Olav H. Hauge - Europäischer Dichter aus Norwegen

Essay

Autor:
Klaus Anders
 

Essay

Olav H. Hauge - Europäischer Dichter aus Norwegen

Ekstatische Zustände von ungeheurer Gewalt können oft so sein, daß die Anderen glauben, die Betroffenen seien außer sich. Und hinterher kommen wohl Schwächeperioden mit Bewusstlosigkeit und Ratlosigkeit,  – ich weiß es nicht, doch ich glaube, so ist es. Eins weiß ich, und das ist, daß ich das Glück hatte, die vier Jahre in Nevengarden und Valen so zuzubringen, ohne „kuriert“ zu werden, denn Schockbehandlung und all diese Tabletten, die sie jetzt geben, waren damals noch nicht üblich. Ich dichtete und träumte, hatte Gesichte, erlebte Ekstasen Tag für Tag, Jahr für Jahr, ohne daß mir jemand etwas tat. Daß ich eingesperrt oder gefesselt war – was oft vorkam – machte gar nichts. Die Ekstase, die Gesichte, die Träume, die Stimmen kamen trotzdem zu mir. Ich meinte nie, es sei übel, gefesselt oder in einer Einzelzelle eingesperrt zu sein, und klage daher über nichts.

Später gab es die Schockbehandlung, und die war dann eben so.

Der letzte Aufenthalt in Valen – 1960 – war reicher, denn ich wurde nicht „geschockt“. Die Tabletten, die ich bekam, beruhigten wohl, aber verödeten nicht das innere Leben. Hier muß ich zurückhaltend sein, denn es ist nicht gesagt, daß ich nicht auch von den fantasietötenden und dämpfenden Tabletten bekam. Mehr will ich dazu nicht sagen. Es ist notwendig, wieder zurück auf die Erde zu kommen, wenn man hier in der Welt sein will.“

Seinem ersten Aufenthalt in der Psychiatrie sollten vier weitere folgen, stets in zeitlicher Nähe zum Erscheinen seiner Gedichtbände. Die letzte Episode erlebte er 1966. Diesmal stand er es zu Hause durch, wenn auch mit Hängen und Würgen. Fortan blieb er unbehelligt.


RÄUME AUS GLANZ

Heiliger Stern!
Räume aus kaltem Glanz
breitest du um dich,
kaltem Glanz.

Das große Geschehen
breitet auch Räume
aus Glanz
um sich,
als Schutz um den Lichtkern.

Komm nicht nahe,
komm niemals nahe!
Räume aus Glanz
sind dazwischen
für ewige Zeit.



DAS BLAUE LAND

Hier bin ich sicher, hier umringen Eichen die Mauern,
hier blinkt der Sund hinter meergeschliffenen Felsen.
Steh ich hinter dem Fenster,
haben die gewaltigen Eichen
einen tiefen Ölton
wie ein altes Gemälde,
am emailleblauen Himmel
stehen vergessene Wolken,
hergetrieben vom Meer.

Eichenlaub in Herbstsonne!
Blauland, Bergland, Meerland
und die Zeitalter hinter mir
in schwerer Farbenpracht
und Glut.

Heute ist es kalt, sind Schneeflocken in der Luft,
die nackten Zweige greifen wie Klauen
nach Wärme und letztem Ozon.
Ich geh in das blaue Land
unter fallenden Blättern.
Und eines Tages ist Yggdrasil kahl.



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