Das Beste, was wir sein können
Walser, Bubis, Dohnanyi und der Antisemitismus
Von Marcel Reich-Ranicki
Hat Martin Walser in der Paulskirche eine empörende Rede gehalten? Ist Klaus von Dohnanyi einer, in dessen Kopf Gedanken rumoren, die zum klassischen antisemitischen Repertoire gehören? Hat Ignatz Bubis etwa seine Selbstkontrolle eingebüßt?
Eine Diskussion ist im Gange, die sich mit jedem Tag schwerer durchschauen läßt. „O glücklich, wer noch hoffen kann, / Aus diesem Meer des Irrtums aufzutauchen!“ – klagt unser alter Freund, der mitteilsame und sprachmächtige Osterspaziergänger. Wer also ist so glücklich? Es mag übermütig klingen, aber ich höre nicht auf zu hoffen. Dabei habe ich es schwer. Denn ich bin in dieser Sache Partei, und ich bin es aus verschiedenen Gründen.
Zunächst: Jedermann weiß, worum es hier geht – um das deutsche Jahrhundertverbrechen, um deutsche Schuld und deutsche Schande. Man kann es kürzer sagen: Hier geht es um Deutschland gestern und heute, also um die Frage, was gestern geschehen ist und wie wir uns heute dazu verhalten dürfen oder sollen oder vielleicht sogar müssen. Das ist alles.
Aber diese deutsche Frage betrifft mein ganzes Leben, sie steht im Mittelpunkt meiner moralischen und politischen, ja meiner seelischen Existenz und (so prosaisch es auch klingt) meines beruflichen Daseins. Das Schrecklichste, was mir angetan wurde, war Werk der Deutschen. Das Schönste, was ich erlebt habe, verdanke ich Deutschen, auch einem barbarischen deutschen Antisemiten, Richard Wagner. Also bin ich mitverstrickt, mitbeteiligt, vielleicht mitverantwortlich – obwohl es mir niemand vorhält oder vorwirft.
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