Reviews: Erika Kronabitter

Deutsch Erika Kronabitter: ICH AUF CHIOS. das fröhliche wohnzimmer edition. Wien 2000.

Fliegender (Gedanken-) Wechsel, unterschiedliche Perspektiven in einem eigentlich sehr streng gestalteten Band:
Von der Korrespondenz, dem Aufenthalt, den Katzen, der Schönsicht, der Schlechtsicht, den Tagen, den Nächten, den Jahreszeiten, den Jahren.
Von Griechenland und vielem sonst.
Wortfall, der einem Sog gleich die Lesende in jenen Empfindungsraum zieht, den man mit Griechenland verbindet. Man fühlt sich versetzt, – und dann plaziert, willkommen geheißen in einer Befindlichkeit, die vieles anklingen läßt, was einem vertraut ist und doch eigenständig anmutet.
Es sind die kleinen unspektakulären Erlebnisse, Gesten, Geschehnisse einer äußerlich griechischen Dorfstruktur einerseits; das Sprengen des Kopf- und Seelenraumes der ICH-Person andererseits: Tagebuchaufzeichnungen.

Strukturell ist dieser Band gerade deshalb so interessant, weil er aus unterschiedlichen Blickwinkeln her angelegt ist:
Da gibt es (filmische) Schnitte/ Aufzeichnungen/ (Kamera-) Einstellungen (mit Katzen)/ das Einwirken realer Außenpersonen wie etwa Friederike Mayröcker auf die eigenen literarischen und theoretischen Überlegungen.
Und hier überschneidet sich auch schon wieder einmal gekonnt Realität mit Fiktion. Aber ist nicht alles Wirklichkeit?!

Ein lesenswertes, unterhaltsames Buch!

Reviewed by Petra Ganglbauer, 28 February 2001

Deutsch Erika Kronabitter: Friederikenbriefe. Friederike Mayröcker gewidmet. Milena Verlag, Wien 2002.

Von „Spuren“ schreibt Klaus Kastberger in seiner Einleitung zum vorliegenden Band. Erika Kronabitter flicht Zitate aus Mayröckers Werken und Briefen in ihre Textflüsse ein, und bisweilen laufen die Stil-Stränge beider Autorinnen tatsächlich parallel, bis Kronabitter sich wieder von Mayröckers Spuren wegschreibt, jedoch zumindest nachhaltig den Gestus einer Seelenverwandtschaft beibehält, nämlich die Art und Weise, wie die Worte einander folgen oder zueinander stehen – bisweilen auch abrupte Wortgeschwisterschaften – , dann allerdings schlägt Kronabitter wieder einen anderen, bisweilen alltäglicheren Ton an. Von Landschaften schreibt sie, vom Schreiben, vom Innerseelischen, von Sehnsucht und Angst, von Rastlosigkeit, vom Sterben wie vom Fliehen.

Eine empfehlenswerte Lektüre für Leserinnen, die den beiden Autorinnen eine Weile folgen möchten, sie begleiten, sich in die Ton- und Wasserfälle einstimmen, den Duft- und Gedankenspuren folgen. Ein Stück eines gemeinsamen Weges, einer Überschreibung, einer auch muskalischen Reise bis „zum neuen allerersten Satz“.

Reviewed by Petra Ganglbauer, 11 January 2003

Deutsch Erika Kronabitter: Mona Liza, Roman. Limbus Verlag, Innsbruck-Hohenems 2007.

Mona Liza Cover

Ein expressives, lautes Buch ist das, eines das aufhorchen lässt: der Untertitel des Romans lautet „Die Prosa der Verhältnisse“.

Diverse Rollenklischees, die Frau als Gebärmaschine, als angepasstes Weibchen etc. werden angesprochen, aufgezeigt und zugleich in Frage gestellt und unterwandert.

In immer neuen Anläufen, Zugängen, Schnitten, Rückblenden, Bewusstseinswiedergaben rollt die Autorin das Leben der Ich-Erzählerin auf; so Zeit- und- Raum-verschnitten wie das Leben eben ist. Dabei pendelt der Erlebnis- und Empfindungsraum gekonnt zwischen ausgesprochener Involviertheit und bewusster kühler Distanziertheit hin und her. Nicht viele Bücher gibt es, die so komponiert sind und dennoch so reich Inhalt, Geschehen, innerseelische Bewegtheit transportieren. Die meisten montageartig komponierten Werke sind dann schon wieder viel zu materialverliebt.

Immer wieder tauchen Sätze auf, die wie von irgendwoher oder besser, von einer bewussten Instanz in den Welt- und Lebensraum gestellt werden: „Wir müssen annehmen, dass die Zeiten schlechter werden, weil die Bilder bunter werden.“

Zugleich gibt es – Motto für Motto – eine durchgängige Begleitung auf einer Metaebene: Etwa: „Der Versuch/“leichthin“/ zu sein: eine Art/ des Flanierens.“

Da ist einmal die mitteilsame Protagonistin, die verschiedene Lebens- und Bewusstseinsphasen durchwandert; da ist aber auch Liza, eine Art Alter Ego, eine Stimme, die stärkt und aufmuntert, aber auch herausfordert.

Erika Kronabitter spricht viele Themen an, die beispielgebend für die zeitgenössische österreichische Literatur von Frauen generell sind, wie etwa das Geschlechterverhältnis, die Mutter-Tochterbeziehung, die Definitionsmacht der Sprache...

Und das ist wichtig!

Reviewed by Petra Ganglbauer, 27 June 2008

Deutsch Erika Kronabitter: Viktor, Roman. Limbus Verlag, Innsbruck-Hohenems 2009.

Viktor Cover

Erika Kronabitter arbeitet auf mehreren Schienen, als Künstlerin, als Autorin. Als Organisatorin, als Lektorin, um nur einige zu nennen.
Diese einander ergänzenden Disziplinen finden auch ihren Niederschlag in ihrem literarischen Werk:
Wie sie die Gattungen durchquert, „öffnet“ sie auch ihre Bücher. So erschien kürzlich Teil 2 einer Romantrilogie.
Diesmal steht Viktor im Mittelpunkt der literarischen Auseinandersetzung, Viktor, der Mann Monas aus Mona Liza.
(Siehe entsprechende Besprechung.)

Viktor entgleitet sein Leben, seine Ehe. Er mutet wie ein Durchschnittmensch an, mit – ich möchte fast sagen – typologischen Verhaltensweisen und Befindlichkeiten; deshalb ist er in dem Buch weder Opfer noch Täter. Viktor ist also äußerst authentisch gezeichnet.
Das ist auch das Besondere an dem Buch: Die Autorin räumt uns die Möglichkeit ein, zwischen den Zeilen zu lesen, jene Gefühlsnuancierungen wahrzunehmen, die nicht definitiv ausgesprochen werden. Ein genaues Unterfangen ist das und spannend.

Die Eingangszitate, quasi Tore zu den einzelnen Kapiteln, erinnern methodisch an Teil 1 der Trilogie – sie bereiten wieder den Boden für ein über den spezifischen Inhalt des Buchs hinausgehendes weiter gefasstes gesellschaftspolitisches Verständnis.

Reviewed by Petra Ganglbauer, 8 December 2009

Deutsch Erika Kronabitter: einen herzschlag nur bist du entfernt. Edition Art Science, Wien-St. Wolfgang 2010.

Lyrik 5 Cover

Erika Kronabitters Gedichte sind ein einziges ausladendes Requiem. Sie sind zudem ein Randgang zwischen dem „Gerade Noch“ und dem „Nicht Mehr“.
Die Texte bilden eine formale Zusammenschau aus einem äußerst sphärisch-subtilen Gestus und einer hohen Sprachgeschwindigkeit. Das macht sie so aufgeladen.

Das Buch kreist um die Themen Abschied, Vergänglichkeit, Verlust und Trauer, eine Trauer, die jedoch mitten aus dem Leben gegriffen ist, die vital ist, poetisch, mitunter laut und beinahe trotzig.
„Als ob ich dich schnell anrufen müsste und/ dir erzählen“.
Da spricht/ ruft ein waches lyrisches Ich, das sich vehement der Endgültigkeit und dem Unwiederbringlichen widersetzt.

Da gestalten sich Erinnerungs/Bilder aus der Negation heraus „vor dem haus nicht mehr/ im garten nicht mehr...“ und werden auf diese Weise plastisch, lebendig.

Nicht nur der Mutter sind Gedichte gewidmet. Unter anderen auch Autor/inn/en wie dem verstorbenen Lyriker Gerhard Kofler.

Erika Kronabitter wendet unterschiedlichste formale Umsetzungen des Themas an, manche der Texte sind eher dramatisch angelegt, Partituren gleich, andere wieder von strenger Textur, schmal und voll von Parallelismen.
Die verschiedenen zyklischen Typen von Gedichten machen den Band sehr abwechslungsreich.

Ansprechend, weil zart und wie aus einer anderen Dimension geholt, die Coverzeichnung, von der Autorin, Künstlerin selbst gefertigt.

Ans Herz gelegt!

Reviewed by Petra Ganglbauer, 3 September 2010


Home | Info | Contact | Editorial | Magazine | Community | Search | News | Reviews | Disclaimer | Feedback | Archive