Du legst Breygers Satz: “Die Annahme, es gäbe eine sogenannte hermetische Lyrik, die nur szenelesbar oder intelektuell [sic] verklärt, sei und dem gegenüber stehe die andere 'verständliche' Lyrik, ist tatsächlich dermaßen absurd und verklärend, dass ich nicht das Gefühl habe, dafür noch argumentieren zu müssen, das wurde genügend getan.” ganz ehrlich Frank, äußerst parteiisch aus. Es ist ja keine Ansage vor allem Anfang. Sondern etwas anderes war geschehen: Man hatte ihn gefragt, ob er bereit sei, über seine Gedichte mit anderen Leuten zu reden. Er hatte zugesagt. Nun schienen die Leute gern stattdessen über etwas anderes mit ihm reden zu wollen: Über eine poetologische These (die ich, aber das tut nix zur Sache, auch für Bullshit halte.). Er ist zurückhaltend genug nicht einmal zu sagen: „Ich habe das Gefühl, ihr haltet Euch nicht an die Verabredung“. Sondern er rechtfertigt lediglich sein Schweigen in dieser Debatte, indem er seine Position zu diesem Problem kurz ansagt, und seine Bereitschaft bekräftigt, wie abgemacht weiter über seine Gedichte zu reden.
Das Du „zum Beispiel ungern in einem übergaren Bereich umherstochern“ möchtest, glaube ich Dir aufs Wort. (Ich denke, Du vergibst Dir manchmal etwas damit, weil man es manchmal erst sehr spät sieht, ob etwas ungar ist, oder mir sich nicht erschließt, ich stände heute noch z.B. bei Monika Rinck außen vor, wenn ich diesen Verdacht weiter gehegt hätte. Das wäre sehr traurig für mich, aber das gehört nicht hierher.)
Ja, der Schlüssel hat weniger mit verstehen als mit „sagen, was es heißt“ zu tun, auf das Schule uns alle trainiert hat.
Und Du meinst jetzt, wenn Breyger tolerant genug ist, eigenwillige Deutungen seiner Texte zuzulassen (und sei es eben, weil Leser das gerne machen) dann hieße das, seine Gedichte wären entweder „übergar“ oder gleich noch „offenbar beliebig“ ? Da brauch ich nicht drüber reden, da kannst erstmal reinschauen in den Band ...
Frank, Du spielst allenfalls einen Normalleser, keinen unbelekten Leser. (Zu zielst vollkommen vorbei an letzterem!) Der Normalleser ist durch den Deutschunterricht gegangen, dem sind solche Fragen der richtigen Lesart wichtig. Der kleine Unel ekt, ich kenne ihn auch, hat sich darum nicht geschert. Der hat gelesen und sich einen Reim drauf gemacht. Was er eben im Text fand.
Ich wusste nichts über Goethes Schreibprozess, als ich einen Band als Kind las. Ich habe nicht alles verstanden, aber manches Gedicht sagte mir zu. Ich habe z.B. auch nicht gewusst, dass „Sah ein Knab ein Röslein stehen“ oder „ich ging im Walde so für mich hin“ allegorische Lesarten haben, was bei adäquater Lektüre sicher zu beachten wäre. Und Goethes Intentionen waren mir auch wurscht. Un- Beleckt hat nicht gefragt: „was ist mit deiner Realität, kannst du mir etwas über die deine sagen?“ die Texte handelten eben von Blumen(nicht)pflücken, fertig. Oder das Flohlied, aus dem Faust (stand im „kleinen Trompeterbüchlein auch drin“) Eine verwickelte politische Allegorie, zusätzlich noch überformt, insofern sie einem Charakter des Stückes in den Mund gelegt wurde. Also: Selbst Margots Volksdidaktik traute Unbel Eckt mehr zu als Du.
Ähnlich Brecht „Die Häuser sollen nicht brennen“. Mich sprach der Text sogleich an, weil er als Gebet in der sch... Schule etwas vertrautes, ein Stück zu Hause verkörperte. Das dürfte ziemlich das Gegenteil von Brechts Ziel gewesen sein, der die umgekehrte Richtung ging: etwas Christliches zu sekularisieren, der Kirche zu entreißen, indem er sich in deren Sprachgebräuche einschrieb. Die historische Situation hatte sich geändert: Zu meiner Zeit war es schon eine Rückkehr des Sprachgebrauchs.
Du als „Normalverbraucher“ bist also ein Herr Be leckt.
Abgesehen davon, dass ich auch in anderen Fragen des Konsums mich als Verbraucher nicht ernst genommen fühle, wenn ich im Supermarkt nicht das kaufen kann, was am besten und billigsten wäre für einen bestimmten Zweck, sondern das, was eben auch die anderen gerne kaufen. Gerade bei etwas wie Kunst sollten wir doch nicht denken: „eines für alle“!
Du Schreibst „Dann wird Unbel Eckt erfahren, daß er mit völlig falschen Voraussetzungen an die Texte seines Gegenübers gegangen ist und nicht das Gedicht, sondern er selbst schuld ist“ Das mag für Dich gelten, ich denke, der kleine Unbel eckt hat eben gemacht, was er mit Texten so macht und war eben klargekommen oder nicht. Du als Informierter Rezensent verabsolutierst einen zwar interessanten, aber nicht ausschließlich möglichen Umgang mit Texten. Es gibt für studierte Leute wie Breyger und mich Unbel Eckt also durchaus, er macht seins, egal, was er gelernt hat, ich bin sogar heilfroh, weil mit dem Normalleser, den Du hier vorführst, so schlecht reden ist.
Du interpretierst einen verärgerten Spruch (misswollend) über “das gedicht ist mir zu dumm, um es ordentlich abzuhandeln.” Was im Kontext „ordentlich abhandeln“ meint, weißt Du selbst, der Autor hat eine Skizze dessen kurz unter der Stelle geliefert. Du stellst Dich dumm, weil Dein Entlarvungseifer mit Dir durchgeht. Schon aus dem oben von Dir angegriffenen Zitat ersiehst Du, dass Breyger DIE eine ordentliche Umgangsweise mit Texten nicht fordern würde.
Du machst Vorschläge, was man mit Gedichten machen kann und was nicht. Probiere es mit Breyger aus und sage, was Du kannst und was nicht. (Das „man“ ist mir nicht so angenehm in Deinen Formulierungen.)
Ich halte den Satz für problematisch: „Ein Gedicht ist ohne seine vermuteten oder gewußten poetologischen Fundamente nicht komplett. Es ist m.E. dann gut, wenn man diese Fundamente herausspürt, wenn man dem Gedicht das ausfühlen kann.“ Gedichtlektüren scheitern oft, weil eine winzige Voraussetzung dem Leser nicht klar ist. Man müsste seine Auffassungsgabe für verbindlich erklären, damit die eigene Schulbildung usf. So viel Affirmation der herrschenden Verhältnisse, da wird mir echt schummerig. Jeder Normalleser kann z.B. leicht eine sapphische Ode erkennen. (Es gab Zeiten, da wars eben so.) Aber auch Profis übersehen das oft. Sollen allein deshalb solche Strophenformen akademistisch sein plötzlich? Oder Bibelzitate in Gedichten entschlüsseln hat früher jedes Kind gekonnt, heute braucht man Fußnoten. Soll das ein Makel des Gedichts sein? Nein es ist sicher kein Makel des Gedichts, wenn es nicht eins zu eins an den Mainstream des Gewussten anknüpft.
Es gibt also viel banalere Gründe, dass ein Gedicht geheimnisvoller ist, als Gedichtprofiler in Spe auch nur sehen können: Soziologie der Gewohnheiten. Um hier noch ein Paradebeispiel für (pejorativ gemeinte) „Unverständlichkeit“, wie das durch die Medien geistert, aufzunehmen: Bert Papenfuß ist mit seinen merkwürdigen Texten durch die Jugenclubs der späten DDR getingelt. Sollte der FDJ-ler der späten DDR mehr von Gedichten verstanden haben, als der Oberstudienrat von heute? Ja vielleicht: Dass man sich nicht daran scheren braucht, was der Deutschlehrer bis zum Abwinken gepredigt hat, um Zugang zu Dichtung zu gewinnen. Ich rate dazu, vor dem Wissen von irgendwelchen Normallesern immer Hochachtung zu haben, und kein zu didaktischeds Verhältnis dazu zu gewinnen. (Als Dichter, wie als Rezensent!) Auch die von Dir angesprochenen Jurys haben das oft nicht.
Mehr lässt sich ohne Beispiele für Deinen Umarmungsversuch, Deine Bekenntnisse zur Schwierigkeit und deren Missglücken hier nicht sagen.
Du forderst: Man sollte sich nicht versperren, den Weg aufzuweisen, den man als Dichter gegangen ist. Ich denke, das ist eine Frage von Fall zu Fall. Es ist etwas anderes, ob ich etwas in ein Gedicht schreibe oder in einen Essay/Gespräch ... Manchmal bleibt der Leser halt bei Gedichten auf sich gestellt und das ist manchmal auch gut so. Und sei es weil explizite Botschaften sozial, (manchmal gar juristisch) sanktionierbar sind. Dass man das sich manchmal anders wünscht, ist eine andere Frage, aber nicht nur Breygers „Schuld“.
Du legst Breygers Satz: “Die Annahme, es gäbe eine sogenannte hermetische Lyrik, die nur szenelesbar oder intelektuell [sic] verklärt, sei und dem gegenüber stehe die andere 'verständliche' Lyrik, ist tatsächlich dermaßen absurd und verklärend, dass ich nicht das Gefühl habe, dafür noch argumentieren zu müssen, das wurde genügend getan.” ganz ehrlich Frank, äußerst parteiisch aus. Es ist ja keine Ansage vor allem Anfang. Sondern etwas anderes war geschehen: Man hatte ihn gefragt, ob er bereit sei, über seine Gedichte mit anderen Leuten zu reden. Er hatte zugesagt. Nun schienen die Leute gern stattdessen über etwas anderes mit ihm reden zu wollen: Über eine poetologische These (die ich, aber das tut nix zur Sache, auch für Bullshit halte.). Er ist zurückhaltend genug nicht einmal zu sagen: „Ich habe das Gefühl, ihr haltet Euch nicht an die Verabredung“. Sondern er rechtfertigt lediglich sein Schweigen in dieser Debatte, indem er seine Position zu diesem Problem kurz ansagt, und seine Bereitschaft bekräftigt, wie abgemacht weiter über seine Gedichte zu reden.
Das Du „zum Beispiel ungern in einem übergaren Bereich umherstochern“ möchtest, glaube ich Dir aufs Wort. (Ich denke, Du vergibst Dir manchmal etwas damit, weil man es manchmal erst sehr spät sieht, ob etwas ungar ist, oder mir sich nicht erschließt, ich stände heute noch z.B. bei Monika Rinck außen vor, wenn ich diesen Verdacht weiter gehegt hätte. Das wäre sehr traurig für mich, aber das gehört nicht hierher.)
Ja, der Schlüssel hat weniger mit verstehen als mit „sagen, was es heißt“ zu tun, auf das Schule uns alle trainiert hat.
Und Du meinst jetzt, wenn Breyger tolerant genug ist, eigenwillige Deutungen seiner Texte zuzulassen (und sei es eben, weil Leser das gerne machen) dann hieße das, seine Gedichte wären entweder „übergar“ oder gleich noch „offenbar beliebig“ ? Da brauch ich nicht drüber reden, da kannst erstmal reinschauen in den Band ...
Frank, Du spielst allenfalls einen Normalleser, keinen unbelekten Leser. (Zu zielst vollkommen vorbei an letzterem!) Der Normalleser ist durch den Deutschunterricht gegangen, dem sind solche Fragen der richtigen Lesart wichtig. Der kleine Unel ekt, ich kenne ihn auch, hat sich darum nicht geschert. Der hat gelesen und sich einen Reim drauf gemacht. Was er eben im Text fand.
Ich wusste nichts über Goethes Schreibprozess, als ich einen Band als Kind las. Ich habe nicht alles verstanden, aber manches Gedicht sagte mir zu. Ich habe z.B. auch nicht gewusst, dass „Sah ein Knab ein Röslein stehen“ oder „ich ging im Walde so für mich hin“ allegorische Lesarten haben, was bei adäquater Lektüre sicher zu beachten wäre. Und Goethes Intentionen waren mir auch wurscht. Un- Beleckt hat nicht gefragt: „was ist mit deiner Realität, kannst du mir etwas über die deine sagen?“ die Texte handelten eben von Blumen(nicht)pflücken, fertig. Oder das Flohlied, aus dem Faust (stand im „kleinen Trompeterbüchlein auch drin“) Eine verwickelte politische Allegorie, zusätzlich noch überformt, insofern sie einem Charakter des Stückes in den Mund gelegt wurde. Also: Selbst Margots Volksdidaktik traute Unbel Eckt mehr zu als Du.
Ähnlich Brecht „Die Häuser sollen nicht brennen“. Mich sprach der Text sogleich an, weil er als Gebet in der sch... Schule etwas vertrautes, ein Stück zu Hause verkörperte. Das dürfte ziemlich das Gegenteil von Brechts Ziel gewesen sein, der die umgekehrte Richtung ging: etwas Christliches zu sekularisieren, der Kirche zu entreißen, indem er sich in deren Sprachgebräuche einschrieb. Die historische Situation hatte sich geändert: Zu meiner Zeit war es schon eine Rückkehr des Sprachgebrauchs.
Du als „Normalverbraucher“ bist also ein Herr Be leckt.
Abgesehen davon, dass ich auch in anderen Fragen des Konsums mich als Verbraucher nicht ernst genommen fühle, wenn ich im Supermarkt nicht das kaufen kann, was am besten und billigsten wäre für einen bestimmten Zweck, sondern das, was eben auch die anderen gerne kaufen. Gerade bei etwas wie Kunst sollten wir doch nicht denken: „eines für alle“!
Du Schreibst „Dann wird Unbel Eckt erfahren, daß er mit völlig falschen Voraussetzungen an die Texte seines Gegenübers gegangen ist und nicht das Gedicht, sondern er selbst schuld ist“ Das mag für Dich gelten, ich denke, der kleine Unbel eckt hat eben gemacht, was er mit Texten so macht und war eben klargekommen oder nicht. Du als Informierter Rezensent verabsolutierst einen zwar interessanten, aber nicht ausschließlich möglichen Umgang mit Texten. Es gibt für studierte Leute wie Breyger und mich Unbel Eckt also durchaus, er macht seins, egal, was er gelernt hat, ich bin sogar heilfroh, weil mit dem Normalleser, den Du hier vorführst, so schlecht reden ist.
Du interpretierst einen verärgerten Spruch (misswollend) über “das gedicht ist mir zu dumm, um es ordentlich abzuhandeln.” Was im Kontext „ordentlich abhandeln“ meint, weißt Du selbst, der Autor hat eine Skizze dessen kurz unter der Stelle geliefert. Du stellst Dich dumm, weil Dein Entlarvungseifer mit Dir durchgeht. Schon aus dem oben von Dir angegriffenen Zitat ersiehst Du, dass Breyger DIE eine ordentliche Umgangsweise mit Texten nicht fordern würde.
Du machst Vorschläge, was man mit Gedichten machen kann und was nicht. Probiere es mit Breyger aus und sage, was Du kannst und was nicht. (Das „man“ ist mir nicht so angenehm in Deinen Formulierungen.)
Ich halte den Satz für problematisch: „Ein Gedicht ist ohne seine vermuteten oder gewußten poetologischen Fundamente nicht komplett. Es ist m.E. dann gut, wenn man diese Fundamente herausspürt, wenn man dem Gedicht das ausfühlen kann.“ Gedichtlektüren scheitern oft, weil eine winzige Voraussetzung dem Leser nicht klar ist. Man müsste seine Auffassungsgabe für verbindlich erklären, damit die eigene Schulbildung usf. So viel Affirmation der herrschenden Verhältnisse, da wird mir echt schummerig. Jeder Normalleser kann z.B. leicht eine sapphische Ode erkennen. (Es gab Zeiten, da wars eben so.) Aber auch Profis übersehen das oft. Sollen allein deshalb solche Strophenformen akademistisch sein plötzlich? Oder Bibelzitate in Gedichten entschlüsseln hat früher jedes Kind gekonnt, heute braucht man Fußnoten. Soll das ein Makel des Gedichts sein? Nein es ist sicher kein Makel des Gedichts, wenn es nicht eins zu eins an den Mainstream des Gewussten anknüpft.
Es gibt also viel banalere Gründe, dass ein Gedicht geheimnisvoller ist, als Gedichtprofiler in Spe auch nur sehen können: Soziologie der Gewohnheiten. Um hier noch ein Paradebeispiel für (pejorativ gemeinte) „Unverständlichkeit“, wie das durch die Medien geistert, aufzunehmen: Bert Papenfuß ist mit seinen merkwürdigen Texten durch die Jugenclubs der späten DDR getingelt. Sollte der FDJ-ler der späten DDR mehr von Gedichten verstanden haben, als der Oberstudienrat von heute? Ja vielleicht: Dass man sich nicht daran scheren braucht, was der Deutschlehrer bis zum Abwinken gepredigt hat, um Zugang zu Dichtung zu gewinnen. Ich rate dazu, vor dem Wissen von irgendwelchen Normallesern immer Hochachtung zu haben, und kein zu didaktischeds Verhältnis dazu zu gewinnen. (Als Dichter, wie als Rezensent!) Auch die von Dir angesprochenen Jurys haben das oft nicht.
Mehr lässt sich ohne Beispiele für Deinen Umarmungsversuch, Deine Bekenntnisse zur Schwierigkeit und deren Missglücken hier nicht sagen.
Du forderst: Man sollte sich nicht versperren, den Weg aufzuweisen, den man als Dichter gegangen ist. Ich denke, das ist eine Frage von Fall zu Fall. Es ist etwas anderes, ob ich etwas in ein Gedicht schreibe oder in einen Essay/Gespräch ... Manchmal bleibt der Leser halt bei Gedichten auf sich gestellt und das ist manchmal auch gut so. Und sei es weil explizite Botschaften sozial, (manchmal gar juristisch) sanktionierbar sind. Dass man das sich manchmal anders wünscht, ist eine andere Frage, aber nicht nur Breygers „Schuld“.