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Den Anfang macht eine klug kalkulierte Überkreuzung: Traditionell steht das Dunkel für die Täuschung, das Licht aber für Klarsicht. Wer ins Helle schaut, täuscht sich nicht länger. Wobei "Enttäuschung" in dieser Tradition auch als "Aufklärung" heißt. Licht an, alles klar. Das kann ab und an ziemlich enttäuschend wirkend. Die Motte aber rettet sich vor der Enttäuschung, die in der Aufklärung liegt. Wie? indem sie ins grellste Licht fliegt und verglüht? Oder indem sie sich - wie das Gesicht und das Gedicht und das Ich - in das Dunkle zurückzieht und die Augen schließt? In Umkehr zu Hölderlins Patmos-Formel "wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch", droht jetzt selbst in der Rettung die Gefahr: im Traum, im Schlaf, im Zimmer, im Haus, in dem Ich und Du Schutz voreinander suchen.
Leise geht hier etwas vonstatten, Entfremdung, Enttäuschung, Wirklichkeitsverlust. Und wie auf unsicheren Sohlen tappt das Gedicht im eigenen Dunkel. Versucht sich an einem Refrain festzuhalten, der zur Falle wird. Auch für den Leser. Denn ist es nicht naheliegend, das "du" in "und das geschieht wenn du die Augen schließt" auf das lyrische Ich zu beziehen? Zweimal scheint es gut zu gehen, dann plötzlich der Bruch: "und das geschieht / wenn du die augen schließt und ich schon schlafe". Nun gerät alles ins Trudeln. Wer beobachtet wen und was, wer schläft, wer träumt, und was heißt "wir"? Unschärfe greift um sich. Aber seltsam genug, sie hat ein Gesicht: das Gedicht.
Daniel Falb vor dreizehn Jahren: „hilfe mein gesicht leuchtet im dunkeln“! Dem war eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Wenn sie vielleicht auch ganz anders gemeint und als „schlagzeile“ (D.F.) oder Joke gegen jede persönliche Lesart gefeit war, kommt mir diese Zeile hier in den Sinn. Ein unerklärliches Gruseln befällt die homezone und macht vertraute Menschen einander abspenstig. Das Befremden wächst bei zunehmender Beleuchtung, Phosphoreszenz dient als Wiedererkennungszeichen, "Lichtzwang" als Folterinstrument. (Aber das ist nicht mehr Daniel Falb.) Dass existentielle Verunsicherung auch im Biedermeier-Interieur gedeiht, ist keine Neuigkeit. Die Irritation richtet sich dann freilich eher gegen die Ausstattung und hat kaum eine Chance, auf die Leserin überzuschwappen. Im Übrigen bedürfte es dazu nicht einmal eines realen Gegenübers. Stell Dir vor, dein Gesicht leuchtet im Dunkeln und keiner schaut zu! Mehr dazu bei Fernando Pessoa.
nicht zum ersten mal habe ich großes vergnügen vor allem an den kommentaren

