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Gedichte
WIEH / dada / HEIM. »Letzte Jahre«, Gedichte von Armin Eidherr.
12.08.2013 | Hamburg
Soll Lyrik ergriffen sein? Nein, sie soll ergreifen, und das in allen Arten und Weisen. Das tun die Gedichte Armin Eidherrs, dessen Band Letzte Jahre schon im Titel Ambivalenz und Ernst vermählen, ist doch unklar, ob nun ein Rapport über die letzten Jahre folge, oder ein Ausblick, weil unsere Jahre immer letzte seien: Philosophieren, Sterbenlernen.
Ans Letzte rührt Eidherr also, aber nicht nur – und immer schwerelos. Dazwischen sind Invektiven zu sprachlichen Unarten – warum man „Nazi” und „Trottel” selten gegendert sehe (11), so fragt „InEwigkeitArmin” (12), was, weil die Sprache sich scham- und stillos der Trauer und zuletzt allem, worauf es ankäme, versagte, wie Adorno in seinem Text Uromi zeigt, natürlich dann nicht minder metaphysisch ist. Spielerisch und akkurat wird das falsche Leben im wahren, das darum nicht ist, aufgezeigt, demonstriert, dekonstruiert, zwischen Ahnungen dessen, was sei.
Spurensuche auch nach dem, was das falscheste Leben (wenn es diesen Superlativ gäbe, bedürfte es seiner hier) auslöschte, wird betrieben – mit jener ernsten Präzision, die das Groteske zeigt und das Schreckliche nicht verschludert, nicht schon sprachlich bagatellisiert. Die Celan-Intertextualität – „... in den Lüften ...” (21) – ist der Ernst des Spiels, des Aufspielens. Es gelingt Eidherr immer wieder, nicht zu zitieren, nicht zu zeigen, seine Worte aktualisieren, sie sind.
Es gibt danach kein Eigentliches, keine Heimat, es gibt ein „WIEH / dada / HEIM” (41), das nicht mehr aussetzt, gerade, wenn man den Kreis beendet zu haben vermeint. So bleibt man in der Sprache, und darin ihr als Medium gemäß am ehesten in der Welt, vielleicht. Man kann diesen Band darum nicht leicht weglegen, an dem schließlich auch die wunderbare Weise, in der Bilder und Texte miteinander kommunizieren, erwähnenswert ist. Empfehlenswert!
Armin Eidherr: Letzte Jahre. Gedichte. Fotografien von Dorothea Eidherr 60 Seiten, broschiert, Auflage: 300 Stück, € 19, ISBN 978-3-901735-25-7, Eye Verlag Landeck 2011
Martin A. Hainz hat zuletzt über »Behüte behütet«. Band 2 der Werke von Elfriede Gerstl auf Fixpoetry geschrieben.
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