Paul Wühr: Was ich noch vergessen habe. Ein Selbstgespräch,
aufgezeichnet von Lucas Cejpek. Verlag Droschl, Graz-Wien 2002.
Die ebenso freimütigen
wie unprätentiösen Erzählungen (Selbstgespräche)
Paul Wührs über Poetologie und Leben stets dicht ineinander
verschränkt , sind in diesem Essay-Band, dem insgesamt 47.
der gleichnamigen Reihe, äußerst achtsam zusammengestellt.
Lucas Cejpek, seit Jahren mit Paul Wühr in persönlichem Kontakt,
hat vor-sichtig wie nachdrücklich die in der Zeit von 17. bis 20.
Juni 2000 auf Le Pierle gemachten Tonbandaufzeichnungen aus Gesprächen
mit dem Autor und seiner Frau Ingrid Poppe, trefflich in diesem Band
zu einem schlüssigen, rauhen, nachgerade kulinarischen Ganzen vereint.
Einfälle, Evokationen, Ausrufe wie: Das ist ein echtes poetisches
Durcheinander! Die Toten sind auch in der Zukunft. Und von dort aus
rufen sie zurück in unsere Gegenwart, und zwar bittend, flehentlich
bittend: Erzählt uns! Das ist für mich eine Poesieformel:
Erzählt uns nach! Erzählt uns vor!
Einen Absatz weiter heißt es: Erzählen ist ungelernt
verdrehen, ist unehrenhaft verlügen, aber verlügen eines anderen,
um sein Leben zu vervielfältigen. Lacht.
Wir sehen den Autor, der so offen über seine poetische Ausrichtung
spricht, über seine politische Einstellung, seine Haltung gegenüber
Frauen und vieles mehr (dies alles so lebendig im Abtausch!), wir sehen
ihn dank der Regiearbeit Cejpeks unmittelbar vor uns,
wir hören seine Stimme, diese Aufzeichnungen sind Körper
geworden, sie muten plastisch an. Sprechen. Aus einer großen künstlerischen
Vitalität heraus. Und wir hören und hören und staunen.
Übrigens, die Uraufführung der Theaterfassung Hier spricht
Paul Wühr, die Cejpek aus dem ersten Autobiografie-Gesprächsband
Wenn man mich so reden hört (Droschl, 1993) und aus
dem vorliegenden erarbeitet hat, findet am 6. September im Literaturhaus
Berlin statt. |