"Ich habe die Ehre, Sie um Anerkennung zu ersuchen"
«Ich habe die Ehre», telegrafierte Shertok am 18. Juli 1948, «die helvetische Regierung um die offizielle Anerkennung des Staates Israel und seiner provisorischen Regierung zu ersuchen.»
Das historische Ereignis der Wiederherstellung «unseres Staates nach 18 Jahrhunderten des Exils» sei sicher beim helvetischen Volk und der Regierung nicht unbemerkt geblieben.
Der Aussenminister telegrafierte dem Bundesrat, dass die Ausrufung des Staates am 14. Mai 1948 auf dem «natürlichen Recht des jüdischen Volkes auf Unabhängigkeit und Souveränität im Land seiner Vorfahren» sowie auf der Resolution der Uno vom 29. November 1947 (Teilungsbeschluss) basiere. Der Staat Israel sei den Prinzipien der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens verpflichtet und stehe allen Juden offen. Das israelische Volk erinnere sich dankbar, dass Basel 1897 die Wiege des politischen Zionismus gewesen sei. Und er rühmt die Schweiz, die vor keinem Opfer zurückgeschreckt sei, um ihre Freiheit und die Integrität ihres Territoriums zu beschützen. So werde sie auch Sympathie für die gerechte Sache des jüdischen Volkes beweisen.
Das «israelitische» Heer
Die Eidgenossenschaft dachte jedoch nicht daran, den israelischen Wunsch zu erfüllen. Sie beantwortete nicht einmal Aussenminister Shertoks Telegramm, weil dies einer Anerkennung Israels gleichgekommen wäre. Im Protokoll der Bundesratssitzung vom 23. Juli 1948 auf Antrag des Politischen Departements (EPD, heute EDA) steht, das Problem müsse vom völkerrechtlichen wie vom politischen Standpunkt aus sorgfältig geprüft werden. «Der Staat Israel ist vom Tage seiner Proklamierung an von allen Nachbarstaaten mit der Waffe in der Hand bekämpft worden.» Der Ausgang des Krieges stehe noch nicht fest, wenn auch in letzter Zeit das «israelitische» Heer «Erfolge davongetragen» habe. Die Anerkennung des Staates Israel wäre deshalb mit dem Völkerrecht «nicht unvereinbar». Politisch sei hingegen vorläufig noch Zurückhaltung geboten, meinte der Bundesrat. «Eine frühzeitige Anerkennung eines um seine Existenz kämpfenden Staates wird von seinen Gegnern mit Recht als Begünstigung, als Einmischung in den Kampf betrachtet und widerspricht bewährter schweizerischer Praxis.»
So beschloss der Bundesrat, den Entscheid über die Anerkennung Israels zurückzustellen. Wenige Tage nach der Ausrufung des Staates Israel hatte Alfred Fischli, der Jurist des EPD, klare Worte geschrieben: «Die Anerkennung Israels ist für uns nicht eine Frage der Anwendung völkerrechtlicher Grundsätze, sondern des politischen Ermessens.»
Der politische Faktor war wichtiger
Vom Historiker Michael Roy stammt eine nicht publizierte Lizenziatsarbeit mit dem Titel «Die Anerkennung Israels durch die Schweiz (1948–1949)» (August 1992, Universität Genf). Darin arbeitete er mustergültig die entsprechenden Dokumente auf. Auch der Historiker Jonathan Kreutner (Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds) befasst sich mit der Anerkennung Israels durch die Schweiz in einem Kapitel seiner noch nicht veröffentlichten Doktorarbeit «Die Schweiz und Israel 1948 bis 1987. Eine Studie im Kontext europäischer Geschichte»: «Es ist sehr interessant, dass der politische Faktor viel wichtiger war als der völkerrechtliche Aspekt.»
Der SP-Nationalrat Werner Schmid, der bereits kurz nach der Staatsgründung mit 13 Mitunterzeichnern den Bundesrat aufgefordert hatte, Israel anzuerkennen, bekam von Aussenminister Max Petitpierre erst neun Monate später eine Antwort, als Israel bereits anerkannt war. Schmid verglich in einer Parlamentsdebatte das ungebührlich lange Zögern der Schweiz im Falle Israels mit dem Gegenteil, der hastigen Anerkennung des Franco-Regimes und der Annektierung Abessiniens durch das faschistische Italien in den 1930er Jahren, schöngeredet durch Aussenminister Giuseppe Motta.
Michael Roy zeigt auf, dass die Schweiz nach Ende des Krieges als Kriegsgewinnlerin verschrien war und kein Ansehen in der Völkergemeinschaft genoss, umso mehr, als sie es vorzog, nicht der Uno beizutreten. Sie habe versucht, ihr Wappen wieder zu vergolden, indem sie mit den Alliierten mehr oder weniger kooperierte, um ihr in den USA blockiertes Gold zurückzuerhalten und von den schwarzen Listen wegzukommen. Auch die Schmach der abgewiesenen jüdischen Flüchtlinge wog noch immer schwer. Doch ausgerechnet im Fall Israel kam die unselige Flüchtlingspolitik aus dem Zweiten Weltkrieg heimlich wieder zum Zug.
Polizeiabteilung im alten Stil
Am 24. Januar 1949 beurteilte der Bundesrat die Anerkennung Israels viel positiver, wegen des Kriegsglücks des «israelitischen» Heeres und wegen der Anerkennung Israels durch 20 Staaten, darunter die USA und die Sowjetunion. Wichtig sei, heisst es im Protokoll vom 25. Januar 1949, die Anerkennung durch Frankreich vor wenigen Tagen «unter gewissen Vorbehalten» und dass Grossbritannien in den nächsten zwei Wochen gleichziehen wolle. Der «israelitische» Aussenminister solle doch nochmals ein Gesuch stellen. Und der Bundesrat kaute Shertok gleich den Inhalt auf Französisch vor.
Die direkten schweizerischen Interessen in Palästina seien nicht sehr beträchtlich, fand die Landesregierung. Es befänden sich dort rund 250 Schweizerbürger, «von denen aber etwa 220 Juden sind und jetzt als Doppelbürger betrachtet werden müssen». Es wurde beschlossen, auch «Transjordanien» bald anzuerkennen.
Vor dieser Sitzung hatte Bundesrat Eduard von Steiger, der Vater der Abweisung jüdischer Flüchtlinge und vier Jahre nach Kriegsende noch immer in Amt und Würden, ein Memorandum aus seiner Polizeiabteilung erhalten. Robert Jezler, Stellvertreter von Heinrich Rothmund, ebenfalls noch immer in eidgenössischem Lohn und Brot, schrieb seinem Chef «sehr dringend» und im wohlbekannten Stil: «Wir sind im Flüchtlingswesen lebhaft interessiert an einer baldigen Anerkennung des Staates Israel durch die Schweiz. Denn wir glauben, annehmen zu dürfen, dass ein solcher Schritt unsere Beziehungen zu den Behörden von Israel verbessern wird, und damit auch die Möglichkeiten, jüdische Flüchtlinge aus der Schweiz nach Israel weiterzubringen.»
Die Anerkennung des Staates Israel durch die Schweiz erfolgte bald danach de facto und am 26. März 1949 de jure mit einen Trick: Das «israelitische» Aussenministerium habe dem Bundesrat in einem Telegramm die Wahl «von Herrn Chaim Weizmann zum Staatspräsidenten und die Bildung der neuen verfassungsmässigen Regierung» angekündigt, steht in einer Notiz des EPD-Juristen Fischli vom 28. März 1949. Der Departementschef habe am 26. März geantwortet und die Glückwünsche für Präsident und Regierung ausgesprochen: «Dies bedeutet die Anerkennung de jure Israels.»
Wenn man es sich nicht allzusehr 1:1 vergleicht, dann verbleiben immer noch einige interessante Parallelen zwischen den Ereignissen um die Exodus damals 1947 und dem Drama auf dem Hilfsschiff für Gaza, als die Israelis es stürmten.
Lieber Cathari! Es geht nicht um Quantität im Verhältnis zur Bevölkerung, sondern um die moralische Qualität!
Die ganze Diskussion um den Status Palästinas wird unter Ausblendung der europäischen Verantwortung geführt. Schwule, Bibelforscher und Fahrende hätten auch Gründe gehabt, einen eigenen Staat zu gründen...
Die Frage ist doch, wie lange Juden aus der Diaspora noch bereit sind, Geld nach Israel zu spenden. Und die Frage bleibt stehen: Wieso haben die moslemischen Brüder den Palästinensern immer nur mit Waffen geholfen aber nicht mit der Wirtschaft?
Die Wunde Palästina ist zu lange "offengehalten" worden von vielen Seiten und Mächten, als dass sie alleine zu heilen vermag!
Exodus auch ein Trauma ...eingefädelt durch die "Guten"
Unterdessen wurde von den Briten der Aufbau der Exodus studiert und auf den britischen Kriegsschiffen Vorkehrungen für die Enterung getroffen: Jeweils auf Brückenhöhe wurden Rampen errichtet, über die die oberen Decks der Exodus zu erreichen wären. Um 2 Uhr früh am 18. Juli richteten die Briten die ultimative Aufforderung an die Exodus, die Fahrt nach Palästina abzubrechen und das Schiff zu stoppen. Diese Aufforderung wurde von Harel und Aronowicz ignoriert. Sobald das Flüchtlingsschiff eine imaginäre Linie überfuhr, gingen die Briten unvermittelt in den Angriff zur Enterung über. . Bis 5:30 Uhr erfolgten 20 Enterungsversuche, wobei das Vorgehen der Briten wie auch die Gegenwehr der Juden immer härter wurden. Im Verlauf der Übernahmekämpfe kam es neben zahlreichen Verletzten (verschiedene Quellen nennen zwischen 146 und über 200) auch zu vier Todesopfern: Einem britischen Soldaten sowie auf der Seite der Exodus der Bootsmann William Bernstein sowie die Passagiere Mordechai Boimsteing und der 15jährige Zwi Jakubowitz. Als die Briten begannen, von ihren Schusswaffen Gebrauch zu machen, ordnete Harel die Einstellung des Widerstands ein, um weitere Opfer zu vermeiden. Erst danach gewannen die Briten die Herrschaft über das Flüchtlingsschiff. Für diese Entscheidung erntete er später heftige Kritik. Zum Zeitpunkt der Exodus-Fahrt war die Operation Igloo seit elf Monaten im Gange, was jedoch nicht zu dem von den Briten gewünschten Effekt führte, nämlich der Reduzierung der illegalen Einwanderung nach Palästina. Stattdessen herrschte bereits in den Internierungslagern auf Zypern Platznot. Als Maßnahme, um der Situation in den zyprischen Lagern zu begegnen, sowie ein noch stärkeres Zeichen zu setzen um die laufende Einwanderung zu stoppen, wurde mit der Operation Oasis die Rückführung der illegalen Einwanderer in die Länder beschlossen, aus denen die Flüchtlingsschiffe abgefahren waren. Im Hafen von Haifa wurden die erschöpften Passagiere der Exodus auf die drei Gefangenenschiffe Ocean Vigour, Runnymede Park und Empire Rival verladen und zurück nach Frankreich geschickt, wo sie am 29. Juli eintrafen. Sie erreichten am 8. September den Hamburger Hafen. Dort wurden die Passagiere vor den Augen der internationalen Presse mit Gewalt von Deck gebracht und in die dafür umgebauten Lager „Pöppendorf“ und „Am Stau“ bei Lübeck verbracht, wo sie interniert wurden. Diese Lager hatten zuvor zur Versorgung von Wehrmachtsangehörigen und Displaced Persons gedient. Am 6. Oktober zogen schließlich die Wachen von den Lagern ab und ließen die Exodus-Passagiere frei. Viele von ihnen schlugen sich erneut nach Südfrankreich durch und fuhren von dort nochmals nach Palästina. Ihr hartnäckiger Widerstand trug dazu bei, die internationale Meinung gegen ein fortwährendes britisches UN-Mandat über Palästina zu wenden und damit die Gründung des Staates Israel voranzutreiben. Gehört doch auch zu den Info`s aus einer grauenhaften Zeit. Viele haben sich schuldig gemacht,gegenüber den Juden und Israel, selbst das Verhalten der USA war nicht immer kosher. Und die Schweiz.....ist leider keine Ausnahme. Doch muss dazu auch gesagt werden: Die Schweiz hat im Verhältnis zur Bevölkerungszahl und der damaligen Nazibedrohung eine der höchsten Leistungen für die jüdischen Menschen erbracht.