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Das Meer und der Norden     Streifzüge von Küste zu Küste     von Charlotte Ueckert
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Das Meer und der Norden     Streifzüge von Küste zu Küste     von Charlotte Ueckert
Kritik

Kärnten und die Slowenen

Begriffe einer aufrechten Haltung bei Janko Messner

Die Situation in Kärnten bringt jeden neutralen Beobachter auf die Palme. Obwohl Palmen im Urlaubsland Kärnten nicht gedeihen, formuliert der Kärntner Slowene Janko Messner seit Jahrzehnten, was faul ist im Lande K. Zweisprachige Ortstafeln werden von aufrechten Kärntnern als bedrohliches Unheil dargestellt. (In Südtirol wird Zweisprachigkeit hingegen eingefordert und als Selbstverständlichkeit betrachtet. Indes verrückt im Burgenland kein Landeshauptmann Ortstafeln und niemand empört sich gegen die Zweisprachigkeit.)

Der 1921 bei Bleiburg/Pliberk geborene Schriftsteller äußert seine Wut in Literatur, in Prosa, Dramen und Gedichten. Am eindringlichsten in seinem Filmdrehbuch „Vrnitev / Die Rückkehr“, das von RTV Ljubljana 1976 realisiert wurde. Obwohl die Kärntner Slowenen 1920 mehrheitlich für Österreich votiert hatten, waren sie für Hitler-Deutschland dennoch Menschen zweiter Wahl. Im Krieg für die Nazis zu sterben war ihnen genehmigt, ihre Sprache und ihre Rechte wurden den Slowenen nicht zugestanden. Als die Hauptperson Joza Kuhar Fronturlaub erhält und nach Hause zurückkehrt, ist der Hof seiner Eltern „arisiert“, die ursprünglichen Besitzer enteignet und nach Deutschland ausgesiedelt. Jene Heimat, die Joza Kuhar verteidigt, bietet ihm kein Zuhause mehr. Ein Gestapo-Mann erschießt Josef Kucher.

Der ORF hat eine Ausstrahlung des Films bis heute konsequent verweigert. Zitat: „Der Film wurde bereits vor Jahren von der zuständigen Programmabteilung begutachtet. Nicht aus thematischen, sondern aus qualitativen Gründen strahlten wir den Film damals nicht aus. An dieser Beurteilung hat sich nichts geändert“, lautete 1986 die offizielle Antwort. Auch die Auszeichnung „Zlata Praha/Das goldene Prag“ für das beste Drehbuch beim 14. Internationalen Fernsehdramen-Festival in Prag überzeugte den ORF nicht.

Die Benachteiligung der Kärntner Volksgruppe ist das primäre Thema des auf Slowenisch schreibenden Autors. Dazu bedient er sich sowohl des Dramoletts als auch der Satire, wie etwa im „Gespräch in der Gebärmutter einer Kärntner Slowenin“ oder in der „Weihnachtserzählung“, in der sich die Tiere im Stall politischen Fragen widmen. Die Satire wird vollends zur Realsatire, wenn der Großvater Messner seinen Enkel in eine zweisprachige Volksschule einschreiben lassen möchte. Davon ist die Obrigkeit überfordert.

Der Band „Ausgewählte Werke 4“ vereinigt Gedichte im slowenischen Original sowie in einer deutschen Übersetzung. Beeinflusst von Heinrich Heine und Erich Fried steht auch bei Janko Messners Gedichten der politische Standpunkt im Vordergrund. Der musikalische Duktus hat Komponisten zu Vertonungen angeregt, schließlich wollte Messner Musik studieren, musste aber wegen einer Verletzung der Hand in Hitlers Armee diesen Plan fallen lassen. Das Kriegserlebnis hat den Dichter geprägt. Es geht ihm in erster Linie um Begriffe einer aufrechten Haltung. Am intensivsten in seinen Nicaragua-Gedichten. Die Freundschaft mit Ernesto Cardenal und die Erfahrung der sandinistischen Revolution lässt Janko Messner Parallelen zwischen dem Kampf des Volkes von Nicaragua mit der Situation der slowenischen Minderheit in Kärnten erkennen. Bei diesem Gedichtzyklus überwindet Janko Messner das Korsett der Strophenform und findet einen zwingenden Rhythmus. „ich renne weiterhin an / voller sorgen / wie ein schmetterling / an eine wand aus glas / zwischen meiner dunklen welt / und deinem erleuchteten / heiligen / frieden“, schreibt er im Gedanken an Ernesto Cardenal.

Fazit: Zwei Bände „Ausgewählte Werke“ von einem Schriftsteller, den das offizielle Österreich als Kärntner Slowenen allzu gerne übersieht.

Janko Messner · Jozej Strutz (Hg.)
Ausgewählte Werke 3 & 4
Drava
2010 · 160 Seiten · 21,50 Euro
ISBN:
978-3-854355748

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