Alexander Moritz Frey: Der phantastische Satiriker
von faure
Seine Freunde nannten ihn Amf – und vielleicht hat ihn auch Adolf Hitler, sein Regiments„kamerad“ im Ersten Weltkrieg, im Schützengraben so gerufen: Amf steht für Alexander Moritz Frey. Als Frey 1915 Sanitäter in der gleichen Einheit wurde, in der Hitler Meldegänger war, hatte er zahlreiche Geschichten in Zeitungen und einige Bücher veröffentlicht. Hitler war das ziemlich egal, aber beider Feldwebel Max Amann interessierte sich ausnehmend für die Pressebranche – und fragte Frey darüber ein Loch in den Bauch. Vielleicht hat Frey dadurch unfreiwillig eine unheilvolle Karriere befördert: Amann wurde späterer Reichsleiter der NSDAP-Presse und Herausgeber von Mein Kampf.
Mit diesen Beziehungen hätte Frey locker Feuilletonchef des Völkischen Beobachter werden können (man hat ihm diesen Job angeboten), doch hatte er für das braune Pack nur Verachtung übrig – seine pazifistische Gesinnung hätte man spätestens seinem Feldsanitätsroman Die Pflasterkästen (1929) entnehmen können, der von allen namhaften Rezensenten der Weimarer Republik an die Seite von Remarques Im Westen nichts Neues (wenn nicht darüber) gestellt wurde. Zum Glück war Amf nicht zu Hause, als am 15. März 1933 die Nazis seine Wohnung auseinandernahmen, sofort danach begab er sich ins Exil nach Salzburg, flüchtete später in die Schweiz. Dort lebte und arbeitete er in bitterster Armut bis zu seinem Tod 1957; und hätten ihn nicht Freunde wie Thomas Mann finanziell unterstützt, wäre er wahrscheinlich verhungert.
Vielleicht leitet die von Stefan Ernsting verfaßte Biographie Freys, die Anfang nächsten Jahres unter dem Titel Der phantastische Rebell Alexander Moritz Frey oder Hitler schießt dramatisch in die Luft bei Atrium erscheint, eine Wiederentdeckung dieses brillanten Erzählers und Satirikers ein. Es wäre nicht allein schön, es wäre auch nötig. Wäre Frey bekannter, die Feuilletons hätten ihn sicher in die Schublade „der deutsche Edgar Allan Poe“ gesteckt. Nicht ganz zu Unrecht.
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Alexander Moritz Frey im ZVAB
Der Paß (1915)
Kastan und die Dirnen (1918)
Solneman der Unsichtbare (1914, 1984)
Robinsonade zu Zwölft (1924, 1925)
Arabellas Opferung (1927)
Die Pflasterkästen (1929, 1984)
Das abenteuerliche Dasein (1930)
Der Mensch (1940, 1950)
Spuk auf lsola Rossa (1945)
Birl, die kühne Katze (1945)
Hotel Aquarium (1948)
Kleine Menagerie (1955)
Verteufeltes Theater (1957)
Himmel und Hölle
Zahlreiche Erzählungsbände, darunter:
Dunkle Gänge (1913, 1921)
Der Mörder ohne Tat (1918)
Spuk des Alltags (1920, 2004)
Sprünge. Dreizehn Grotesken (1922)
Der unheimliche Abend (1923)
Phantastische Orgie (1924)
Phantome (1925)
Außenseiter. Zwölf seltsame Geschichten (1926)
Gelichter und Gelächter (1928)
Missetaten. Achtzehn Ereignisse (1928)
Stichwörter:
Erzählungen, Faure, frey, Satire5 Kommentare
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saskia schrieb am December 14, 2006:
Beim Stöbern nach Freys Werken sind mir eben einige wahre Schätzchen begegnet, die ich anderen Lesern nicht vorenthalten möchte: Da wäre zum Beispiel eine signierte Erstausgabe mit 13 Holzschnitten des Expressionisten Nueckel, der die Ausgabe ebenfalls signiert hat – all das für 4500$. Solche Juwele lassen sich auch unter anderen Titeln Freys finden. Es scheint, als hätten seine Werke nicht nur einen literarischen, sondern auch materiellen Wert…
ulli schrieb am December 14, 2006:
Von Frey gibt es viele illustrierte Arbeiten im “expressionistischen Dunstkreis”, die recht teuer sind. Nach dem Krieg hat er auch mit Hans Arp gearbeitet.
Außer “Pflasterkästen” ist auch in der Weimarer Republik von ihm nichts bestsellerverdächtig geworden – das heißt, das meiste ist über die erste Auflage nicht hinausgekommen. Das macht die Sache heut nicht billiger.
Allan Martin schrieb am December 27, 2006:
Seitdem ich vor nunmehr fünfzehn Jahren “Solneman der Unsichtbare” zufällig in die Hände bekam, habe ich sehr viel von Frey gesammelt (oft über zvab) und meist auch mehrfach gelesen. Ich war öfter im Deutschen Literaturarchiv Marbach um seine Korrespondenz zu sichten, und habe dort schließlich seinen großartigen und zutiefst bewegenden (aber tragischerweise unveröffentlichten) Roman “Der Gefallene steht auf” gelesen. Höchste Zeit, daß ein so bedeutender Schriftsteller die ihm gebührende Anerkennung bekommt!
herbert kapfer schrieb am February 4, 2007:
Sowohl Katrin Hoffmann-Walbeck (Ffm. 1984) als auch Hans-Albert Walter (Ffm. 1988) haben sich mit Publikationen zu A.M. Frey verdient gemacht. Ich habe 1988 für denBayerischen Rundfunk eine Porträtsendung mit dem Titel “Umworben und verfemt” verfaßt und würde mich freuen, eines Tages eine Literaturausstellung in München zu A.M. Frey besuchen zu können. Ich habe es bereits angeregt, leider ohne Erfolg. Eine Gesamtausgabe wäre wünschenswert, auch wenn man einräumen muss, dass – ähnlich wie zb. bei E.T.A. Hoffmann – die literarische Qualität seiner Romane bzw. Texte überhaupt höchst unterschiedlich ist. Mein persönlich favorisierter Text ist die Groteske “Versammlung” in dem Band “Spuk des Alltags”.
Elke Büchner schrieb am November 26, 2007:
Ich schreibe gerade meine Magisterarbeit über A.M. Frey… Ein Autor, über den zu schreiben der Professor zwar erlaubte, der ihm jedoch völlig unbekannt ist. Wäre dankbar über jeden Frey-Freund und -Kenner, der an Kommunikation interessiert wäre! Über Zuschriften würde sich freuen,
Elke
elke.buechner@yahoo.de