J. S. Piveckova (aka Melusine Barby) wurde 1965 geboren. Sie studierte Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft und Politikwissenschaft in Gießen und Frankfurt. Sie promovierte über den Physiker G. C. Lichtenberg und den englischen Maler William Hogarth. Sie ist in der beruflichen Aus- und Weiterbildung tätig und lebt in der Nähe von Frankfurt a. M.
Das Auge zu zähmen, hatte ich versprochen. Das Auge zu zähmen, heißt jedoch nicht, sich die Welt vertraut machen. Wer zur Augen-Zähmung antritt, muss sich arg hüten, nicht mit den Hütern der Sittlichkeit an einem Strang zu ziehen. Es darf nicht darum gehen, die Augen zu verbinden. Oder ihr Sichtfeld durch Scheuklappen einzuschränken.
Das Auge zu zähmen heißt vielmehr: die Welt als Unvertraute wahrnehmen. Das Geheimnis der Liebe. Blickwechsel. Die nichts durchschauen. Die nichts aufdecken. Die aber sich erkennen im schimmernden Spiegel des anderen Auges. Das fremd doch immer bleibt. Das Auge soll nicht abbilden, sondern einbilden. Die Freisetzung einer ungeheuren Kraft. Die aus dem Dienst genommen wurde durch den aufklärerischen Impetus, in den sie ein Jahrtausend gestellt war: mit den „Augen der Einbildungskraft“ schrieb Loyola in den „Betrachtungen über die Hölle“ sollten „die unermesslichen Feuergluten und die Seelen wie in feurigen Körpern“ gesehen werden. Was der Jesuit beschwor, um zu ängstigen und zu unterwerfen, könnten wir freisetzen, um Lust zu empfinden.
Wir kämpfen an zwei Fronten: gegen die Wächter der Sittlichkeit, die unsere Einbildungskraft in Bahnen lenken wollen und gegen die Wächter der Sicherheit, die uns die Schau stehlen wollen durch ihre gleißenden Scheinwerfer, die alles durchleuchten.
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