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Hundertvierzehn | Bericht
»Abwechselnd unter Sonne und Wolken«

Unser Autor Georges-Arthur Goldschmidt über den Terroranschlag auf »Charlie Hebdo« und wie er Paris in den Tagen danach erlebt hat.

 

Georges-Arthur Goldschmidt

Georges-Arthur Goldschmidt, 1928 in Reinbek bei Hamburg geboren, musste als Zehnjähriger in die Emigration nach Frankreich gehen. Er lebt heute in Paris. Für sein umfangreiches Werk wurde er u.a. mit dem Bremer Literatur-Preis, dem Nelly-Sachs-Preis und dem Joseph-Breitbach-Preis ausgezeichnet. Im November 2013 erhielt er den Prix de L’Académie de Berlin. Zuletzt erschien seine Erzählung ›Die Hügel von Belleville‹.

Am 7. Januar 2015 war es am Morgen auf einmal Nacht, als stürze alles lang Erkämpfte, stürzten alle Errungenschaften der Geschichte auf einmal ein. Wir alle in Frankreich leben seit 1789 mit offenem Geist, in der Ablehnung jeglichen Denkverbots, in einer nach und nach aufgebauten gesellschaftlichen Wachsamkeit. Schon einmal wurde diese von außen bedroht und zwar von der Naziokkupation 1940-1944, die es versuchte diesen »Geist« für immer auszuradieren. Genauso wieder von außen und naziähnlich wollten die verbrämten islamistischen Lebensverneiner der freien Französischen Republik, die sie für marode halten, den Garaus machen. Sie wollten die Welt einschüchtern, da doch Frankreich die Glaubensfreiheit verkörpert. Sie dachten sich, mit der nationalen, aufmüpfigen, jahrhundertealten Freiheit sei es nun zu Ende. Sie wollten die Selbstbestimmung abschaffen. Es sollte vermeintlich die Stunde der Unterwerfung und der Finsternis werden, jeder hatte sich ihrer Gewalt zu beugen.

Auf einmal breitet sich nach dem Entsetzen, nach der Entrüstung die altbekannte Beklemmung aus, wie zur Zeit der infamen Okkupation durch die Nazis und später des Algerienkrieges.

Dann aber, auf einen Schlag, war am 9. und 11. Januar der Aufstand eines ganzen Volkes der Laizität, der absoluten Denkfreiheit für alle, der allgemeine Konsens über die Freiheit eines jeden, so wunderbar zu spüren – das enorme, unheimliche, stille und friedliche Zusammenstehen. Aus der Luft sahen die Avenue Philippe-Auguste, der Boulevard de Charonne und mehrere andere Straßen und Plätze in Paris wie dichtgedrängte schwarze breite Linien aus, die vom Platz der Republik zum Platz der Nation reichten. Millionen und Abermillionen Menschen waren völlig spontan und ohne jegliche Organisation zusammengekommen. Es war wunderbar, mit so vielen anderen, Eltern, Großeltern, Kleinkindern, den unterschiedlichsten Menschen wie zum Sonntagspaziergang durch die Straßen zu gehen und mit jedem Unbekannten Worte des völligen Einverständnisses auszutauschen, abwechselnd unter Sonne und Wolken. Jeder, der da ruhig ging, zeigte, dass man ihm nie verordnen würde können, was er zu glauben hat und dass er selbst seinen Glauben nie jemandem aufdrängen würde. Die scheinbar verbrauchte Republik manifestierte sich in all ihrer friedlichen historischen Größe, wie 1944 bei der Befreiung von Paris, als man wieder an Menschheit glauben konnte. Vive la France!


Paris, 12. Januar 2014
Georges-Arthur Goldschmidt

Der Ausweg

Georges-Arthur Goldschmidt über die Sehnsucht nach Bestrafung und die Scham, überlebt zu haben

Für den zehnjährigen Georges-Arthur ist es der Albtraum, entdeckt und deportiert zu werden. Der Albtraum endet aber nicht. Denn der Junge schämt sich, überlebt zu haben, deshalb sehnt er sich nach Strafe. Die bekommt er im Internat, das ihn nach der Flucht aus Nazideutschland aufgenommen hat. Aber auch die Scham endet nicht, denn er empfindet Wollust bei der körperlichen Züchtigung. Das ist das unlösbare Dilemma des Georges-Arthur Goldschmidt, und das ist die nicht versiegende Quelle für sein literarisches Schaffen.

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Frankfurt am Main 2020
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