimdienstes geraten), doch später ist er es, der Chuck die E-Mail mit den Geheiminformationen ins Hirn schickt.

In jeder neuen Folge geht es mindestens um den Weltfrieden, insofern ist die Serie schon als Comedy angelegt. Außerdem haben die Autoren sichtlich Spaß an völlig überzogenen sexy Frauenkämpfen zwischen guter und böser Agentin.

Daneben gibt es einige romantische Elemente, zuvörderst die obligatorische Liebesstory zwischen dem ungleichen Paar Sarah/Chuck. Diese Konstellation bietet genug Barrieren, um beider endgültiges Zusammenkommen über mehrere Staffeln hinauszögern zu können.

Alles in allem ist »Chuck« schon eine der besseren Newcomer-Serien, vollständig überzeugen kann der Mischmasch aus SciFi, Comedy und Romance aber nicht.


Die 30 besten US-Serien 2007/08, Platz 21:
How I Met Your Mother (3. Staffel, CBS)

Barcelona, 2. August 2008, 15:30 | von Paco

(Übersicht: Alle 30 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Man kommt gar nicht umhin, »How I Met Your Mother« als legitimen Nachfolger von »Friends« zu schauen. Nachdem Lily und Marshall in Staffel 2 geheiratet haben, kaufen sie sich nun eine Wohnung in bester (Schief-)Lage und erinnern mit diesem Settlement doch sehr an den Chandler-und-Monica-Strang in »Friends«.

Ted Mosby (der Erzähler) und Robin, die sich in der letzten Staffel getrennt haben, versuchen beide, beziehungstechnisch wieder Fuß zu fassen, wobei ihnen aber öfters ihre nicht ganz verarbeitete Beziehung ins Gehege kommt. Einen On-Off/Ross-und-Rachel-Vergleich will ich dennoch nicht anstellen, denn dann müsste Robin ja die titelgebende »mother« sein, und das ist äußerst unwahrscheinlich.

Aus den schon von »Friends« zur Genüge bekannten Mustern sticht ganz klar Barney heraus, der als ein zynischer Widergänger Joey Tribbiani an Interessantheit um Längen schlägt.

Insgesamt geht es bei »HIMYM« vor allem um Beziehungsregeln und Dating-Geschichten. Das kann die Serie am besten. Sehr schön wird das zum Beispiel symbolisiert durch den »Bro Code«, Barneys Buch mit »a list of dos and donts for all bros«, das der Sage nach parallel zur Declaration of Independence entstanden ist.

Der »Bro Code« kommt ins Spiel, nachdem Barney mit Robin (also Teds Ex) den Paragrafen »no sex with your bro’s ex« verletzt hat (Folgen 16 und 17). Nun möchte Barney, dass Marshall eine Lücke im Bro-Gesetzestext findet, damit er ruhig schlafen kann.

»HIMYM« historisiert ja die Gegenwart, indem Ted die einzelnen Episoden im Jahr 2020 seinen Kindern erzählt. So wird weiter die Frage umkreist, wer denn nun eigentlich »your mother« ist. Mehrmals gibt es Anspielungen, Stichwort: ›gelber Regenschirm‹, unter anderem am Ende von Folge 12. Ted informiert seine beiden Kinder darüber, dass auch deren Mutter auf dieser 2008er St.-Patrick’s-Day-Party war: »I just didn’t meet her.« Am Ende wird es aber natürlich nicht wirklich um die Enttarnung der Mutter gehen, wenn im September die 4. Staffel beginnt.

Erwähnt sei auch noch der Gastauftritt von Britney Spears, der etwas zusätzliche Aufmerksamkeit auf die Serie gelenkt hat. Auch Heidi Klum stattete der Show einen Kurzbesuch ab (Folge 10) und sprach sogar ein bisschen Deutsch dabei: »Ach du meine Güte …«