Gerwalt
Brandl: Colorado Fluss des verbrannten Holzes. Passagen Verlag, Wien 2005.
Das vorliegende
Buch ist eine große Herausforderung für die Leser. Der Autor
und Begründer der Wiener Schreibpädagogik, Gerwalt Brandl,
setzt sich darin mit den Erfahrungen rund um die Geburt auseinander.
Die Textpartitur setzt sich aus Versatzstücken unterschiedlicher,
jeweils sehr spezifischer Qualitäten zusammen. Bis auf den Mittelteil
des Buchs, der eine Exkurs zum Thema Holz , im Spiegel von Schreibprozess
und Geburt, beinhaltet, gibt es eine beibehaltene Abfolge der Texte
links die erzählenden, rechts die poetischen Texte ,
die jedoch nicht deren Entstehungsphasen entspricht.
So wurden die erzählenden Texte später als die poetischen
geschrieben, obgleich sich mir als Leserin, eine andere, eine von mir
gewählte Textfolge auftut:
Jeweils auf der rechten Seite des Buchs findet aus meiner Sicht eine
Poetisierung, eine Übersetzung der links stehenden Ausgangstexte
statt. Was zunächst klar verstehbar und ebenso nachvollziehbar
ist, weil in einer geordneten Subjekt-Objekt-Interaktion dargestellt,
und also auch aus der Sicht des sprechenden, sehenden Subjekts deutlich
außerhalb des Mutterleibs, wird in einen Gestus überführt,
der für mich den Empfindungsraum des noch im Mutterleib befindlichen
Individuums wiedergibt: Diese Sprache ähnelt einer Ursprache,welche
eine schemenhaften Wahrnehmung von Wirklichkeit spiegelt.
Noch ist nichts konkret, nichts klar gezeichnet, die Grenzen zwischen
dem Individuum und allem außerhalb von ihm Liegenden verschwimmen.
Schließlich wird jeweils der erste poetische Text noch einmal
verwandelt. Für mich ergibt sich daraus eine Steigerung, eine Art
Rückversicherung diesen Wandlungsprozess betreffend.
Das ist das Besondere an diesem Buch, dass es sich verschiedenen Erfahrungen
nach und vor der Geburt nähert und diese selbst, so meine ich,
sprachlich auch nachvollzieht. Aber eben in einer Rückwärtsbewegung.
Das Buch ist vor allem auch aufgrund der die Texte ergänzenden
Zeichnungen des Autors voller Geheimnisse. Es kehrt heraus und
verdeckt zugleich und lässt gerade aufgrund dieses Spannungsverhältnisses
Raum für die Interpretation. |