Reviews: Anant Kumar |
Anant Kumar: Fremde Frau – Fremder Mann. Wiesenburg Verlag, Schweinfurt 1997, 3. Auflage 1999. Plädoyer für die Kontinuität der Dialoge! Für mich ist dieses Buch aufbauend: ...Ich wünsche mir oft/ ein Pflicht-Etikett des BGS/ worauf mein Grund steht./ So kann der Einheimische mit mir/ auch über anderes sprechen,/ falls er sprechen möchte. (S.13), und es bekräftigt und zugleich besänftigt meinen Aufenthalt in Deutschland. Allerdings kam diese Motivation erst durch meinen persönlichen Kontakt mit Anant Kumar auf seinen Lesungen. In vielen Gesprächen mit Anant Kumar äußerte ich endlich meine wirkliche Meinung zu unserer Gesellschaft. Die war anders als die, die ich mir einbildete. Dies ist hier keinesfalls negativ gemeint aber auch nicht aufbauschend. Ich habe mich mittlerweile an die immer wieder vorkommenden Äußerungen, z. B. "Bei Euch 'da unten' ist ja sehr schlimm...!" so sehr gewöhnt, daß ich jetzt nur darüber lache. Ähnlich wird im Erzählgedicht EINE SCHWARZE KOMMT INS KRANKENHAUS versucht, einen unklaren Fall zuerst mit den herrschenden Klischees als richtig zu begründen: ...War es noch rot oder grün geworden?/ Darüber wird noch weiter gestritten./ Der Auto- und sein Beifahrer meinen, / für die Schwarze war es rot und für sie grün./ Sie begründen ihre Aussage noch weiter,/ man macht das in diesen Ländern sowieso öfter. (S. 26) Dieses Buch
bestätigt, daß viele in dieser Gesellschaft
bloß als Außenseiter existieren können.
Nicht die durch die Medien dargestellte, vermeintliche, mal
grausame und mal witzige Realität und auch nicht die
Pseudo-Solidarität mit Ausländern (...Und heute
sagte mir ein Student der Philosophie,/ daß er den
Film /gandi:/ gesehen hat,/ Und er den "Typ" echt "Klasse!"
findet. S. 23) leisten einen Beitrag zur
Völkerverständigung. Sondern viel mehr die
Bücher wie "FFFM". Es scheint eine Tat eines Menschen
zu sein, der mit vielen Schwierigkeiten und Vorurteilen zu
kämpfen hat. Und dabei findet er selten "wirkliche"
Unterstützung. Das sind die Texte eines Menschen, der
in die Realität eintaucht, um über sie zu
schreiben. Aber andererseits schafft er von diesen manchen
haarsträubenden Wirklichkeiten, die tagtäglich
passieren, möglichst unbeeinflußt zu bleiben.
Schon diese Fähigkeit stellt meines Erachtens für
sich ein Kunststück dar: ... Der Biergarten und der
Neger?/ "Ist es eine Ausnahme?"/ "Ist es mittlerweile die
Regel?"/ "Absichtlich!" "Zufall!"/ Das Buch ist von der Perspektive eines Ausländers verfasst worden. Jemand, der sich selbst als einen Teil unserer "deutschen" Gesellschaft sieht. Jemand, der in widrigsten Umständen auf das Zusammenleben und auf menschliche Wärme seine Hoffnungen setzt: "Diese erste
gemeinsame Wärme wird |
Geboren in Pakistan, aufgewachsen und noch wohnhaft in Deutschland Mohammed Ahsan Sadiq, Neue Straße 3, D-34376 Immenhausen |
Anant Kumar: Die galoppierende Kuhherde. Wiesenburg Verlag, Schweinfurt 2001. Leichtfüßiger Wanderer zwischen den Literaturwelten Nimmt der Leser Anant Kumars jüngstes Buch zur Hand, so sticht ihm noch vor der ersten Seite eine Besonderheit ins Auge: Der Anfang des Inhalts steht bereits auf der Verpackung. Diese Idee mag ungewöhnlich sein, hat aber ihren Effekt nicht verfehlt. Denn dieser erste Prosa-Happen auf dem Buchdeckel macht Appetit auf mehr. Und: Der Lesehunger wird im Verlaufe der Lektüre zur Zufriedenheit gestillt, setzt der eingefleischte Döner- und Käsefreund Kumar dem Literatur-Gourmet doch episoden- und reihenweise erlesene Früchte vor. Früchte, die frisch, aromatisch, weil intensiv, und überdies abwechslungsreich sind. Da liest das Auge gerne mit - und darf sich noch dazu an passenden Zeichnungen Michael Blümels erfreuen. Nun entscheidet sich die wahre Größe eines schreibenden Talents womöglich erst mit seinem ersten (längeren) Roman, aber kann nach dem Inhalieren dieser Melange aus feinen Beobachtungen, sensiblen Beschreibungen sowie stimmigen Reportagen und Berichten guten Gewissens behauptet werden, daß sich der "indische Schriftsteller deutscher Zunge" (Kumar über Kumar) auf einem guten Weg dorthin befindet. Denn der aufstrebende Real-Poet ist im Besitz dessen, was nicht allen seiner Zunft vergönnt ist: Zu was er sich auch äußert, mit welchen Worten er auch immer die Seiten zu bedecken versucht, Anant Kumar hat im buchstäblichen Sinne das nötige Händchen, um die "Dinge", um die es ihm geht und die um ihn herumgehen, verbal-emotional zu transportieren. Er schafft es auf (scheinbar) leichtfüßige Art, zwischen den Literatur- und Naturwelten umherzuwandeln und dabei dem Konsumenten seiner Texte ein prägnantes Bild seiner Sichtweisen zu vermitteln, ohne es zu überzeichnen. Wie Kumar überhaupt aus einem für einen Westeuropäer seltsam erscheinenden Gleichgewicht heraus fühlt, denkt und folglich schreibt, was sich wiederum konsequenterweise in einem deutlichen Übergewicht an anspruchsvollen Beiträgen niederschlägt. In welcher Sparte Kumar auch den Bogen spannt, basierend auf einer nahezu ständig durchklingenden Seelenruhe überspannt er ihn niemals, und dies wirkt sich auf den bisweilen zur Hektik neigenden westeuropäischen Leser beruhigend aus, ohne ihn dabei einzuschläfern. So sind beispielsweise Kumars zu Papier gebrachten Naturerlebnisse, die ihren Reiz vor allem aus dem Verweben Indiens und Deutschlands beziehen, nie überzuckert, sondern auf poetische Schreibweise im Wortsinne schlicht und ergreifend schön. Betritt er dann die Bühne des politischen Beobachters, gelingt es ihm durch eine geschickte Kombination aus Zitaten und bloßen atmosphärischen Schilderungen, Kontraste und Kontroversen wie zwischen Ost und West aus seinem indisch-europäischen Blickwinkel verblüffend klar darzulegen (wenngleich der sozialkritische Denkansatz zuweilen von dem klugen Verfasser noch weiterentwickelt hätte werden dürfen). Und wenn der "junge Dandy" (O-Ton Kumar) sein zart verästeltes Ich freilegt, tut er dies an keiner Stelle selbstproduzierend oder gar sich prostituierend, sondern achtet er weise darauf, eine charmant-ironische Distanz zwischen seinem Ich und seinem Autoren-Ich zu bewahren, Kumar hält sich sozusagen vornehm vor sich selbst zurück. Als eine kleine Schwäche mag man es Anant Kumar auslegen, daß er hie und da die Schwelle vom lernenden Lehrenden zum Schulmeister kurzzeitig überschreitet, etwa dann, wenn er Küchenphilosophien über die verzweifelte Suche nach dem treffenden Wort zum Besten gibt: "Die Sprache kann nur versuchen, sich der Wirklichkeit anzunähern und eine gewisse Genauigkeit zu erreichen. Aber sie hat ihre Grenzen." In dieser nicht zum ersten Mal ausgesprochenen Weisheit steckt indes das Können dieses wortgeschliffenen Juwels: Kumar wagt sich auf unprätentiöse Schreibart an seine sprachliche Grenze, schießt aber nicht über das Ziel hinaus, weshalb er es dann schließlich erreicht mit dem Resultat, seiner Leserschaft immer und immer wieder gleichsam spannende und entspannende Texte zu servieren. |
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