An diesem Morgen wird nicht aufgewacht.
Durchs Tor schwebst du als Traum von dir.
Dich selbst siehst du dem Wald zueilen.
Er breitet seine Arme aus und öffnet weit das Aug.
Du rollst dorthin als Glanz, was du nicht siehst.
Du sagst: ich singe leis im Traum.
Dein Wort das du nicht sprichst ...
Ist es der Rauch der über Dächer steigt?
Ist es die Wärme die aus Häusern rinnt?
Du weißt es nicht ...
Geh wandern, Annuschka moja,
von Baum zu Baum, die alle gläsern sind.
Umarmst du sie – verdunkelt sich ihr Saft
zur Farbe deines Leibs. Lässt du sie los –
verbleichen sie. Und gehst du weiter,
da lichtet sich der Wald zum Teich,
in dem du schwimmst. Ein Fisch streift dich,
ein trauriges Juwel, mit dem du tanzt,
bis dir die Luft ausgeht. Ein letzter Blick
und schon haucht er in dich sein Leben ein
im Kuss der blendend schmeckt.
An diesem Morgen wachst du auf.
Du schwebst durchs Tor an Hütten vorbei.
Die Frauen am Fenster bekreuzigen sich
und die Kinder treten heraus. Es ist,
als stünde in Flammen dein Leib,
als kämest du aus dem Eis.
17.01.2009 14:49:03
Annuschka II
Du erinnerst dich: durchsichtige Stämme der Bäume,
langsames Blut das da eilt wie ein Blitz;
im Kreis stehen sie alle und singen so leise,
dass der Donner seinem Nest entfällt –
ein Schlag der nicht eintreffen will.
Es wächst sein Fehlen immer mehr
und weiter nichts.
Du misst das Land von Tag zu Tag
mit Wolken die du bläst, mit Herden
die du treibst über die Erde,
die so zärtlich schwankt, dass Berge knien.
„Sie knien vor ihr ob früh oder spät“
Das wusstest du, bevor du auf die Erde kamst
aus einem Berg heraus, aus seiner Brust.
Du erinnerst dich: ein Bienenschwarm
– die Zeit, die schnitt dir einen Leib,
der Atem floss golden in dich,
alles was war, als war es gar nicht,
als wäre das Wahre das was nie war.
Du sagst: „Nur davor geh´ ich in die Knie“
Und du kniest und du sinkst ...
07.01.2009 23:34:41
Annuschka I
(Schlaflied)
Ein Vorbild ist der Mensch
der betet mit dem Blick.
Ein Stern tritt scheu hervor
wie Tau an seiner Stirn.
Er betet, und es summt ein Lied
in seinem Mund
von Fischern, Ferne und von Lust.
Er will nichts wollen.
Er betet mit dem Blick,
das Lied summt mit,
es summt so fleißig wie sein Blut
in ihm die Wege geht. Er betet mit dem Blick,
er schüttelt sanft den Kopf. Was soll er tun?
An Fäden gleiten Engel schon herab
Es regnet wohl. In seinen Augen
ein trüber Tag, in seinen Augen nichts
was etwas sagen will, doch es sagt,
es sagt was er nicht ahnt.
Ein Vorbild ist der Mensch,
er schüttelt seinen Kopf. Was
soll er tun? Er betet mit dem Blick.
so fleißig wie sein Blut in ihm die Wege geht.
Das Lied summt mit. Wie Tau an seiner Stirn der Stern,
er tritt hervor...