»Ich habe letzten Monat die Pille abgesetzt«, sagte eine meiner Freundinnen diesen Sommer zu mir. »Wir versuchen es.« Wir saßen in einem Lokal im Freien, es war schon spät, wir zwei waren hängengeblieben. Wir tranken Rosé, mit dem wir also plötzlich auch den klitzekleinen Kummer wegspülten, dass es in diesem Monat offenbar nicht geklappt hatte.
»Wer weiß, vielleicht sitzen wir im nächsten Sommer hier mit einem Buggy«, kicherte ich über meine Bewunderung und meinen Widerstand hinweg. Bewunderung, weil ich dachte: Sie traut sich einfach. Widerstand, weil mein engster Brüsseler Freundeskreis bislang ein brachliegendes Gelände war: Niemand sprach von Kindern. Mitten auf unserem Tummelplatz wurde jetzt ein Loch gegraben, die Baupläne wurden ausgehängt.
»Ich gehe davon aus, dass es noch lange dauern wird, bis es bei mir soweit ist«, sagte sie. »Wenn man sich die Statistik anschaut: Jedes zehnte Paar wird nicht auf natürliche Weise schwanger. Ich kenne fast nur Leute, bei denen es sofort geklappt hat. Ich habe wirklich dieses üble Vorgefühl, dass ich diejenige bin, bei der es nicht klappen wird.«
Ich dachte an die Umstandskleider, die bei mir zu Hause zusammengefaltet im Schrank liegen, nachdem ich eineinhalb Jahre lang in einem Geschäft für Umstandskleidung gearbeitet hatte und dabei Outfits aus den Regalen tragen musste. In der Zeit bin ich nie einer Frau begegnet, die davon ausgegangen war, es würde mit dem Schwangerwerden sofort klappen.
»Mach dir keine Gedanken über die Statistiken«, sagte ich. »So läuft das nicht. Wenn es soweit ist, musst du mal kommen und in meinem Kleiderschrank stöbern.«
An dem Abend, mit dem Rad auf dem Weg nach Hause, machte ich einen Umweg, damit die Unruhe verfliegen konnte. Wenn es mich einen Kilometer kostete, mich an die Vorstellung zu gewöhnen, dass jemand anders bereit war für die Elternrolle, wie viele Runden entlang dem Äquator würde es mich dann kosten, mich an meine eigene zu gewöhnen?
Im Winter, ein knappes halbes Jahr später, stehen meine Freundin und ich wieder mit einem Glas Schaumwein da, das man uns in die Hand gedrückt hat. Sie prostet mir zu, stellt das Glas danach aber ab.
»Es ist soweit«, berichtet sie. »Ich bin schwanger.«
Wir umarmen uns, wieder verspüre ich sowohl Widerstand als auch Bewunderung. Im Laufe des restlichen Abends, bei jedem Schluck ihres Weins, den ich übernehme, wird sie mehr Frau und ich mehr Mädchen.
»Der Neid, den ich empfinde, ist total blödsinnig«, sage ich abends zu meinem Freund, Auge in Auge mit dem im Schrank vergrabenen Stapel Umstandskleidung. Ich stehe am Bettrand, die Strumpfhose bis zu den Knöcheln heruntergestreift. So bin ich gerade, aus Faulheit, nach dem Pinkeln von der Toilette durch die Wohnung geschlurft.
Wir schlüpfen nebeneinander ins Bett, Haut an Haut. Man könnte sagen, es gibt nichts, das uns davon abhält, auf der Stelle eine Familie zu gründen, aber das stimmt nicht. Irgendwie warte ich noch auf jemand von außen, eine Mutterfigur, eine streng wirkende Dame mit einem Stapel Baupläne in der Hand, die aus dem Nichts erscheint und uns ein brachliegendes Geländestück zuweist.
Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen

Ein Buch, das alles gibt und alles verlangt.
Mit geschlossenen Augen hätte Eva damals den Weg zu Pims Bauernhof radeln können. Sie könnte es heute noch, obwohl sie viele Jahre nicht in Bovenmeer gewesen ist. Hier wurde sie zwischen Rapsfeldern und Pferdekoppeln erwachsen. Hier liegt auch die Wurzel all ihrer aufgestauten Traurigkeit. Dreizehn Jahre nach dem Sommer, an den sie nie wieder zu denken wagte, kehrt Eva zurück in ihr Dorf – mit einem großen Eisblock im Kofferraum. Die junge Bestsellerautorin Lize Spit wagt sich mit ihrem ersten Roman »Und es schmilzt« an die Grenzen des Sagbaren.