Fadenscheinige Nationalismen
Im US-Wahlkampf wird Amerika ganz selbstverständlich als die Nation propagiert, die der Welt den Takt gibt. Der russische Herrscher stützt das Schüren von Konflikten und die Inanspruchnahme eines Supermachtstatus für sein Land wirkungsvoll mit einem erhitzten Patriotismus. Der türkische Sultan legitimiert seinen Machthunger mit der Verteidigung der Nation gegen ihre Feinde. Die Reihe liesse sich lange fortsetzen.
Doch Pathos und Kampf können nicht der normale Modus von Politik sein. Wer sich solcher Tonalitäten bedient, will ja einen Ausnahmezustand signalisieren. Im „normalen“ Politikbetrieb sind die hohen Töne wenig dienlich – eine Einsicht, die allerdings von denjenigen Kräften negiert wird, die in der Daueraggression Vorteile für sich sehen.
Wo man jedoch diese oft vermisste Normalität vorherrschen lässt, sind patriotische Deklamationen auf das Erregungsniveau von Folklore gedimmt. Perioden erhöhten Bedarfs an politischer Profilierung und offensiver Symbolik kann es zwar immer wieder einmal geben. Doch kühlt man die Rhetorik dann auch wieder herunter. Heroische Posen nützen sich nämlich rasch ab; im politischen Normalzustand werden sie nicht benötigt.
Das ist die Art, wie moderne, einigermassen aufgeklärte Gesellschaften ticken. Postheroische Haltungen sind feste Bestandteile ihrer Zivilität geworden. Nationale Aufwallungen funktionieren nur im Ausnahmefall. Und dass es modernen Menschen selbst dann nicht blutig ernst ist mit dem Heroismus, erkennt man an ihrer geringen Bereitschaft, für patriotische Ziele Opfer zu bringen oder im Extremfall gar zu sterben. Heutige Regierende fürchten denn auch den body count und die öffentliche Rückkehr von Gefallenen als GAU für ihre Popularität.
Trotzdem bleibt die leidige Tatsache, dass sich politisches Pathos und erhitzte nationalistische Emotionen für Machtinteressen nutzen lassen. Politische Kalamitäten und Katastrophen sind die bitteren Folgen. Doch Fakt ist auch dies: Die Verantwortlichen solcher Exzesse stehen entblösst da. Die alten rhetorischen Prachtgewänder, in die sie sich zu hüllen versuchen, sind längst fadenscheinig und zerschlissen. Gegen den Anschein leben wir tatsächlich in postheroischen Zeiten.
Wanderer in den Zeiten.
Beim Patriotismus sollte das grosse Ganze nicht übersehen oder vergessen werden. Auch verschiedene Völker können gemeinsame Interessen haben. Manchmal, meist dann wenn gewisse Politiker vor grossen Problemen stehen, ratlos sind, erwacht in ihnen das Gespür für Instinkte ! Nutzen Urängste und erzeugen dadurch Widerstand. Widerstand gegen Neuerungen die uns immer suspekt bleiben werden. Vermeintliche Ruhe darf nicht gestört werden, es funktionierte ja immer gut so, nur keine Risiken eingehen. Nun, Flüchtlinge sind Menschen die aus Gründen einer Bedrohung wegziehen, Wanderer hingegen eher aus wirtschaftlicher Not. Durch den Zusammenschluss einzelner Gruppierungen in der Frühzeit entstanden Nationen. Der Zweck, Verteidigung gemeinsamer Wertevorstellungen, Territorien oder Traditionen. In den Jahren um 1240 z.B. flüchtete unsere Familie aus der Languedoc über Savoyen ins Wallis und wurde dank Wiener Kongress 1815 Schweizer. Den Vorstellungen mancher Journale der Académie française verpflichtet, wurde Heimat für uns austauschbar. Zwei Herzen pochten nun in unserer Brust, beide untrennbar vereint. Gemeinsame Wertvorstellungen, gemeinsame Interessen und jenes « Einer für alle,alle für einen » die auch hier von grosser Bedeutung sind, liessen diese Bindungen, entstehen. Trotzdem, man sollte es wagen, über enge Horizonte hinweg zu schauen. Auch Zukunft wird einmal Gegenwart !.. cathari