Nowy Tomyśl
Nowy Tomyśl | ||
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Basisdaten | ||
Staat: | Polen | |
Woiwodschaft: | Großpolen | |
Powiat: | Nowotomyski | |
Fläche: | 5,20 km² | |
Geographische Lage: | 52° 19′ N, 16° 8′ O | |
Höhe: | 70 m n.p.m. | |
Einwohner: | 14.574 (30. Jun. 2019)[1] | |
Postleitzahl: | 64-300, 64-301 | |
Telefonvorwahl: | (+48) 61 | |
Kfz-Kennzeichen: | PNT | |
Wirtschaft und Verkehr | ||
Straße: | A2 | |
Schienenweg: | Berlin–Warschau | |
Nächster int. Flughafen: | Posen-Ławica | |
Gmina | ||
Gminatyp: | Stadt- und Landgemeinde | |
Gminagliederung: | 18 Schulzenämter | |
Einwohner: | 26.965 (30. Jun. 2019)[1] | |
Gemeindenummer (GUS): | 3015043 | |
Verwaltung (Stand: 2007) | ||
Bürgermeister: | Henryk Helwing | |
Adresse: | ul. Poznańska 33 64-300 Nowy Tomyśl | |
Webpräsenz: | www.nowytomysl.pl |
Nowy Tomyśl (deutsch bis 1875 Neutomysl, danach Neutomischel) ist eine polnische Kreisstadt in der Woiwodschaft Großpolen. Mit den 18 umliegenden Dörfern bildet sie eine von vier Stadt- und Landgemeinden im nach ihr benannten Powiat Nowotomyski.
Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Stadt liegt etwa 60 Kilometer westlich der Stadt Posen und 40 Kilometer Luftlinie südöstlich der Stadt Meseritz (Międzyrzecz).
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Archäologische Funde deuten auf eine Besiedlung der Region schon vor 11.000 Jahren hin.

Im 18. Jahrhundert wurde die damals sehr waldreiche Grafschaft von hauländischen Kolonisten besiedelt. Siedler konnten vom Grafen Feliks Szołdrski zu günstigen Konditionen Waldflächen an den Flüssen Dojca, Czarna Woda (Schwarzwasser) und Szarka erwerben, um diese urbar zu machen. Von dieser Möglichkeit machten auch Polen sowie aus Brandenburg, Schlesien und Pommern kommende Deutsche Gebrauch.
Die eigentliche Stadtgeschichte Neutomischels beginnt etwa 1780. Um diese Zeit kamen Scharen evangelischer Einwanderer aus Brandenburg ins damals noch polnische Dorf Tomysl, die ihre Heimat aufgrund der dort angewandten rigiden Rekrutierungsmaßnahmen verlassen hatten.[2] Sie wurden unter anderem im Hopfenanbau eingesetzt, der um diese Zeit in der Grafschaft zu florieren begann.[2] Für diese zumeist protestantischen deutschen Siedler wurde 1778/79 mit Unterstützung Szołdrskis, der selbst Katholik war,[3] eine Kirche errichtet. Szołdrski sorgte auch dafür, dass um die Kirche herum eine Stadt als Zentrum für die umliegenden Siedlungen entstand. Am 8. April 1786 erhielt die neue Ortschaft, die zunächst Neu-Tomysl hieß, das Stadtrecht; das Dorf Tomysl wurde in Alt-Tomysl (Stary Tomyśl) umbenannt.

Am 14. November 1804 wurden in Neu-Tomysl durch eine Feuersbrunst, die abends gegen 23 Uhr ausgebrochen war, siebzehn Wohngebäude und zwei mit Getreide gefüllte Scheunen vernichtet, wovon dreißig Familien betroffen waren.[4]
Mit der Teilung Polens 1793 kam die Stadt an Preußen. Unter dem Einfluss Napoleons gehörte die Stadt von 1807 bis 1815 zum Herzogtum Warschau. Als Ergebnis des Wiener Kongresses fiel sie wieder an Preußen, 1848 wurde sie Kreisstadt. Bei der Volkszählung 1905 waren 92 % der Bevölkerung von Neutomischel deutschsprachig.[5]
Nach dem Ersten Weltkrieg brachten am 3. Januar 1919 rund dreihundert mit Gewehren, Maschinengewehren und Handgranaten bewaffnete polnische Milizionäre die Stadt in ihre Gewalt und besetzten die öffentlichen Gebäude.[6] Im Rahmen des Versailler Vertrags wurde so die Stadt nach etwa 125 Jahren wieder polnisch. Sie war bis zu diesem Zeitpunkt Verwaltungssitz des Kreises Neutomischel in der preußischen Provinz Posen gewesen.
In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war die deutsche Bevölkerung Repressalien ausgesetzt. So weigerte sich beispielsweise 1937 die polnische Behörde, ein in Neutomischel neuerbautes Privatschulhaus in Betrieb nehmen zu lassen, weshalb 57 deutsche Eltern in den Schulstreik traten.[7][8] Umgekehrt hatte nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht 1939 die polnische Bevölkerung unter der Germanisierungspolitik während des Zweiten Weltkrieges zu leiden; nicht wenige Einwohner wurden zu Zwangsarbeit verpflichtet.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs besetzte am 27. Januar 1945 die Rote Armee die Stadt. Die verbliebenen deutschen Bewohner wurden in der Folgezeit von der örtlichen polnischen Verwaltungsbehörde vertrieben.
Einwohnerzahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- 1800: 430, in 60 Wohnhäusern (davon eines mit Ziegeldach), vorwiegend Evangelische, keine Juden[3]
- 1805: 435 Deutsche, in 65 Häusern[9]
- 1816: 597[10]
- 1837: 748[3]
- 1861: 1.188[3]
- 1885: 1.801, darunter 302 Katholiken und 171 Juden[11]
- 1905: 1.985, hauptsächlich Protestanten sowie 359 Katholiken und 113 Juden (1.823 Deutsche, 162 Polen)[12]
Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wappen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Wappen Nowy Tomyśls stellt ein gelbes hölzernes Boot auf rotem Grund dar.
Städtepartnerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mit dem brandenburgischen Amt Biesenthal-Barnim wurde am 13. Dezember 1999 nach mehreren Treffen ein Partnerschaftsvertrag über gegenseitige kommunale Zusammenarbeit unterzeichnet.[13][14]
Mit der deutschen Stadt Goch (Niederrhein) besteht seit dem 15. März 1997 eine Partnerschaft, die bereits 1994 initiiert wurde.
Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Korbwaren- und Hopfenmuseum
Museen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Museum für Korbmacherei und Hopfenanbau
Bauwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mehrere Bauwerke aus der Anfangszeit der Stadt sowie aus dem 19. Jahrhundert sind erhalten geblieben, wie die 1778 errichtete, bis 1945 evangelische, danach katholische Herz-Jesu-Kirche, die 1895 für Katholiken errichtete Kirche der Muttergottes der unablässigen Hilfe, das Rathaus (1879), die Mühle (1885) und der Wasserturm.
Während der Zeit der holländischen Besiedlung entstanden die umliegenden Dörfer als Streusiedlungen, mehrere Gehöfte aus dieser Zeit sind erhalten geblieben.
Seit 2012 stehen in Nowy Tomysl die höchsten Windkraftanlagen der Welt.
Parks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
1972 wurde im Südosten der Stadt ein 34 ha großer Erholungspark angelegt. Etwa 10 % davon nimmt der 1974 eingerichtete zoologische Garten ein. Er beherbergt exotische und geschützte Tierarten, der Eintritt war bis Ende des Jahres 2014 kostenlos.
Gemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Stadt- und Landgemeinde umfasst neben dem Hauptort Nowy Tomyśl 18 Dörfer.
Name | deutscher Name (1815–1919) |
deutscher Name (1939–45) |
Einwohnerzahl (2008)[15] |
---|---|---|---|
Bukowiec | Bukowiec | 1939–43 Buchenhain 1943–45 Buckwitz |
1022 |
Boruja Kościelna | Kirchplatz Borui | Kirchplatz | 972 |
Cicha Góra | Cichagora 1906–19 Schichagora |
Ziegenkrug | 411 |
Chojniki | Kunik | Tannenwalde | 118 |
Glinno | Glinau | Glinau | 1256 |
Grubsko | Grubske | Buschdorf | 101 |
Jastrzębsko Stare | Friedenhorst | Friedenhorst | 651 |
Kozie Laski | Kozielaske 1901–19 Königsfelde |
(zu Königsfelde) | 171 |
Nowa Boruja | Neu Borui | Neu Hopfengarten | 575 |
Nowa Róża | Neurose | Neurose | 134 |
Nowy Tomyśl | Neutomysl 1875–1919 Neutomischel |
Neutomischel | 15.258 |
Paproć | Paprotsch | Hopfengrund | 799 |
Przyłęk | Scherlanke | Scherlanke | 585 |
Róża | Rose | Rose | 186 |
Sątopy | Sontop | Sontop | 599 |
Sękowo | Zinskowo 1901–19 Friedenwalde |
Friedenwalde | 419 |
Stary Tomyśl | Alttomysl 1875–1919 Alttomischel |
Königsfelde | 594 |
Szarki | Scharke | Hohenbrück | 137 |
Wytomyśl | Witomysl 1875–1919 Witomischel |
Bruchdorf | 517 |
Söhne und Töchter der Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Johann Gottlieb Otto Tepper (1841–1923), deutsch-australischer Entomologe
- Conrad Matschoss (1871–1942), Ingenieur und Hochschullehrer
- Heinrich Klumbies (1905–1994), Maler
- Amei-Angelika Müller (1930–2007), Autorin
- Tomasz Tomiak (1967–2020), Ruderer
- Paweł Najdek (* 1973), Gewichtheber
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 385.
- Arno Kraft: … und dazwischen Neutomischel. Eigenverlag Arno Kraft, Berlin 1998, ISBN 3-00-002419-0.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ a b Population. Size and Structure by Territorial Division. As of June 30, 2019. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 0,99 MiB), abgerufen am 24. Dezember 2019.
- ↑ a b E. Helwing: Ueber den Hopfenbau im preussischen Staate. In: Zeitschrift des Königl. Preußischen Statistischen Bureaus Nr. 2, Berlin, Dezember 1860, S. 82–84, insbesondere S. 83, rechte Spalte ff.
- ↑ a b c d Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 385.
- ↑ Preußisch-Brandenburgische Miszellen. Jahrgang 1804, Band 1, Berlin 1804, S. 134.
- ↑ Gemeindelexikon für das Königreich Preußen. Auf Grund der Materialien der Volkszählung vom 1. Dezember 1905 und anderer amtlicher Quellen. Heft V. Provinz Posen (Berlin 1908), S. 102–103.
- ↑ Paul Paetzold: Wie Neutomischel polnisch wurde. Aus den Schicksalstagen Posens 1918/19. Berlin 1928.
- ↑ Albert S. Kotowski: Polens Politik gegenüber seiner deutschen Minderheit 1919–1939. Harrassowitz, Wiesbaden 1998, ISBN 3-447-03997-3, S. 291.
- ↑ Ingo Eser: »Volk, Staat, Gott!«. Die deutsche Minderheit in Polen und ihr Schulwesen 1918–1939. Harrassowitz, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-447-06233-6, S 626–627.
- ↑ Wolfgang Jäger: Geographisch-Historisch–Statistisches Zeitungs-Lexikon. Band 2: J – Q, Nürnberg 1808, S. 429.
- ↑ Alexander August Mützell: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des Preussischen Staats. Band 5: T – Z, Halle 1823, S. 28, Nr.1007.
- ↑ Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. Landkreis Neutomischel. (Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006).
- ↑ Gemeindelexikon für das Königreich Preußen. Auf Grund der Materialien der Volkszählung vom 1. Dezember 1905 und anderer amtlicher Quellen. Heft V. Provinz Posen (Berlin 1908), S. 102–103.
- ↑ Biesenthal. In: Website von Nowy Tomyśl. Abgerufen am 4. April 2013.
- ↑ Internationale Partnerschaft mit der Gemeinde Nowy Tomysl. In: Website des Amtes Biesenthal-Barnim. Abgerufen am 4. April 2013.
- ↑ Demografia w gminie Nowy Tomyśl. Archiviert vom Original am 28. April 2008; abgerufen am 10. November 2008.