Mario Adorf

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Mario Adorf auf der Frankfurter Buchmesse 2016

Mario Adorf (* 8. September 1930 in Zürich, Schweiz) ist ein deutscher Schauspieler, Hörspielsprecher und Autor. Seinen Durchbruch hatte er 1957 in dem Kriminalfilm Nachts, wenn der Teufel kam in der Rolle des Serienmörders Bruno Lüdke.[1] Dieter Wedel besetzte ihn u. a. in seinen Mehrteilern Der große Bellheim (1992), Der Schattenmann (1995) und Die Affäre Semmeling (2002) in der Hauptrolle. Er gehört zu den profiliertesten zeitgenössischen Darstellern auf der Bühne, im Kino und im Fernsehen.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herkunft und Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mario Adorf wurde als nichteheliches Kind der aus der Eifel stammenden deutschen Röntgenassistentin und späteren Schneiderin[2] Alice Adorf und eines verheirateten Italieners, des Chirurgen Matteo Menniti aus dem süditalienischen Siderno, in Zürich geboren.[3] Im Alter von drei Jahren musste seine Mutter ihn vorübergehend in ein katholisches Kinderheim geben, weil ihr das Geld für seine Ernährung fehlte.[4] Er wuchs in Mayen in der Eifel auf, wo er nach dem Besuch des Borromäerinnen-Kindergartens und der Volksschule das städtische Realgymnasium absolvierte. Ab 1950 studierte er an der wiedergegründeten Universität Mainz Philosophie, Psychologie, Kriminologie, Literatur, Musikgeschichte und Theaterwissenschaften. Daneben betätigte er sich in einer Studentenboxstaffel sowie auf der Studentenbühne.[5]

Privates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mario Adorfs erste Ehefrau war die Schauspielerin Lis Verhoeven. Aus dieser Beziehung stammt die Tochter Stella Adorf, ebenfalls Schauspielerin. Er ist seit 1985 in zweiter Ehe mit Monique Faye verheiratet.[6]

Adorf lebt in München, Paris und Saint-Tropez.[7] Auf die Frage, was er an seiner Wahlheimat Rom schätzt, wo der Schauspieler jahrzehntelang wohnte, antwortet Mario Adorf in dem Dokumentarfilm Es hätte schlimmer kommen können in Bezug auf die 1960er Jahre: „Meine Vergangenheit. Das war natürlich damals diese Dolce-Vita-Zeit, sowohl vom Leben her, ein sehr leichtes Leben, wo man sehr gut leben konnte, mit wenig Geld auch. Eine sehr gut gelaunte Zeit auch.

Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mario Adorf, 1971
Mario Adorf, 2005

Im Jahr 1953 ging er zur Fortsetzung seines Studiums in seine Geburtsstadt Zürich und arbeitete dort als Statist und Regieassistent am Schauspielhaus Zürich. Kurz darauf brach er sein Studium ab. Es folgte eine Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule in München. 1954 trat er mehrmals an den Münchner Kammerspielen auf. Im Anschluss an seine Schauspielausbildung hatte Adorf von 1955 bis 1962 bei den Münchner Kammerspielen ein Engagement als Schauspieler.

Nach einigen kleineren Filmrollen wurde er durch seine Darstellung des psychopathischen Frauenmörders Bruno Lüdke in Nachts, wenn der Teufel kam bekannt. Danach war er viele Jahre auf „Schurkenrollen“ festgelegt. In Winnetou 1. Teil übernahm er die Rolle von Winnetous bösartigem Gegenspieler Santer, der Winnetous Schwester Nscho-tschi (Marie Versini) erschoss. In einem Interview erklärte Adorf 2013, dass ihn Menschen bis zum heutigen Tag auf diese Rolle ansprechen und beichten, ihm diese Filmtat lange nicht verziehen zu haben.[8] In der Kriminalkomödie Die Herren mit der weißen Weste verkörperte er den Ganoven Bruno „Dandy“ Stiegler.

Erfolge feierte Adorf auch im internationalen Kino. Sein schauspielerisches Repertoire drückte sich meist in Charakteren aus, die zwischen raubeinigen Knechten oder Ganoven und edlen Mafiosi oder ehrenwerten Signori liegen. Auffällig zeigt sich auch Adorfs Vorliebe für die italienische Kultur. In dem italienischen Film Die Ermordung Matteottis spielte er den „Duce“ Mussolini. Andererseits konnte Adorf auch sein komödiantisches Talent mehrfach unter Beweis stellen.

Daneben erhielt er Engagements durch den Jungen Deutschen Film, wie als zwielichtiger Kommissar Beizmenne in Die verlorene Ehre der Katharina Blum oder als Vater Matzerath in der Günter-Grass-Verfilmung Die Blechtrommel. In der Verfilmung des Michael-Ende-Klassikers Momo übernahm er 1986 an der Seite von Hauptprotagonistin Radost Bokel die Rolle des Maurers Nicola. Ab Ende der achtziger Jahre wandelte sich sein Film-Image indes und Adorf wurde zur Idealbesetzung von Patriarchen, insbesondere von mächtigen Unternehmern wie als Brauereimanager in Ex und hopp – Ein böses Spiel um Liebe, Geld und Bier (1991). Dieter Wedel besetzte ihn in seinen Mehrteilern Der große Bellheim (1992), Der Schattenmann (1995) und Die Affäre Semmeling (2002) in der Hauptrolle. Im Dezember 1996 war er in der Titelrolle der Sat.1-Krimireihe Tresko als Kunstsachverständiger Joachim „Jo“ Tresko, dessen Idee zur Figur er und der Autor Peter Zingler sich selbst überlegt hatten, zu sehen. Anfang 1997 beendete Adorf auf eigenen Wunsch die Reihe, um sich um seine damals kranke Mutter zu kümmern.

Im August 2009 stand Adorf als norddeutscher Marzipanfabrikant Konrad Hansen für das zweiteilige Familiendrama Der letzte Patriarch, der zu seinem 80. Geburtstag im September 2010 in der ARD gesendet wurde, neben Hannelore Elsner und Ursula Karven in Hamburg, Lübeck, Shanghai und Singapore vor der Kamera. Mario Adorf erläuterte, warum er die Rolle übernommen habe: „Hansen ist ein charmanter Kotzbrocken, der ganz schön hart sein kann. Aber er erkennt seine Fehler und lernt daraus. Das hat die Rolle für mich so interessant gemacht.“[9]

Als seinen größten Wunsch gab er im Jahre 2010 an, in einer Verfilmung des Lebens von Karl Marx die Hauptrolle übernehmen zu wollen. Adorf hierzu: „Einmal so richtig Karl Marx spielen zu können, das könnte eine besondere Möglichkeit sein.“[10] Im Jahre 2018 spielte er die Hauptrolle in dem ZDF-Doku-Drama Karl Marx – der deutsche Prophet.[11]

2003 war Adorf eines der Gründungsmitglieder der Deutschen Filmakademie. 2007 gehörte er unter dem Vorsitz des US-amerikanischen Filmemachers Paul Schrader zur Jury der Filmfestspiele von Berlin.[12]

Seit 2018 verleihen die Stadt Worms und die Nibelungenfestspiele Worms den nach Adorf benannten Mario-Adorf-Preis. Er wird an Schauspieler, Bühnenbildner, Regisseure oder andere Mitglieder der Nibelungenfestspiele verliehen, die sich durch außergewöhnliche künstlerische Leistung hervorheben. Adorf selbst gehört zum Kuratorium der Festspiele und sitzt in der Jury. Er initiierte 2002 unter anderem die Festspiele und wirkte selbst 2002 und 2003 als Schauspieler mit.[13][14][15]

Adorf betätigt sich neben seinen Arbeiten auf der Bühne und vor der Kamera auch als Sprecher, etwa als Synchronsprecher und Hörspielsprecher. 1999 sprach er den Prolog für das Udo-Jürgens-Lied Die Krone der Schöpfung aus dessen Studioalbum Ich werde da sein. Im selben Jahr übernahm er die Sprechrolle des Richters der Toten im Musical Elisabeth in Essen. Am 26. November 2016 las er die alljährliche Adventsgeschichte in der von Florian Silbereisen moderierten Fernsehshow Das Adventsfest der 100.000 Lichter.

Ein Archiv von Mario Adorfs Werken befindet sich in der Akademie der Künste in Berlin.[16]

Engagement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Politisches Engagement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Adorf plädiert für eine flexiblere Einwanderungspolitik in Deutschland. So müssten die Menschen nicht zwingend integriert oder gar assimiliert werden, vielmehr müsse sich auch die deutsche Gesellschaft anpassen. Das sei in der Vergangenheit mit Italienern und Polen auch gelungen.[17]

Zum Kapitalismus äußerte er sich wie folgt: „Ich glaube nicht an ewiges Wachstum. Irgendwann wird der Kapitalismus am Ende sein.“[18]

Soziales Engagement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Adorf engagiert sich seit 2009 als „Botschafter für gutes Hören“ für die Entstigmatisierung Hörgeschädigter. Zusammen mit einem Hörgerätehersteller wirbt er für einen positiven Umgang mit Hörgeräten und sensibilisiert für die frühzeitige Erkennung und den Ausgleich von Hörminderungen.[19]

Filmografie (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kinofilme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fernsehen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hörspiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erzählungen und Geschichten

  • 1994: Der Dieb von Trastevere. Geschichten aus Italien. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1994, ISBN 3-462-02330-6
  • 1996: Der Fenstersturz und andere merkwürdige Geschichten. Kiepenheuer & Witsch, Köln, ISBN 3-462-02576-7.
  • 2000: Der römische Schneeball. Wahre und erfundene Geschichten. Kiepenheuer & Witsch, Köln, ISBN 3-462-03036-1.
  • 2003: Der Fotograf von San Marco: Die italienischen Erzählungen. Kiepenheuer & Witsch, Köln, ISBN 3-462-03354-9.

Erinnerungen

Gespräch / Interview

  • Gero von Boehm: Mario Adorf. 13. September 2006. Interview in: Begegnungen. Menschenbilder aus drei Jahrzehnten. Collection Rolf Heyne, München 2012, ISBN 978-3-89910-443-1, S. 379–388

Tonträger (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Filmdokumentationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Lebenslänglich Schauspieler – 65 Jahre Mario Adorf Filmporträt von Ilona Kalmbach. Deutschland 1995 (ARD, Eigenproduktion des WDR), 45 Minuten.
  • Die Besten im Westen – Mario Adorf. Filmporträt von Ulrike Brincker. Deutschland 2008 (WDR), 45 Minuten.
  • Es hätte schlimmer kommen können – Mario Adorf. Kinodokumentarfilm von Dominik Wessely. Deutschland 2019, 98 Minuten[21]

Auszeichnungen und Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stern von Mario Adorf auf dem Boulevard der Stars in Berlin, 2010

Ausstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Mario Adorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikinews: Mario Adorf – in den Nachrichten

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. NDR: Mario Adorf ist 90 geworden - und hadert mit erster großer Rolle. Abgerufen am 8. September 2020.
  2. Spiegel Geld 1/2020, S. 23.
  3. Mario Adorf wird 75 Jahre alt. In einem Buch erzählt er vom Leben mit seiner Mutter Alice „Fast wie ein richtiger Herr“ In: Berliner Zeitung, 8. September 2005, abgerufen am 25. Juli 2016.
  4. Schauspieler Mario Adorf (88) unterstützt unsere Initiative „Wir sind doch keine Heimkinder“ auf www.wir-sind-doch-keine-heimkinder.de/, abgerufen am 4. Oktober 2019
  5. Mario Adorf: "Meine Mutter gab mir Sicherheit". In: ZEITmagazin. (zeit.de [abgerufen am 1. Mai 2018]).
  6. Mario Adorf: Süße Liebeserklärung an seine Frau. In: Brigitte.de. G+J Medien GmbH, 23. Dezember 2018, abgerufen am 18. August 2019.
  7. Dokumentarfilm: Es hätte schlimmer kommen können Programmseite auf Homepage von BR-Fernsehen auf www.br.de (Bayerischer Rundfunk), 9. September 2020, abgerufen am 12. September 2020
  8. Mario Adorf fühlt sich von Bösewicht Santer verfolgt In: Focus Online, 5. Dezember 2013, abgerufen am 25. Juli 2016.
  9. Der letzte Patriarch (1) rbb-online.de
  10. Hamburger Abendblatt: Wird der Traum wahr? Mario Adorf will Karl Marx spielen in: Hamburger Abendblatt vom 1. Januar 2010. Abgerufen am 26. Juli 2018.
  11. Film Karl Marx − der deutsche Prophet in der ZDFmediathek
  12. Märchenonkel und Mafiapate (Memento vom 11. September 2010 im Internet Archive) In: news.de (Abgerufen am 8. September 2010.)
  13. VRM GmbH & Co KG: Worms: Stadt vergibt Mario-Adorf-Preis - Wormser Zeitung. Abgerufen am 24. Juni 2019.
  14. Mario-Adorf-Preis - Nibelungen-Festspiele Worms. Abgerufen am 24. Juni 2019.
  15. WELT: Ursula Strauss erhält Mario-Adorf-Preis. 5. August 2018 (welt.de [abgerufen am 24. Juni 2019]).
  16. Mario-Adorf-Archiv Bestandsübersicht auf den Webseiten der Akademie der Künste in Berlin.
  17. Interview von Christine Eichel: Ich war Kriegsfreiwilliger, in Cicero, abgerufen am 26. Juli 2018
  18. Mario Adorf prophezeit Ende des Kapitalismus. In: Recklinghäuser Zeitung
  19. Botschafter Mario Adorf (Memento vom 18. Januar 2016 im Internet Archive) bei widex-Hörgeräte
  20. Tom Strohschneider: Der große Stirnrunzler; Rezension zum Film vom 28. April 2018 für die Wochenzeitung Die Zeit (online auf zeit.de, abgerufen am 28. April 2018)
  21. Es hätte schlimmer kommen können – Mario Adorf | It Could Have Been Worse – Mario Adorf. Abgerufen am 10. Juni 2019.
  22. Mario Adorf mit der «Goldenen Zeile» ausgezeichnet. In: Mitteldeutsche Zeitung. (mz-web.de [abgerufen am 17. Mai 2017]).
  23. ddp Deutscher Depeschendienst GmbH: Mario Adorf bekommt den Orden, vom 6. Februar 2009, abgerufen am 6. Februar 2009.
  24. Mario Adorf erhält Ehrendoktorwürde der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Meldung in: Informationsdienst Wissenschaft vom 10. November 2010, abgerufen am 11. November 2010.
  25. Mario Adorf erhält die Ehrendoktorwürde der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, mit Bildern und Videolink, vom 19. November 2010, abgerufen am 23. November 2010.
  26. Mayen benennt Burgweg nach Mario Adorf. In: Rhein-Zeitung, 30. Juni 2014, abgerufen am 25. Juli 2016.
  27. Ehrenpreis für Mario Adorf beim Filmfestival Locarno (Memento vom 21. August 2016 im Internet Archive) In: idowa.de, 8. August 2016.