Reviews: Margret Kreidl

Deutsch Margret Kreidl: Grinshorn und Wespenmaler. 34 Heimatdramen. Edition Das Fröhliche Wohnzimmer, Wien 2001.

Margret Kreidl Cover

Härter die Zeiten. Die Gesten. Die Sprache.
Deutlicher. Offenkundig, die Dummheit.

Margret Kreidl legt mit ihren 34 Heimat-Minidramen beinharte, verbale Fausthiebe gegen die gegenwärtigen Mechanismen in der österreichischen Innenpolitik vor.
Sie greift sich zwei heimische Politiker und läßt „Wespenmaler“ und „Grinshorn“ in aller Deftigkeit aufeinanderprallen. Daß beide einander stets beim Namen nennen müssen (!), mutet in der dargebrachten Stringenz wie eine Apotheose der Verblödung an.

Was dabei heraus kommt, ist auf den Punkt gebracht:
Faschismus, Biertischseligkeit, rechtsgerichteter Fanatismus, reduziert und potenziert, sodaß ein unerträgliches Gemisch aus Geheule, Gekreische und Gejohle entsteht.
Der Inhalt also verstümmelt die Sprache selbst vollständig, sodaß diese zum (nichtsprachlichen) Ebenbild dessen wird, was Kreidl an politisch Ekelhaftem auf den Tisch bringt.

Wir kennen die Autorin und ihren spielerischen Umgang mit Klischees und Knalleffekten, als da etwa in „Süße Büsche“ oder „Schnelle Schüsse“, beides in der Edition Das Fröhliche Wohnzimer erschienen, dieses Mal jedoch greift sie zu ihren bisher härtesten Methoden, um der unterträglichen Ekstase aus Absurdität und Gefährlichkeit Einhalt zu gebieten.

Reviewed by Petra Ganglbauer, 3 September 2001

Deutsch Margret Kreidl: Laute Paare. Szenen Bilder Listen. Buch mit CD. Edition Korrespondenzen, Wien 2002.

Margret Kreidl Cover

Ein vor allem auch konzeptuell interessantes Buch ist das voliegende, welches eine CD (die Autorin liest die Texte) enthält.

Margret Kreidl schließt an jene kühle Ästhetik an, die Teile ihrer bisherigen szenischen Texte ausmacht, aber auch an jene Kitsch- und Volkstümelei-Inszenierungen, welche die Autorin immer wieder mit großem Impetus vornimmt. Der Inhalt dieses Buches: Sexualität, Geilheit, Einsamkeit, Verletzbarkeit, – mitunter äußerst grell und grotesk dargestellt.

Eingangs ein „verfahrenstechnischer“ Hinweis, der bereits auf jene seriellen, permutativen Methoden verweist, die in mehreren Sequenzen folgen. Beinahe chromatisch ist diese Arbeit, spielen doch der Klang der Farben wie ihre Plazierung eine ganz besondere Rolle. Onomatopoetische Kunstgriffe, wie insgesamt eine konsequent durchgezogene Kombinatorik, halten die Texte in Form und Spannung, jeden für sich wie auch untereinander.
Die „Kammerspiele“ leben von der Dramatisierung durch Bewegung und Handlung, die Gesten sind laut, schreiend mitunter.
„Er und Sie“ etwa, eine Sequenz, die sich auch mehrmals wiederholt, lebt von einer vegetabilen Metaphorik, die den Gefühlen starken Ausdruck verleiht. Wie überhaupt Erotik, Leidenschaft, Geilheit in diesem Buch noch durch andere Beschreibungsmechanismen als jene einer Sprache der Pornografie dargestellt werden; ich denke da etwa an „Süsses Paradies“, ein opulentes, fast körperliches Aufgebot an Mehlspeisen und Schleckereien. Vorsicht!

Reviewed by Petra Ganglbauer, 4 November 2002

Deutsch Margret Kreidl: Mitten ins Herz. Edition Korrespondenzen, Wien 2005.

„Ein guter Anblick.“
Glasklare Ansichten. So überdeutlich wie sie nur Klischees eigen sind.
Margret Kreidl bleibt den von ihr seit Jahren konsequent bearbeiteten Genres treu:
HEIMAT-, HERZ-SCHMERZ, KRIMINAL-, allesamt TRIVIALROMAN.
Sie tut dies aus einer großen Disziplin heraus.

Sie verdichtet, verknappt das unerträglich Glatte, Reaktionäre, Grausige, Saumselige, Dumme und bringt es auf den Punkt: jede Sequenz dieser trivial-alpinen Zuckerlwelt im 1. Teil des Bandes endet mit einem Schuss: Es muss auch faktisch Schluss sein mit der hochaktiv-schmalzig-verkannten Realität.
Das Zuckersüße, Üppige, Strahlende muß kippen ins Andere, ins Finale.

Teil zwei enthält jeweils den Klischeekern scheinbiografischer Details der „love leading ladies“ (Klappentext), die ihrerseits namentlich alphabetisch aufscheinen; verkitschte Mini-Lebens-Legenden sind das , wie sie tagtäglich vom Massenpublikum des Boulevards
verschlungen werden.

Der ganze Band zeigt eiskalt die Mechanismen der Jagd auf: Fotojagd, Schicksalsjagd, Druckjagd, Treibjagd, Hetzjagd oder Fangjagd.

Reviewed by Petra Ganglbauer, 14 February 2006

Deutsch Margret Kreidl: Eine Schwalbe falten. Edition Korrespondenzen, Wien 2009.

Von Einsamkeit erzählt dieses Buch, von der Einsamkeit des Kindes wie der erwachsenen Frau. Und von der Strategie des Unbewussten, das Leben erträglich zu machen. Es erzählt auch die Geschichte zweier Schwestern, wobei nicht klar wird, welche welche ist, die beiden spiegeln sich, tauschen einander ab und aus; es stellt sich die Frage, ob es sich bei beiden nicht doch um ein multiples Ich handelt.

Margret Kreidls Buch ist sehr ungewöhnlich: einerseits spricht es die genannten Themen an, andererseits stößt es sich immer wieder davon ab, indem es sich ganz auf die Form (das Regelwerk) besinnt, sich vorhandener sprachlicher Schienen bedient, die Rhythmus und Melodie von Kinderreimen, Zaubersprüchen oder auch Liedern haben. Abzählreime wie Ratespiele reißen uns situativ heraus, immer dann, wenn wir vermuten (!), dass der Schmerz zu groß wird. Denn der Schmerz findet sich wie alles Andere hinter einem Schleier. Ereignisse, Erinnerungen und auch Traumsequenzen muten wattiert an, wie hinter Glas.

Das Eigenartige an diesem Buch ist, daß es bis auf das letzte Wort geschliffen ist und dennoch wie ein Ausloten wirkt. Ein Probieren, Ein Leben probieren, „Sprüche riskieren“. Ein lesenwertes Buch!

Reviewed by Petra Ganglbauer, 8 January 2010


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