Reviews: Gerhard Jaschke

Deutsch Gerhard Jaschke: ALLES KLAR NATÜRLICH. Verlag G. Grasl, Baden bei Wien 2000.

Adressat origineller wie originärer Einfälle (der Einfalls-Winkel ist steil!) sind Gerhard Jaschkes Gedichte, – Sammel- und Umschlagplatz eines unfaßbar dichten und lauten Welt-Gesellschafts-Wortgemisches, hinter dem sich jedoch – das wird spürbar – ein fragiles, mitunter einsames lyrisches ICH verbirgt.

Der opulente Vorhang aus lebendigem Sprachspiel: Alliterationen, Akronyme, Anagrammatisches etc., mit welchem dem überlauten Wirklichkeits-Pegel mittels quasi analogem Energieeinsatz begegnet wird, hebt sich dann und wann wie selbstverständlich, und hervor tritt eine leisere Stimme; jene der Selbstironie wie des Seismografischen.

Auch wird da und dort ein durchaus romantischer Zugang zur Wirklichkeit erfahrbar, der jedoch, sobald er sich artikuliert, gleichsam zeitgleich mittels ironisierender Widerhäkchen korrigiert werden muß .

Dieses Leben duldet keine Müdigkeit, weder beim Protagonisten, noch beim Lesenden. Wo sich Müdigkeit jedoch abzeichnet, wird ihr mit Selbstdisziplin und Humor einiges entgegengesetzt!

Dieser rasende Lauf durch den Ereignisdschungel "täglich/ was täglich geschieht, geschieht uns täglich/... " (!) mutet wie ein Spiegel der innergesellchaftlichen Realität an. Das ICH läuft Gefahr, fortgerissen zu werden und muß infolgedessen seine Stimme erheben, verstärken.

Treffsichere Zeitzeugen sind diese Gedichte, – zum Teil bereits älteren Datums – , eine gelungene Text-Sammlung dieses engagierten Autors, Herausgebers und Lehrenden, die, und das sei erwähnt, unter der Obhut des geschätzten Arno Schmidt steht.

Reviewed by Petra Ganglbauer, 25 May 2000

Deutsch Gerhard Jaschke: WORTFEST. DAS FRÖHLICHE WOHNZIMMER, Wien 2000.

Bezeichnender ließe sich dieser Band wohl nicht betiteln, schließt er doch an jene Urknall-ähnlichen, eruptiven, mit viel Lust am Sprachspielerischen versehenen Textkörper des Autors an, die wir seit Jahren mit viel Neugier verfolgen und lesen.

Eine ebenso methodische wie humorvoll-leichte Erkundung von WELTSPRACHEFUNDUS ist das, originellerweise begleitet von einem regelrechten Sub-Text- Band, das in Anlehnung an eine in Berlin stattgefundene Wahl/bzw. Zusammenstellung der 100 repräsentativsten Wörter des vergangenen Jahrhunderts die Sammlung an lyrischem und zeichnerischem Material optisch wie strategisch einsäumt.

Reviewed by Petra Ganglbauer, 23 August 2000

Deutsch Gerhard Jaschke: NACH WIE VOR. DAS FRÖHLICHE WOHNZIMMER, Wien 2002.

Nach wie vor. Vorher oder nachher. Und: immer wieder. Diesmal als Kleinod in Schwarz-Weiß.

Die neuen Texte Gerhard Jaschkes, Notizen eines Unermüdlichen, lyrische Aufzeichnungen, schwimmen, und zwar spielerisch, im Lebenspool auf und ab.

Von Hand geschrieben, aus dem Fundus des Alltags, des Banalen wie des Philosophischen, unprätentiös ausgestattete Permutationen, – die Elemente des Lebens als Variablen, frei ausgetauscht, bisweilen voneinander getrennt, um sich erneut zu versöhnen.

Gerhard Jaschke greift Buchstaben, Wörter, Satzteile quasi als Spielfiguren auf und tauscht sie gegeneinander aus, stellt sie um, lässt sie aus, frei nach Belieben. Oder auch manisch, die Strafarbeiten, herrliche Widersinnigkeit, gegen Ende des Bandes.

Poetische Notizen, da und dort gewollt stockernüchtert, – zurück auf’s Papier gebracht. Ein auch durch Zeichnungen des Autors ausgestatteter Sehgenuß.

Reviewed by Petra Ganglbauer, 11 July 2002

Deutsch Gerhard Jaschke: ANFÄNGE ZUSTÄNDE. Literaturedition Niederösterreich, St. Pölten 2007.

Eine äußerst facettenreiche Zusammenschau der Arbeit Gerhard Jaschkes liegt wieder einmal vor. Eine Publikation, die jene literarischen, künstlerischen Bereiche akzentuiert, die Teil einer konsequenten jahrelangen Arbeit sind.
Der Autor und Herausgeber, der lehrende Dichter veröffentlicht regelmäßig.
In seiner Arbeit durchwirken spielerischer Zugang und Verletzlichkeit einander.

In diesem Buch findet sich etwa Prosaarbeit, die gerade jene Verletzlichkeit mit leiser Stimme offen legt, die Menschsein beinhaltet: Texte über die Vergänglichkeit, über das Lebens- und Zeitgetriebe, Texte, die mir sehr nahe gegangen sind.

Der Band versammelt aber auch Gedichte, die sprachspielerische, permutative oder auch onomatopoetische Kunstgriffe enthalten; Methoden, die zeigen, was Sprache als Regelwerk mit uns zu machen imstande ist.
Philosophische Exkurse finde ich vor. Und immer wieder holt der Autor andere Stimmen herein von Dichtern und Denkern, die seine Arbeit begleiten, Assoziationen bei ihm auslösen oder seine Gedanken ergänzen.
Insistierend kommt Jaschke auch auf das Autorensein zu sprechen, auf existenzielle, mitunter durchaus lächerliche Mechanismen, mit denen sich Autor/inn/en herumzuschlagen haben.

Scherenschnitte, Collagen, Zeichnungen finden sich da, sehr Persönliches mithin; es kommt einem so nahe, dass man den Dichter beinahe atmen hört, es ist, als begleite man ihn während der Lektüre physisch. In sofern ist dieses Buch ein authentisches Zeugnis, aus dem Leben gegriffen, aus dem enormen Fundus seiner Work in Progress.

Reviewed by Petra Ganglbauer, 17 October 2007

Deutsch Gerhard Jaschke: Endlich doch noch. Kurzprosa. Sonderzahl Verlag, Wien 2008.

Gerhard Jaschke Cover

Aus den „geheimen“ Ecken des Lebens und der Literatur gegriffen sind die kurzen Prosastücke in diesem Band.

Wie so oft in Gerhard Jaschkes Büchern erfolgt die konsequente Einbindung intertextueller Bezüge: als literarische Kommunikationspartner fungieren Zürn, Ovid und viele andere.

Diese Texte muten subtil humorvoll an; das sprechende Subjekt nimmt sich selbst aufs Korn, auch, weil es sich unter der Domäne einer fast schon lächerlichen Schicksalhaftigkeit weiß, einer allgemein menschlichen, die wohl jeden von uns betrifft.
Insofern gehen wir Leser/innen einen Pakt mit dem Autor ein.

Melancholie kommt da bisweilen auf, schwarzer Humor, dann wieder regiert der sprachspielerische Gestus, schließlich essayistische Trockenheit. Dies alles zeichnet die vorliegenden Texte aus: Sie sind lakonisch wie das Leben selbst.

Der Autor gewährt uns einen ironischen Blick auf Sinn und Unsinn des Lebens.
Endlich doch noch!

Reviewed by Petra Ganglbauer, 27 October 2008

Deutsch Gerhard Jaschke: WELTbude. Sonderzahl Verlag, Wien 2009.

Gerhard Jaschke Cover

Absoluter Tipp: Gerade rechtzeitig zu seinem 60. Geburtstag ist Gerhard Jaschkes WELTbude erschienen. Eine poetische Sammlung der besonderen Art ist das, gibt sie doch Einblick in die methodische Vielseitigkeit des Autors. Die Rezensentin hinkt zeitlich hinterher...

Topografische und personelle Verweise enthalten diese Texte ebenso (etwa jener, der sich Chobot zum 60. nennt), reich an spielerischen Kunstgriffen sind sie, voll von Assonanzen, Alliterationen; da finden sich Anagramme, Lipogramme, kein Wunder es wird ja auch das Sprachbastelbuch fortgesetzt...
In so fern eignet sich das Buch nicht nur für die geehrte Leserschaft, sondern auch als Materialienband für Schulen, als Workshopgrundlage etwa.

Das Besondere an der gestalterischen Eigenheit des Buchs ist die Leiste jeweils oberhalb des Textes, die Flashs aus dem Leben des Autors quasi am Fließband wiedergibt.
Fotografien und Skizzen vertiefen den Einblick in die Lebens- und Arbeits-Welt Gerhard Jaschkes.

Erwähnenswert sind auch der Cover, die Farbe wie überhaupt die gesamte Gestaltung des Buchs.

Schier wunderbar!

Reviewed by Petra Ganglbauer, 2 July 2009

Deutsch Gerhard Jaschke, Toni Kurz: rund um die grüne soße. Edition Thurnhof, Wien 2009.

Gerhard Jaschke Cover

Ein kleines literarisches und visuelles Zeitdokument ist der vorliegende bibliophile Band mit Texten von Gerhard Jaschke und Offsetlithografien nach Fotos von Toni Kurz.

Das Buch lässt zwischen den Zeilen und von Bild zu Bild jene ganz eigene Atmosphäre durchscheinen, die so bezeichnend für „Buchmessenverhältnisse“ ist. Auch begegnen wir auf diesem Weg unter anderem noch einmal dem unvergesslichen Werner Herbst, einem/dem Weggefährten Gerhard Jaschkes.

Wie stets in seiner Arbeit, findet auch hier der sprachbewußte, vieldeutige Umgang mit Wörtern seinen Niederschlag, etwa an jener Stelle, bei der es um das glatte oder griffige „mailen“ geht.
Bezeichnend auch Widmungen und intertextuellen Bezüge, beispielsweise für und zu Gerhard Rühm oder Oskar Pastior; Dichter(-Namen), die zusätzliche Kontext- und Bedeutungsfelder eröffnen.

Gerhard Jaschkes Werk, diesmal in Form von literarischen Anrissen, Stücken gleich, die aus dem teigigen Getriebe der Frankfurter Buchmesse ausgestochen wurden.

Herzhaft lesens- und betrachtenswert!

Reviewed by Petra Ganglbauer, 17 March 2010


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