Bussen und CEO-Bezüge explodieren
CHF 25’000’000’000 (25 Milliarden) haben UBS und CS gemäss Bussenbarometer der „Finanz und Wirtschaft“ in den letzten Jahren für Bussen und Vergleichszahlungen bezahlen müssen. Dabei sind die CHF 5’000’000’000 (5 Milliarden), zu denen die UBS kürzlich in Frankreich verknurrt wurde, noch gar nicht eingerechnet. Muss man da Verständnis zeigen, wenn auch die Jahresbezüge der beiden CEOs Sergio Ermotti (UBS) und Tidjane Thiam (CS) nach oben explodieren? Ermotti kassiert für das abgelaufene Jahr CHF 14’100’000 (14,1 Millionen), Thiam CHF 12’700’000 (12,7 Millionen). Gemäss Sonntagszeitung haben die beiden innert zehn Jahren sage und schreibe CHF 93,5 Millionen (Ermotti), resp. 53,2 Millionen „verdient“.
Abzocker-Initiative – Schnee von gestern?
Eine Mehrheit der an der Börse (SMI) kotierten Chefs verdient heute jährlich zwischen CHF 5,0 und 9,9 Millionen. Nicht zuletzt als Folge der 2013 angenommenen Abzocker-Initiative war vorübergehend eine gewisse „Bescheidenheit“ bei den Managerlöhnen eingekehrt – inzwischen herrscht diesbezüglich wieder Hochkonjunktur. Jährliche Steigerungen um 30 und mehr Prozent von 2017 auf 2018 waren keine Seltenheit.
Dagegen wirken die Erhöhungen von ein bis zwei Prozent, welche die übrigen Konzernchefs der in der Schweiz kotierten Unternehmen (durchschnittlich CHF 3,3 Millionen) bezogen, wohltuend bescheiden. Und – nicht wahr – tatsächlich sind ja die Löhne einer Mehrzahl „gewöhnlicher“ Berufe (zwischen CHF 4’000 und 10’000 monatlich) in der Schweiz von 2017 auf 2018 nur um 0,0 bis 1,9 Prozent gestiegen. Was sich bei diesen Salär-Vergleichen unsere wackeren Bäcker und Metzger, Maler und Gipser, Kleinkindererzieherinnen und Hebammen oder Polizisten, Lehrer oder Apotheker gedacht haben mögen?
Gelinde gesagt: Unanständig
Zurück zu UBS und CS. Wie immer da ihre Spitzen-Manager-Löhne und Lohnsteigerungen begründet werden – tatsächlich gibt es gar keine plausiblen Gründe. Erfolgreiche Top-Performance und Sanierungen sehen anders aus: Die Aktienkurse dieser beiden Global-Players sanken um einen Viertel, dies als Folge der Beurteilung durch die Investoren. Durch welche Brillen die Verwaltungsräte beider Grossbanken das Geschäftsjahr betrachteten, ist einigermassen unerklärlich.
Ständerat Thomas Minder (Abzocker-Initiative) ärgert sich gewaltig. Unverständlich ist für ihn, dass sich die Aktionäre das alles bieten lassen, wo sie doch seit der Annahme seiner Initiative dazu berechtigt wären, regulierend einzugreifen. Und natürlich, die Politik wäre gefordert.
Wie reagiert das Schweizer Parlament?
Das Schweizer Parlament diskutiert gegenwärtig, ob Schweizer Firmen künftig „gewisse“ Auslandbussen als Geschäftsaufwand steuerlich anrechnen können. Dieses Traktandum erinnert an die Zustände im letzten Jahrhundert, als die Schweiz noch voll Stolz auf sein „unknackbares“ Bankgeheimnis verwies. Nicht nur haben Regierungen westlicher Länder dieser Legende den Todesstoss versetzt. Steuerbetrügereien, Steueroptimierungen, Steuervermeidung – diese Praktiken sind zwar nicht ausgestorben, doch als cleveres Geschäftsgebaren sind sie nicht mehr geachtet.
Unbelehrbare Top-Manager
Im Rahmen des Rufes nach mehr Transparenz in dieser Dunkelkammer-Branche (UBS spricht immer noch von einem „aggressiven Kurs“, den sie fährt) – ja, im Zusammenhang mit der generellen gesellschaftlichen Einsicht nach mehr Transparenz in Politik und Wirtschaft wäre eigentlich zu erwarten, dass sich auch die betroffenen Top-Manager belehren liessen. Noch ist es nicht soweit. In der realen Welt sind sie jedenfalls noch nicht angekommen. Sie bewegen sich weiterhin in der Komfortzone einer abgehobenen Kaste giergetriebener „Übermenschen“.
Dunkle Wolken am Banken-Himmel
Das Gebaren unserer Grossbanken wirkt vor dem Hintergrund der gerade von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und der Finanzmarktaufsicht (Finma) geäusserten alarmierenden Zukunftsprognosen im Zusammenhang mit der Entwicklung auf dem Hypothekarmarkt Schweiz schwer verständlich. 80’000 leerstehende Wohnungen in der Schweiz, eine Zahl die sich monatlich erhöht, sollten eigentlich längst die Sturmwarnung ausgelöst haben. Die absehbaren Folgen: Sinkende Preise für Ein- und Mehrfamilienhäuser lassen unschwer abschätzen, dass eine neue Hypothekarkrise im Anzug ist. Das Argument „niemand konnte das voraussehen“ wird dannzumal ziemlich fehl am Platz daherkommen.
Wie damals 2007/2008 in den USA haben sinkende Verkehrswerte bei Liegenschaften auch in der Schweiz die tragische Konsequenz, dass früher oder später die relevante Hypothek höher sein wird als der tiefer bewertete Liegenschaftenwert. Gerade bei uns – mit dem europaweit höchsten Belehnungsstand für Liegenschaften (da noch immer keine Amortisationspflicht gefordert wird) – ist absehbar, dass die Banken darauf pochen werden, dass solche Überbelehnungen durch entsprechende Rückzahlungen reduziert werden müssen. Dann setzt die verhängnisvolle Spirale ein: Schuldner kann nicht bezahlen, Bank kündigt die Hypothek, Schuldner verzweifelt, Bank sitzt auf Ramschpapieren und muss Milliarden abschreiben.
Kurzsichtige Bonus-Aristokratie
Der kürzlich durchgeführte Stresstest der Finma bei Banken hat offensichtlich in mehreren Fällen „problematische“ Situationen offengelegt. Wieder einmal reagiert die Branche mit der Verkündung strengerer Selbstregulierungsvorschriften – alles wie gehabt. Besonders die SNB warnt seit Jahren vor steigenden Risiken auf dem Immobiliensektor.
Das Gebaren der Bonus-Aristokratie unserer Grossbanken ist kein Ruhmesblatt für die Schweiz.
Warum lassen sich die Menschen das gefallen?
Kein Top-Manager kann die hohen Verluste einer Fehlstrategie verantwortlich tragen, muss er auch nicht, weil die Ungewissheiten bei der Strategiewahl zu gross sind. Bei der richtigen Strategie darf er aber auch nicht für etwas belohnt werden, bei dem die Umstände, seine Mitarbeiter und das Glück eine grosse Rolle gespielt haben. Zudem verliert ein Topshot bei Misserfolg lediglich seine Stelle und kann als gut Qualifizierter bald wieder eine neue antreten. Die Konsequenzen aus seiner Verantwortlichkeit sind beschränkt, rechtfertigen also auch keine überrissene Entschädigung im Erfolgsfall.
Es ist für das Verständnis unserer Wirtschaftskultur nützlich zu sehen, woher das Ganze kommt. Wie Rana Foroohar in "Makers and Takers, How Wall Street Destroyed Main Street" detailliert darlegt, sind in den vergangenen Dekaden aufgrund von Politik und (De)Regulierung im Zugpferd der Weltwirtschaft (USA) Praktiken aufgekommen (leicht verzögert natürlich auch in Europa), welche an den Grundlagen des westlichen Wirtschaftssystems nagen (Unfairness, Vertrauensverlust etc.). Es geht nicht einfach nur um exzessive Boni...
Da kann man beten, hoffen, mahnen und erziehen wie man will; die Menschen verfügen alle über mehr oder weniger kriminelle Energie und werden damit immer versuchen, sich persönliche Vorteile zu verschaffen. Nur selten geht es schief.
Gute Zusammenfassung dieser grassierenden Problematik „Chef-Bonis versus Aktienperformance“. Das wird uns allen nochmal weh tun.
Ich hätte die völlig zutreffende Schlussbemerkung nicht allein auf die beiden Grossbanken beschränkt, sondern auch die weiteren Finanzhäuser samt ihrer Abzocker an der Spitze mit einbezogen. Man schaue sich nur mal die Börsenentwicklung einer GAM Holding an, wo der CEO trotzdem über Jahre Abermillionen einkassiert hatte. Und nicht zu vergessen, was sich ebenfalls über Jahre auf der St.Galler Teppich-Etage der Raiffeisen-Zentrale abgespielt hatte. Mit der Qualifizierung solchen Gebarens als "kein Ruhmesblatt für die Schweiz" drückt sich Herr Zollinger noch relativ zurückhaltend aus. Auch "eine Schande für die Schweiz" wäre durchaus zutreffend gewesen!