
Kommentare
Ich genieße hier im Ende zu verweilen. Wo die finale Doppelzeile in ihrer Gewissheit das zuvor Geheime und Gewusste wegwischt und gleich noch aus der Kausalität schlüpft irgendwie, in einen Schlachtruf für ein neues, ungewisses Leben. So sehr Fisch, und so sehr anderes, für das das Trockene keine Begriffe hat.
Bacalao = Kabeljau. Eine Religion, nicht wie bei Larkin aus Wasser, sondern aus Fischen beschaffen.
Zwei Prinzipien bestimmen diesen Text: Zum einen der Wandel. Vielleicht kann man tatsächlich sogar im religiösen Register von einer Umwandlung sprechen. Wundersame Fischvermehrung hat ja eine gewisse christliche Tradition. Aber anders als bei Larkins "Water" wird der religiöse Anspruch nicht direkt formuliert. Bei Larkin heißt es ja: "If I were called in / To construct a religion / I should make use of water." Statt eine solche Aufgabenstellung zu formulieren, wird die belebende, wandelnde Wirkung des Wassers einfach vorgeführt. Das hat eine religiöse Konnotation, aber bleibt doch gezielt im Allgemeinen: Wasser belebt, wandelt. Regen regt. Die wasserbedingte Metamorphose scheint doch über das enge Religiöse hinaus zu weisen. Zumal zu diesem Wandel auch die Vergänglichkeit des Bildes gehört, denn der See wird eine Episode bleiben, bevor die Landschaft wieder trocken fällt.
Das zweite Prinzip, das also zum anderen den Text bestimmt, ist eine merkwürdige Behauptung des Statischen. Markiert durch die Schlachtrufwiederholung, die allerdings ein Zukunftsversprechen bleibt und eben auch das Episodische des Fischlebens einschließt. Vor allem aber beharrt das Gedicht darauf, dass die Fische - genau so - zuvor im Karst und im Dunkel verborgen waren. Hier wird der Wandel ausgeschlossen, so als hätten die Fische einfach nur aus der Erde ausgewaschen werden müssen, um endlich frei zu schwimmen. Das ist ein Bild, das auf dem Duktus "kindlicher Naivität" beharrt. Und das scheint doch über das Religiöse hinaus ein Aufruf zum Statischen zu sein: nämlich sich das kindliche Staunen zu bewahren. Braucht es in der Poesie einen solche künstliche Einstellung des Blicks hin zur kindlichen Naivität?
Engt das ein Gedicht nicht ein, wenn man ihm scholastisch zuschreibt, eine bestimmte Anzahl Prinzipien zu haben, wie auch immer man das Wort versteht? Werden hier überhaupt Fische vermehrt, oder »vermehrt« sich nicht eher nur der Blick, der sich zugleich zu einem Fokus erhebt, den er nicht hatte? Das »Wunderbare« scheint mir hier auch eher Lobpreis der Natur im Allgemeinen. Einer Natur, die hier schönerweise auch durch die Fantasie animiert wird.
Das Gedicht ist schon eng. Es muss nicht mehr eingeengt werden. Mich provziert diese bedeutungsvolle biblische Aufladung bei schlichter Form sofort zum Quatsch: "Flutend füllt der Fisch das Fass. Wird Fraß und saß. Das Aas." Jetzt wäre zu fragen, warum es Quatsch provoziert.
Ein ungewöhnlicher Titel, der neugierig macht. Sind Seen nicht ein für allemal da, seit wann gelten sie als wandelbar und unzuverlässig? Hier erfahren wir, was es mit einem Karstsee auf sich hat, wie er aus den Tiefen aufsteigt und die Fische ans Licht treibt. Diesem holden Geschick verdanken sie Glück. Vielleicht. Für den Autor allerdings scheint festzustehen, dass Licht Glücksgefühl verheisst. Uns Menschenkindern prophezeit er - mit einer Volte ins Metaphysische - den Weg de profundis zum ewigen Licht jenseitiger Herrlichkeit. Eine feine Zuversicht, doppelt bekräftigt. In kristallklaren Versen.

