Monatliche Kolumne des Kultursalons Madame Schoscha
Madame Schoscha (Barcelona) - Herr Altobelli (Berlin) - 7.Brief

The parc del Laberint d'Horta Source: Garden mazes
Dass die klassische Liebesbeziehung auch Formen annimmt, die man nicht mehr nur beswingt „Etwas verrückt“ nennen kann, zeigt die katalanische Schauspielerin, Regisseurin und Autorin Susanna Barranco in ihren Arbeiten. Mit denen hat sie in Katalonien mehrere hochgradige Preise gewonnen und entzückt darin meist selbst als Hauptdarstellerin, durch ihre liebreizende und gleichzeitig so gewaltig einsetzbare Erscheinung. Ich empfehle Ihnen einen Blick in den Trailer des Films Vacíos (Leere) zu werfen, der sich mit häuslicher Gewalt auseinandersetzt. Er ist zwar auf Spanisch, dürfte aber dennoch einen ersten Eindruck vermitteln. Englischen Untertitel hat dafür der Trailer zu ihrem neuen Film El silencio de Jonc (Joncs Stille), den sie ihrem Sohn gewidmet hat und der von Menschen mit Behinderungen erzählt und gerade im Schnitt ist. Alle Filme sind über ihren Kontakt erhältlich.
Ich muss bei dem Thema ungesunde Beziehungen stets an den ceratia-Fisch denken und dabei dann an den Blues „it doesn´t feel good, it doesn´t hurt”:
Ceratias uranoscopus Source: Wikipedia
das junge ceratia-Männchen sucht sich eine Stelle […] des Weibchens aus […]. Dort beißt er sich fest, und dieser Biß bestimmt seine Zukunft. Von nun an ist er wie in einer Falle gefangen, er kann sich nie wieder von seiner Gefährtin trennen. Seine Lippen verwachsen mit dem fremden Fleisch. Er kann sich nicht mehr von ihr lösen, es sei denn, er würde das miteinander verwachsene Gewebe zerreißen. Maul, Kiefer, Zähne, Verdauungstrakt, Kiemen, Flossen und sogar das Herz unterliegen einer fortschreitenden Degeneration. Reduziert auf eine parasitäre Existenz, ist er bald nicht mehr als eine Art Testikel in Gestalt eines Miniaturfisches, dessen Funktion durch den Hormonhaushalt über die Blutbahn des Weibchens gesteuert wird. Ein ceratia-Weibchen kann drei bis vier solcher Miniaturmännchen am Körper tragen. (Jean Rostand, Bestiarium der Liebe, gesehen bei Vázquez-Montalbán)
Der Fachbegriff dafür lautet im Übrigen Sexualparasitismus, wobei sich mir hierbei die Frage aufdrängt, wer von beiden den Parasiten darstellt. Der Rekord liegt dabei bei acht Zwergenmännchen pro Weibchen. Da kommt Neid auf.