Mark Pregartbauer

gangway #11

Ameisen

© 1999 by Mark Pregartbauer and gangan books australia

 

Unzählige Arbeiterameisen krabbeln auf dem achtlos weggeworfenen Stück Apfel, den der ehemalige Besitzer bis auf den von ihm nicht mehr verwertbaren, da nicht schmackhaften, Putzen abgenagt hat und anschließend auf den Boden, unbewußt, in die Nähe des kleinen Ameisenbaus verfrachtete. Winzige Stückchen mit ihren höchst effizienten Schneidewerkzeugen vom Ganzen getrennt, auf ihren im Verhältnis zu ihrer Körpergröße erstaunlich kräftigen Rücken tragend, läuft eine Ameise hinter der Anderen wohlgeordnet, die, für den sich nähernden Menschen kaum sichtbare, schwarze Straße aus sich bewegenden Körpern entlang. Keine Ameise tanzt jemals aus der Reihe. Menschliche Schritte, werden als kleine Erdstöße erfaßt, allerdings stört dies keinen der Arbeiter beim Abbau des schmackhaft weißen Fruchtfleisches.

In der Gedankenwelt unseres Menschen existieren die kleinen Ameisen genausowenig wie der Apfelputzenrest der knirschend unter seinem hastigen Schritt, er ist in Eile den Bus zur Schule noch rechtzeitig zu erwischen, zu bräunlichem Brei zermalmt wird. Einige Ameisen finden dabei den Tod, was niemanden weiter kümmert (die Ameisen als allerletztes), warum auch? Unser Mensch, ein junger Homo Sapiens, gelangt pünktlich zur Schule wo ihm gemeinsam mit seinen Klassenkameraden/innen, nun ca. 6 Stunden täglich, und das 5 Tage die Woche, Wissen nach modernen pädagogischen Prinzipien artgerecht und wohl portioniert eingetrichtert wird. Die Schüler tragen die Informationen in ihren für ihre Körpergröße erstaunlich leistungsfähigen Köpfen dann nach Hause. Tag für Tag, Woche für Woche. Nur Weihnachten, Ostern, etc. unterbricht sich das Jahr mit ebengenannten Feiertagen, die für sowohl die "Arbeitende Bevölkerung" als auch die Schüler eine willkommene Abwechslung bieten. Ameisen kennen im Vergleich dazu keine freien Tage; dies ist ein gewichtiger Unterschied zum Menschen. Beendet man als Schüler den gewählten Schultyp, das hat unser "Vorzeige Homo Sapiens", da in Vorbereitung auf sein späteres Leben noch Informationen sammelnd, vor sich, ist es natürlich nicht vorbei Leistungen zu erbringen, sich noch immer fortzubilden, sich durchzusetzen; kurz: im Beruf aufzugehen. Es beginnt gerade erst. Ameisen dagegen werden, da von Beginn an voll entwickelt , von Geburt auf ins leistungsorientierte Leben integriert. Das haben sie den Menschen voraus.


Einige Jahre später krabbeln unzählige Arbeiterameisen auf dem achtlos weggeworfenen Stück Apfel, den der ehemalige Besitzer bis auf den von ihm nicht mehr verwertbaren, da nicht schmackhaften, Putzen abgenagt hat und anschließend auf den Boden, unbewußt, in die Nähe des kleinen Ameisenbaus verfrachtete. Winzige Stückchen mit ihren höchst effizienten Schneidewerkzeugen vom Ganzen getrennt, auf ihren im Verhältnis zu ihrer Körpergröße erstaunlich kräftigen Rücken tragend, läuft eine Ameise hinter der Anderen wohlgeordnet, die, für den sich nähernden Menschen kaum sichtbare, schwarze Straße aus sich bewegenden Körpern entlang. Keine Ameise tanzt jemals aus der Reihe. Menschliche Schritte, werden als kleine Erdstöße erfaßt, allerdings stört dies keinen der Arbeiter beim Abbau des inzwischen braun oxidierten Fruchtfleisches.

In der Gedankenwelt unseres gealterten Menschens existieren die kleinen Ameisen, die er in wenigen Sekunden zu Dutzenden zertreten wird (noch immer) schon wieder nicht, wohl aber achtet er diesmal auf den abgenagten Apfel, dem er, da die gründlich polierten schwarzen Lederschuhe, sie glänzen sogar, laut Kleiderordnung nicht beschmutzt sein sollen, mit elegantem Ausfallschritt ausweicht. Die Ameisen kümmert der Tod ihrer Kameraden, der Sapiens ist auf die Ameisenstraße getreten, noch immer nicht, insofern hat sich in dieser Gesellschaft nichts verändert. Nichts geändert hat sich auch für den Menschen der hastigen Schritts zum Bus eilt welcher ihn gemeinsam mit Dutzenden Leuten mehr oder weniger pünktlich in die Nähe seiner Arbeitsstätte verfrachten wird. Am jeweiligen Arbeitsplatz angekommen ergießt sich ein Strom arbeitswilliger Homines Sapientes in die Büros wo sie aktenschleppend, wohlgeordnete 40 Stunden die Woche, ihrer Arbeit nachgehen werden.

Wenn der junge Mensch nach einem arbeitsreich erfüllten Tag übermüdet in seinem Bett dem wohlverdienten Schlaf entgegensinkt nimmt er aus den Augenwinkeln manchmal das sich im Halbdunkel vor seinem Fenster bewegende Laub wahr. Gelb fällt es, im Licht einer roten Sonne, verfärbt von hohen Bäumen, sammelt sich zu einer bunten Decke, im Herbst den grauen Asphalt bedeckend. Im goldenen Licht gehen Unbeschwerte Hand in Hand lachend durch raschelndes Laub, erkennen nicht, daß alles nur zerbrechliche Einbildung ist, am Morgen wenn der Wecker läutet vergessen, aufgeschoben bis zur nächsten Nacht.

Ob Ameisen tagträumen können?

 

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