Reviews: Gerhard Ruiss (Herausgeber)

Deutsch Gerhard Ruiss: Literarisches Leben in Österreich. Handbuch Nr. 5. Verlag der IG Autorinnen Autoren, Wien 2001.

Gerhard Ruiss und ich begegneten einander zum ersten Mal beim allerersten Kongress der Bücher der IG Autorinnen Autoren. Ich war damals gerade frisch geschieden nach Wien umgezogen und genoss die Zusammenarbeit mit dem Wiener Frauenverlag am Kongress in mehrfacher Weise; Gerhard brachte sein erstes Handbuch gemeinsam mit Hannes Vyoral auf den Büchertisch und seine Band auf die Bühne; die Kleinverlagsszene blühte. Das war Literarisches Leben in Österreich in den 80er Jahren und scheint auch heute, gemessen an diesem tausendseitigen Werk in fünfter Ausgabe, nicht anders zu sein, obwohl ich natürlich den gesellschaftlichen Aspekt von Sydney aus nach meiner zwölfjähriger Abwesenheit nicht mehr so intim beurteilen kann.

Was sehr wohl zu beurteilen ist: das Werk. Document Number Five (die prominent gesetzte Nr. 5 am Umschlag erinnert mich flüchtig an das legendäre Album von R.E.M.) ist nicht nur auf der Briefwaage gewichtig, der umfassend recherchierte Band listet listet alles und jeden, das oder der nur irgendwie im Umfeld der Literatur steht. Und auf Papier! Gerade im elektronischen Zeitalter ein schöner Beweis dafür, dass Nachschlagewerke halt doch "greifbar" sein müssen, obwohl ich mir ein Interface zum Zugriff auf die Datenbank in der IG Autorinnen Autoren über das Internet vorstellen könnte.

Also, worauf zugreifen, was nachschlagen? Alle Literaturpreise und Stipendien; alle Verlage, Zeitungen und Zeitschriften; alle Bühnen, Sender und Veranstalter; alle Literatur- und Autorenorganisationen und – last but not least – alle österreichischen Autorinnen und Autoren, inklusive einer Auflistung jener, die seit der Ausgabe 1997 verstorben sind, was mich mit Trauer erfüllt hat, da mir nicht wenige davon persönlich bekannt waren.

Die neunköpfige Redaktion unter der Leitung von Ulrike Stecher hat dokumentiert, katalogisiert und kommentiert was sich in der Literaturszene tut. Wahrlich ein Phänomen für so ein kleines Land wie Österreich, wo es in der letzten Ecke der Provinz noch wurlt, wo 3.902 Autor/inn/en in 65 Literaturzeitschriften und 221 Verlagen veröffentlicht werden, bei 800 Veranstaltern auftreten, von 182 Kulturredaktionen der Presse besprochen werden und sich 206 Preise und Stipendien teilen. Nun, das war damals eine Wunschvorstellung, und ist es wohl auch noch heute, aber immerhin kann man nun jederman eine E-mail vorab schicken, denn der Band listet alle Kontaktmöglichkeiten inklusive Mobiltelefonnummern und Webadressen.

Der Zweck? Heutzutage nennt man es wohl “Marketing Tool”. Gerhard behauptet: “... immer noch derselbe, miteinander in Kontakt zu kommen”. In diesem Sinne wird auch die fünfte Ausgabe dieses wichtigen Handbuchs Literarisches Leben in Österreich beiden Ansprüchen gerecht, indem sie einen offenen Zugang zu allen Informationen und Einrichtungen ermöglicht – und dadurch einen Brückenschlag zur Literatur und ihren Repräsentant/inn/en selbst schafft.

Reviewed by Gerald Ganglbauer, 2 October 2001


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