Archiv des Themenkreises ›Serienjunkiez‹


Die 10 besten US-Serien 2008/09, Platz 1:
Dexter (3. Staffel, Showtime)

Paris, 18. September 2009, 12:23 | von Paco

(Übersicht: Alle 10 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

»Life is good«, sagt Dexter am Anfang der Staffel. Doch dann verstößt der selbsternannte Serienkiller im Geiste Robin Hoods gegen seine Regel, nur unverbesserliche Mörder aus dem Weg zu räumen. In Notwehr tötet er statt seines eigentlichen Ziels jemand anderen und versucht das hilflos vor sich selbst zu rechtfertigen: »He’s gotta be guilty of something. Aren’t we all?«

Sein versehentliches Opfer war Oscar Prado, der jüngere Bruder des prominenten Bezirksstaatsanwalts Miguel Prado, in dem Dexter delikaterweise einen Gleichgesinnten findet. Zum Glück für Dexter hält Miguel einen anderen für den Mörder seines Bruders, und dass Dexter diesen Anderen auch gleich killt, zieht Miguel auf seine Seite, der augenscheinlich Geschmack an gerechten Morden findet. Er darf sogar bei einer der nächsten Tötungszeremonien dabei sein, und als der von ihnen gerichtete Missetäter fragt: »Who are you?«, antwortet er theatralisch: »We’re justice.«

Bald aber geht der neue Abmurkspartner zu weit. Er will eine Anwältin töten, die sich auch für Schuldige einsetzt und sie erfolgreich verteidigt und daher Miguels klinischem Gerechtigkeitssinn ein Dorn im Auge ist. Er schreitet dann auch wirklich zur Tat, verstößt also gegen Dexters Restmoralkodex und bringt ihn dadurch gegen sich auf.

Als Racheengel ist Dexter endlich wieder in seinem Element: »Today I feel something real.« Ab Folge 9 ist dann auch klar, dass Dexters neuer Busenfreund Miguel selbst dran glauben wird. Das Finale, das Taktieren beider Kontrahenten, ist dann das spannendste der gesamten Seriensaison.

Ansonsten wurde wieder diese verlockend morbide Florida-Farbigkeit in Szene gesetzt, die wie eh und je bereits mit diesem Hochglanz-Intro beginnt, in dem wir Dexter so überästhetisiert Fleisch braten sehen, und das wirkt immer noch so schauerlich wie in der ersten Staffel. Zu den Makabritäten der 3. Staffel gehören die erwachenden Vater- und Familiengefühle unseres Lieblings-Serienmörders. Rita ist schwanger, und in dieser Situation schafft es das kalte Stück Fleisch namens Dexter sogar, ihr einen Antrag zu machen, bei dem er alle proposing-Klischees amerikanischer Schnulzenfilme abruft, was am Ende her­vorragend komisch ist (»My life has always felt like an unanswered question …«, Folge 4).

Um zum Schluss noch einen Kommentator vom letzten Jahr zu zitieren, denn Recht hat er: »Kaum eine Serie (ever!) hat so viel Atmosphäre, ein so heikles Thema und schafft es absolut nichts falsch zu machen.«


Die 10 besten US-Serien 2008/09, Platz 2:
Lost (5. Staffel, ABC)

Paris, 17. September 2009, 14:15 | von Paco

(Übersicht: Alle 10 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Die 17 Folgen der insgesamt vorletzten Staffel von »Lost« haben wir hier schon umständlich und langatmig auseinandergelegt (1+2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16+17). Noch mal in Kurzform:

Das Unvermeidliche ist geschehen: Es wird ein bisschen viel Hardcore-SciFi-Zeitreise-Erklärungskram nachgeschoben, um die Insel-Ereignisse zu plausibilisieren. Das ändert die Serie doch sehr, und in späteren Jahren wird man die 6 Lost-Staffeln sicher als Diptychon ansehen: die ersten 3 Staffeln als TV-Erzähl-Revolution mit den legendären Flash­backs, die letzten 3 Staffeln als zusammengestückeltes SciFi-Brimborium.

Die 5. Staffel leistet sich zwei hauptsächliche Erzählstränge, von denen einer in der Gegenwart, der andere in den Siebzigerjahren spielt. Die Oceanic Six gelangen auf die Insel zurück, werden aber durch grelle Flashs eine Weile durch die Zeit gebeamt, bis einige von ihnen in den 70ern festhängen und ein Teil der OthersDharma Initiative werden.

Insgesamt greift das Drehbuch oft auf bewährte Muster zurück, die wichtigsten »Lost«-Themen werden wieder glänzend inszeniert, zum Beispiel die stetigen Umbildungen der einzelnen Gruppen, bei denen die Freund/Feind-Entscheidungen immer wieder neu getroffen werden. Ein weiteres klassisches Thema, der plötzliche Machtverlust einzelner Figuren, wird am Beispiel Ben so stark ausexerziert, dass der ehema­lige Kopf der Others fast unkenntlich wird und stark an Interessantheit einbüßt. Sein Tiefpunkt ist sicher die Szene in Folge 12, in der er dem Black Smoke Monster gegenübertritt. Er verliert dabei all seine allego­rischen Qualitäten, er steht da wie ein kleiner Versageridiot, der Abbitte bei einem Bündel Rauch leistet.

Bens Macht und seine Stellung als Others-Boss gehen über an einen wiederauferstandenen Locke, der aber andererseits gleichzeitig auch noch tot im Sarg liegt. Vieles ist noch unerklärt, aber wenigstens ha­ben wir jetzt mal die vierzehige Riesenstatue im unzerstörten Zustand gesehen. In der finalen Doppelfolge taucht zudem endlich der leib­haftige Jacob (sprich: Dschejkäpp) auf, wird aber sofort Opfer eines offenbar jahrtausendealten Machtkampfs. Damit stößt das Drehbuch in ganz neue Dimensionen vor, die einen mystischen Overhead produ­zieren, der eine hanebüchene Schlussstaffel ankündigen könnte. Könnte!


Die 10 besten US-Serien 2008/09, Platz 3:
Breaking Bad (2. Staffel, amc)

Paris, 16. September 2009, 12:09 | von Paco

(Übersicht: Alle 10 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Die ausgedehnten Aufnahmen des provinziellen New Mexico sind das Gegenprogramm zu den Hochglanzactionserien, die an East oder West Coast spielen. Schon die Eröffnungssequenz jeder Folge strahlt eine beispiellose erzählerische Gelassenheit aus. Meist ruht die Kamera auf einem menschenleeren Setting, wir sehen die schimmernde Wüsten­sonne im Outback um Albuquerque oder einen Swimmingpool, mit irgendeinem irritierenden Detail, ein paar Patronenhülsen, einem auf der Stelle hüpfenden Lowrider oder einem auf der Wasseroberfläche schwimmenden Plüschteddy. Und dann wird eine Folge lang ganz ruhig erzählt, wie es dazu kam.

Bisher war es immer recht entzückend, einem Chemielehrer dabei zuzusehen, wie er versucht kriminell zu werden. Die Parteinahme für einen lungenkrebskranken Vater, der Vorsorge für seine Familie treffen will, fiel in der 1. Staffel nicht schwer. Doch in der Folgestaffel lädt sich Walt nun eine geballte Ladung echte Schuld auf.

Zunächst wird ihm und seinem Ex-Schüler und Komplizen Jesse noch die Aufgabe abgenommen, ihren Gegenspieler Tuco aus dem Weg zu räumen. Das übernimmt Walts Schwager Hank, der unangenehm prollige Drogenpolizist, der immerhin durch Panikattacken von seinem allzu gefeierten Abschuss des Großdealers eingeholt wird.

Tuco war Walts und Jesses Absatzgarantie, und da er nicht mehr da ist, müssen sie nun selbst Tuco sein. Jessie spannt seine Slacker-Freunde ein und muss so den Tod von einem von ihnen verantworten (Folge 11 – der Mörder: ein zu Dealer-Konkurrenten gehörendes Kind auf einem BMX-Rad, »The Wire« lässt grüßen).

Eine herausragende Einzelszene gab es am Anfang von Folge 8, eine fünf Minuten lang herausgezögerte Festnahme, bei der ein Undercover-Polizist einen Freund Jesses schließlich dazu überredet, ihm Crystal Meth zu verkaufen. In derselben Folge kommt auch Saul hinzu, ein Hallodri-Anwalt, der den Festgenommenen wieder herausboxt, dafür aber sein Stück vom Drugbiz-Kuchen haben will.

Wenigstens scheint sich das hohe Risiko diesmal auch bezahlt zu machen: Walt kann für über $1.2 Mio. Crystal verkaufen. Als ihn Jesses neue Freundin jedoch erpressen will, weiß er auf die Schnelle nicht, was er machen soll. Als Cliffhanger von Folge 12 sieht er, wie die Kleine nach einem Drogenrausch an ihrer eigenen Kotze erstickt. Wird er ihr helfen? In der Finalfolge erfahren wir, dass er das nicht getan hat. Ein erzählerischer Stoß vor den Kopf, denn aus dem niedlichen Chemielehrer ist der Mörder an einem Teenager geworden.

Gleichzeitig setzt Walt damit einen gekonnt spartanisch auserzählten Schmetterlingseffekt in Gang, denn der Vater der Toten, ein Fluglotse, begeht in seiner Trauer einen Fehler, der zum Zusammenstoß zweier Flugzeuge führt.


Die 10 besten US-Serien 2008/09, Platz 4:
Desperate Housewives (5. Staffel, ABC)

Paris, 15. September 2009, 12:03 | von Paco

(Übersicht: Alle 10 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Der Sprung in eine fünf Jahre spätere Zukunft war der Clou des Finales von Staffel 4. Durch den umfassenden Relaunch wird nun vor allem das Happy End der Susan-&-Mike-Geschichte wieder aufgehoben, um erzählerischem Stillstand vorzubeugen. Ansonsten haben Gaby & Carlos jetzt auf einmal zwei dicke kleine Problemtöchterchen, und Edie kommt mit einem neuen Ehemann hereingeschneit, dem wutkranken und rachsüchtigen Dave, der diesmal die Rolle des bösen Eindringlings in die Wisteria Lane übernimmt.

Und Dave (Neal McDonough) macht das sehr gut. Er intrigiert in aller Ruhe gegen Mike, den er für den Unfalltod seiner Frau und Tochter verantwortlich macht, der letztlich auch Mike und Susan auseinander­getrieben hat. So verursacht Dave u. a. das große Feuer in Folge 8, einen Handlungsknall, der an den Amoklauf im Einkaufszentrum in Folge 3.07 erinnert.

In Folge 20 kommt es zu einem Twist, der sich schon lange vorher angekündigt hat: Susan gesteht Dave, dass sie damals gefahren ist, dass also sie es war, die den tödlichen Unfall verursacht hat. Das etwas gekünstelt dramatische Finale mit Dave geht natürlich gut aus für das Stammensemble. An einer anderen Stelle wird mit Edie freilich eine der Housewives aus der Serie geschrieben, indem sie durch Orsons Schuld von einem Stromkabel getroffen wird (Folge 18).

Auch wenn sich die Dave-Story etwas langatmig über die 24 Folgen zieht, die 5. Staffel ist wieder voll mit exzellenten Miniaturen. Schön zum Beispiel, wie Mrs. McCluskey eine kleine Mrs.-Marple-Geschichte spendiert kriegt: Misstrauisch beobachtet sie Dave und spioniert ein wenig (und treibt mit dem Anruf bei seinem alten Arzt auch die Handlung voran).

Ein weiterer wunderbarer Erzählreigen eröffnet sich in Folge 13. Als der nachbarschaftliche Hausmeister Eli plötzlich stirbt, erinnern sich die Housewives in judith-hermann-haften Kleinsterzählungen an ihre Bekanntschaft mit ihm.

In der Doppelfolge des Staffelfinales werden dann schnell noch ein paar neue erzählerische Gleise verlegt: Tom will weiter seine Midlife-Crisis kompensieren und diesmal zurück aufs College, um Chinesisch zu studieren, Lynette ist schwanger (Zwillinge, again), Gaby & Carlos kriegen eine neue Mitbewohnerin, Bree und Susans Ex-Mann Carl make out, und am Ende heiratet Mike, wenn auch noch nicht klar ist, wen. Ein bisschen hat man das Gefühl, es könnte ewig so weitergehen.


Die 10 besten US-Serien 2008/09, Platz 5:
The Office (5. Staffel, NBC)

Paris, 14. September 2009, 12:01 | von Paco

(Übersicht: Alle 10 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Die Suche nach Twists für eine Büroserie ist sicher nicht leicht. Es muss ja per se eigentlich immer wieder dasselbe passieren. Nachdem Michael Scott in Folge 18 seinen Job quittiert hat wie einst George Costanza in der berüchtigten Seinfeld-Folge »The Revenge«, wird es ernst für ihn: Er muss Dunder Mifflin verlassen, was ja normalerweise auch das Ende der Serie bedeuten würde.

Zusammen mit Pam und Ryan (B. J. Novak, zuletzt ganz unerwartet gesehen in »Inglourious Basterds«) gründet er aber gleich nebenan die Michael Scott Paper Company, und in Folge 21 gibt es sogar eine dahingehend geänderte Introsequenz, die auf die neue Firma zugeschnitten ist. Michael und die anderen werden letztlich wieder in die alte Firma zurückkehren, aber wie hier für einige Folgen das Sitcom-Prinzip der ewigen Wiederkehr der immer gleichen Story durchbrochen wurde, ist einmalig und war ein Höhepunkt des Serienjahres.

Steve Carell spielt seinen Michael Scott immer noch mit einer Frische, dass man sich nicht satt sehen kann an dieser Figur, auch wenn sich die Themen wiederholen. Es ist immer wieder neu komisch, wenn Michael jemanden für eine missglückte Aktion zum Sündenbock macht, sobald die Firmenleitung die Aktion aber lobt, den ganzen Credit wieder für sich haben will, so wie in Folge 17, als er Dwight für eine »Golden Ticket«-Kampagne verantwortlich macht, die erst ein Desaster, dann aber ein Erfolg für Dunder Mifflin wird.


Die 10 besten US-Serien 2008/09, Platz 6:
Big Love (3. Staffel, HBO)

Paris, 13. September 2009, 12:56 | von Paco

(Übersicht: Alle 10 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Die Polygamisten-Saga »Big Love« ist auch in der dritten Staffel noch nicht langweilig geworden. Die Serie erzählt sich immer noch grandios vorbei an den 08/15-Plots traditioneller Familienserien.

Zum Beispiel wird die Geschichte um die mögliche Viertfrau Ana aus der Vorgängerstaffel wieder aufgegriffen und eine Stufe weitergeführt. Und es ist serien- und filmgeschichtlich sicher innovativ, einmal einen Polygamisten und seinen drei Frauen dabei zuzusehen, wie sie gemein­sam eine weitere mögliche Ehefrau daten (Folge 2). Lustig wird es dann, wenn Ana Bill fragt, warum sie als Frau nicht auch polygamistisch leben könne, wenn er es doch auch tue. Aber sexuelle Emanzipation ist im »principle« natürlich nicht vorgesehen. Dennoch entschließt sich Ana zur Heirat, das Ganze scheitert aber schon nach kurzer Zeit, und am Ende von Folge 5 knallt sie ihren Ehering auf den Tisch.

Statt nach Zuwachs sieht es dann sogar nach Familiendezimierung aus, denn Bill erwägt, sich von Nicki zu trennen. Nicht nur hat sie für den Patriarchen Roman spioniert, der ihr Vater und Bills Erzfeind ist. Sie hat auch die Zuneigung ihres Vorgesetzten in Ansätzen erwidert. Es stellt sich dann noch heraus, dass sie seit 4 Jahren die Pille nimmt, obwohl sie an der Reihe mit dem Kinderkriegen ist, und sich damit am »principle« und am »purpose« der Vielehe schlimm versündigt hat. Am Ende präsentiert sie auch noch eine verheimlichte, inzwischen 14-jährige Tochter, aber das kann dann schon nicht mehr zusätzlich ins Gewicht fallen.

Durch ihre Spionage hat Nicki ihrem Vater geholfen, die Anklage wegen Zwangsverheiratung Minderjähriger abzuwehren. Zum Verhängnis wird ihm allerdings, dass er dafür auch die aussagewillige Kathy in den Unfalltod getrieben hat. Sie war als zweite Frau für Bills Bruder Joey vorgesehen, der sich am Ende an Roman rächen wird. Der Patriarch stirbt im gestreiften Pyjama.

Durch Romans Abwesenheit ist auch die Machtfrage innerhalb der Gemeinde wieder aktuell. Sein immer noch schön schmieriger Sohn Alby will sie zu seinen Gunsten entscheiden, indem er ein angebliches Dokument ins Spiel bringt, das beweisen soll, dass die Mormonenkirche die Polygamie nur zum Schein abgeschafft hat. Der Wisch stellt sich letztlich als Fake heraus, mit dem Alby Geld von der Kirche erpressen wollte.

Am Ende landet noch Bills Erstfrau Barb vor dem Kirchengericht, zeigt aber keine Reue wegen ihrer Polygamie und wird exkommuniziert. Und wenn nicht mal die eigene Kirche den polygamen Lifestyle protegiert, was bleibt da übrig: Am heimischen Swimmingpool gründet der Baumarktbesitzer Bill eine neue Kirche. Way to go!


Die 10 besten US-Serien 2008/09, Platz 7:
Mad Men (2. Staffel, amc)

Paris, 12. September 2009, 17:52 | von Paco

(Übersicht: Alle 10 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Nach dem Finale der 1. Staffel setzt die Handlung erst zwei Jahre später wieder ein, 1962. Gleich am Anfang wird etwas holzhammer­artig die Skrupellosigkeit des PR- und Werbe-Business thematisiert: Bei Sterling Cooper befürworten nämlich alle außer Don, dass American Airlines als Kunde akzeptiert werde, obwohl deren Flight 1 gerade abgestürzt und die historische Flugzeugkatastrophe vom 1. März 1962 verursacht hat. Pete, der bei dem Absturz auch noch seinen Vater verloren hat, will und soll den Account übernehmen.

Dem Zynismus wird also wieder breit Raum gemacht, wohlfeile Sprüche wie der folgende sind keine Seltenheit: »Every scientist, engineer, and general, is trying to figure out a way to bring a man on the moon, or blow up Moscow, whichever one costs more. We have to explain to them how we can help them spend that money.«

Im erzählerischen Mittelpunkt steht immer noch Don Draper, der sich diesmal durch die Affäre mit der Frau des bösartigen Comedians Jimmy Barrett (Patrick Fischler, der in »Lost« einen der 70er-Jahre-Others spielt) in die Bredouille bringt. Der (historisch verbürgte) Komiker bekommt den Fling mit und weiht Dons Frau Betty ein, die vom Affärenausmaß ihres Mannes bisher keine Ahnung hatte. Sie setzt ihn vor die Tür, rächt sich ein bisschen und lässt ihn dann lustlos zurückkommen, gekoppelt an die für sie fundamentale Erkenntnis: »I don’t know. Honestly, things haven’t been that different without you.«

Ansonsten wird Don auch wieder ein wenig von seiner älteren Vergangenheit eingeholt, seinem Identitätsdiebstahl (eigentlich heißt er Dick Whitman, der echte Don Draper war in Korea gefallen), aber ansonsten wirkt dieser Subplot diesmal arg in die Länge gezogen. Wie gut, dass es mit Peggy (Elisabeth Moss) eine viel interessantere Figur gibt. Sie war zu Beginn von Staffel 1 als kleine Sekretärin ins Büro gekommen, hatte sich von Pete schwängern lassen, das Kind aber heimlich geboren und inzwischen bei ihrer Familie untergebracht. Und nun ist sie zurück und steigt weiter auf in der Hierarchie der 60er-Jahre-Männer. In einem Flashback sehen wir, wie Don sie in der Geburtsklinik besucht und sie anspornt, zurückzukommen und weiterzumachen: »It will shock you how much it never happened!«

Neben ihrer Arbeit bei Sterling Cooper wird Peggy unter anderem von einem katholischen Priester gefragt, ob sie ihm aufgrund ihrer PR-Erfahrung nicht thematisch bei seiner Rede für den Palmsonntag behilflich sein könne, eine super Szene mit einer schönen rhetorischen Frage ihrerseits: »Don’t they (d. h. die katholische Kirche) have stuff that you’re supposed to talk about?«

Ansonsten wurde Sterling Cooper an eine britische Company verkauft und agiert nun als deren US-Abteilung. Diese Übernahme wird in der 3. Staffel, die seit Mitte August läuft, zu ein paar Umgruppierungen in der Figurenkonstellation führen, im Großen und Ganzen aber kaum eine Rolle spielen.


Die 10 besten US-Serien 2008/09, Platz 8:
The Tudors (3. Staffel, Showtime)

Paris, 11. September 2009, 11:43 | von Paco

(Übersicht: Alle 10 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Neue Staffel, neue Ehefrau. Allerdings beschleunigt sich nun das Schicksal Henrys VIII., denn in Staffel 3 bleibt es nicht bei dieser einen Gattin, obwohl mit Jane Seymour für einmal so etwas wie familiäre Eintracht aufscheint, denn sie hat es geschafft, Mary und Elizabeth an den Hof zurückzuholen. Am Ende von Folge 4 gebiert Jane sogar den lang gewünschten Thronfolger, stirbt aber bei dessen Geburt.

Als Ersatzfrau wird Henry die deutsche Herzogstochter Anna von Kleve zugeschoben. Von Holbein fordert der strategische Kuppler Cromwell, dass er bei ihrem Porträt ein bisschen trickse, damit Henry sie für schön genug hält und durch die Heirat die protestantische Liga mit ins Boot geholt wird, um bei der Auseinandersetzung mit dem Papst besser gerüstet zu sein. Übrigens ist Peter O’Toole als Papst Paul III. nicht mehr mit dabei. Die Kräfte gegen Henrys Abspaltung von Rom versucht in dieser Staffel Kardinal von Waldburg (Max von Sydow!) zu bündeln.

Auch sonst ist die Besetzung wieder überraschend, die Anna wird etwa gespielt von Joss Stone, die ein bisschen wie eine Vogelscheuche aussehen und mit deutschem Akzent sprechen muss. Als Henry ihr endlich in natura begegnet, ist er außer sich: »She looks like a horse! A Flanders mare!« Der Ehevollzug misslingt dann kräftig, ein Kind will Anna irgendwie sowieso nicht, und in Folge 8 ist mal wieder eine Ehe »null and void«. Anna wird weggeschickt, darf sich aber »sister« Henrys nennen und unter der Zusage monatlicher Zuschüsse in England bleiben. Henrys Libido kehrt erst mit der Teenagerin Catherine Howard zurück, die dann auch Ehefrau Nummer 5 wird.

Innenpolitisch setzt im Oktober 1536 die Pilgrimage of Grace ein, der Aufstand der Katholiken im Land. Die Rädelsführer werden getäuscht, zu versprochenen Verhandlungen kommt es nicht, und dann wird fleißig gehenkt. So richtig voran geht es mit der Anglikanischen Kirche aber auch nicht, und da muss auch wieder ein Schuldiger her. Nach Kardinal Wolsey und Thomas More muss mit dem Lordsiegelbewahrer Cromwell wieder ein enger Verbündeter das Hin und Her des Königs am Schafott ausbaden. Er wird als Verräter eingebuchtet, bloßgestellt und von einem unfähigen Henker, der nicht richtig trifft und das Beil mehrfach neu ansetzen muss, grausam etappenweise enthauptet.

Ansonsten wird wieder viel diplomatisiert in der aktuellen Staffel, und deswegen schreit dauernd jemand den Titel irgendeines Ankömmlings durch die Gegend: »The Lord Chancelor! … The Duke of Suffolk, my Lord! … The English envoys! … The Imperial ambassador, your majesty!«

Historisch war das Material der ersten beiden Staffeln sicher etwas dankbarer, und mit Staffel 4 wird die Serie demnächst geschichts­bedingt enden. Das ist auch gut so, denn sie ist ein wenig langweilig geworden, sicher auch für Jonathan Rhys Meyers, denn Henrys Charakter bekommt einfach keine neuen Facetten.


Die 10 besten US-Serien 2008/09, Platz 9:
The Big Bang Theory (2. Staffel, CBS)

Paris, 10. September 2009, 15:37 | von Paco

(Übersicht: Alle 10 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Das Schöne an »The Big Bang Theory«: Es ist eine Sitcom, will nicht mehr sein als genau das, und das macht sie sehr gut, obwohl das eingespielte Gelächter mehr als outdated ist.

Die zweite Staffel hat endlich auch die Erkenntnis gebracht, dass nicht etwa der halbwegs nach Normalität strebende Leonard die Hauptfigur ist, sondern der gegen Normalität allergische Sheldon. Er muss einerseits den von wissenschaftlicher Korrektheit beseelten Nerd spielen, schafft es aber inmitten der anderen Klamaukfiguren (Wolowitz und Raj), eine ganz eigene Würde auszustrahlen.

Zu den Gimmicks der 2. Staffel zählte der Auftritt des astrophysikali­schen Nobelpreisträgers George Smoot, der in Folge 17 einen kurzen Cameo-Auftritt absolviert. Er hatte sich als Fan an die Show gewandt und durfte daraufhin bei einer fiktiven Konferenz auf seinen Fan Sheldon treffen, der ihm vorschlägt, demnächst als Team zu forschen (natürlich in alphabetischer Reihenfolge, »Cooper – Smoot«). Und Smoot antwortet: »With all due respect, Dr Cooper, are you on crack?«

Die Leonard-Penny-Frage steht immer noch wie ein Elefant im Raum, sozusagen, und deren Ungeklärtheit führt am Ende sogar dazu, dass Leonard und die anderen Sheldon auf eine Nordpolarexpedition begleiten, bei der er – was sonst? – die Stringtheorie endlich mal beweisen will.


Die 10 besten US-Serien 2008/09, Platz 10:
How I Met Your Mother (4. Staffel, CBS)

Paris, 9. September 2009, 16:31 | von Paco

(Übersicht: Alle 10 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

So wie »Seinfeld« und »Friends« hat es auch HIMYM geschafft, einige Wendungen und Catch-Phrases in der Umgangssprache unterzu­bringen, zum Beispiel Barneys »Bro Code«. Auch in dieser Staffel gab es wieder einige Kandidaten (etwa die »intervention!«-Rufe, um bei Freunden tribunalartig nervende Verhaltensmuster zu thematisieren; Folge 4).

Überhaupt scheint der Humor der Serie äußerst nachhaltig zu sein, wie sablog das anhand einer Szene aus Folge 22 demonstriert hat. Mir selbst ist vor allem Marshalls Eloge auf den Hamburger-an-sich im Gedächtnis geblieben, ein sehr schön überkandideltes Lobgedicht (»This is God, speaking to us in food.«; Folge 2). Seine Rede ist so stilecht, dass Lily vorwurfsvoll fragt: »And you got our wedding vows off the internet!«

Sehr gut war auch Folge 15, »The Stinsons«. Darin stellt sich heraus, dass Barney seiner Mutter seit 7 Jahren eine glückliche Ehe inkl. Wunschkind vorgaukelt. Er hat dazu zwei Schauspieler engagiert, mit denen er ab und zu bei seiner Mutter (Frances Conroy aus »Six Feet Under«) vorbeischaut. Das Ganze fliegt auf, als Ted mit der schau­spielernden Barney-Frau anbandelt, nachdem sich beide hocherfreut über die »Heilige Johanna der Schlachthöfe« und Brechts Versuch »to alienate the audience« unterhalten haben. Sie werden in flagranti erwischt, und Barney klärt alles auf, und es ist dann auch nicht so schlimm, no harm done.

Wieder steht ein paar Mal im Raum, dass einer der fünf Friends für immer weggeht (Ted mit Stella nach New Jersey, Robin nach Japan), aber dann bleiben alle da, das ist ja der Witz bei dieser Serie und war es schon bei »Friends«. Eine Anspielung auf »Friends« ist übrigens auch die Trennung von Stella und Ted unmittelbar vor dem Traualtar (Folge 5), aber die war sowieso vorhersehbar, da Ted die titelgebende »Mother« ja noch nicht getroffen hat. Die zukünftige Mutter von Teds Kindern wird wie immer als völlig lächerlicher Teaser in der letzten Folge erwähnt, sie sitzt angeblich in einem von Teds Architektur­seminaren. Usw., usw., usw.