Israelische Schläge gegen Iran

Arnold Hottinger's picture

Israelische Schläge gegen Iran

Von Arnold Hottinger, 01.05.2018

Syrien ist zunehmend auch Schauplatz der verschärften Auseinandersetzung zwischen Israel und Iran. Den Russen entgleitet die Sache, die USA steuern starke Worte bei.

Am Sonntag spät abends meldete die syrische Zeitung „Tischrin“ zuerst auf ihrer Website, später ausführlicher in der Morgenausgabe, „der Feind“ habe zwei syrische Armeebasen mit neun Raketen angegriffen. Sie seien aus Nord-Jordanien abgefeuert worden. Die Amerikaner und die Engländer seien verantwortlich. Es habe mindestens 24 Todesopfer gegeben. Die beiden Basen liegen bei Hama und bei Aleppo.

Später wurde jedoch deutlich, dass dieser Angriff offenbar nicht auf die beiden erwähnten Staaten zurückging, sondern auf Israel. Dies wird von Israel nicht bestätigt. Doch die israelischen Quellen geben detaillierte Informationen der Art, dass man erkennen kann, dass einmal mehr die bekannte israelische Informationstaktik verwendet wird, die offiziell keine näheren Auskünfte gibt, aber durchblicken lässt: Unsere Streitkräfte sind es gewesen.

Hizbullah weiss mehr

Auch die libanesische Zeitung „al-Akhbar“, die Hizbullah nahe steht, schrieb, die Schläge kämen von Israel. Ziel der Raketenangriffe waren offenbar Waffendepots der syrischen Armee, in denen auch iranisches Material eingelagert war. Wie aus den offiziösen Angaben und den Zeitungskommentaren in Israel verlautet, ging es bei diesen Schlägen darum, zu verhindern, dass Iran Basen für Boden-Boden Raketen in Syrien einrichtet, die Israel bedrohen könnten. „Al-Akhbar“ schrieb – und wird in Israel zitiert – es sei besondere bunkerbrechende Munition verwendet worden und die Schläge seien so heftig gewesen, dass die seismischen Stationen leichte Erdbeben der Stärke 2,6 verzeichnet hätten.

Auch die Menschenrechts-Beobachtungsstelle in London erwähnt die Schläge. Sie erklärte, der Ursprung der Angriffe sei zunächst unbekannt geblieben. In Iran wurde zuerst der Tod von iranischen Militärberatern gemeldet. Doch dann wurden diese Meldungen dementiert und behauptet, es habe keine Verluste unter Iranern gegeben.  Der israelische Verteidigungsminister, Avigdor Lieberman, erklärt bei jeder Gelegenheit, Israel gedenke seine Aktionsfreiheit im syrischen Luftraum um jeden Preis aufrechtzuerhalten. „Wer auf unsere Flugzeuge schiesst, wird zerstört werden“, sagt er.

Die New York Times will von einem anonym bleibenden Offizier, „der zur Allianz von Syrien, Hizbullah und Iran gehört“, erfahren haben, dass rund 200 iranische Raketen zerstört worden seien und 17 Personen ums Leben gekommen seien, darunter elf Iraner. Auch dies wird in Israel zitiert.

Erhält Syrien russische S 300?

Die Russen haben in den letzten Wochen mehrmals öffentlich davon gesprochen, dass sie die Möglichkeit in Erwägung ziehen, der syrischen Armee die Luftabwehrsysteme S 300 zur Verfügung zu stellen. Ein Offizier behauptete, dies geschehe auf jeden Fall. Der russische Aussenminister, Sergei Lavrov, begnügte sich damit, zu erklären, die russische Führung denke darüber nach.

In Israel wird die Möglichkeit, dass die syrische Armee wirkungsvollere Abwehrraketen erhalten könnte, viel diskutiert. S 300 ist nicht das modernste System der Russen. Es gibt das effizientere S 400. Doch zweifellos wäre bereits die Ausrüstung der syrischen Armee mit dem älteren System eine Herausforderung für die israelische Luftwaffe, die bisher praktisch ungehindert im syrischen Luftraum operieren konnte – allerdings nur, solange die Russen, die auch in diesem Luftraum operieren, nicht einschritten.

In Israel wird auch angemerkt, dass die Russen den Iranern S 300-Lenkwaffen geliefert haben. Iran hat sie öffentlich vorgeführt. Sie waren schon 2007 bezahlt worden, Doch sie kamen erst dieses Jahr an. Israel soll versucht haben, die Russen davon abzuhalten, die S 300 an Iran zu liefern. Die israelischen Kommentatoren merken an, dass das Misslingen dieser Versuche als Zeichen zu werten sei, dass Putin beginne, sich von Israel ab- und Iran zuzuwenden.

Mike Pompeo bei Netanyahu

Fast gleichzeitig mit dem Raketenschlag befand sich der neue Aussenminister Trumps und bisherige CIA-Chef, Mike Pompeo, in Israel und traf sich mit Ministerpräsident Netanyahu. Die beiden sind grosse Iran-Feinde, und sie verstanden sich offenbar gut. Pompeo kam aus Riad und flog weiter nach Amman. In Riad soll er den Saudis empfohlen haben, den Jemen-Krieg und die Konfrontation mit Qatar zu beenden, um sich ganz auf die Abwehr Irans konzentrieren zu können.

Am 12. Mai muss Präsident Trump entscheiden, ob er den Atomvertrag mit Iran noch einmal verlängert oder ihn aufkündigt und damit neue Sanktionen über Iran verhängt. Pompeo erklärte , wenn der Vertrag nicht „gefixt“ werden könne, werde er „genixt“. Was Netanyahu gefiel.

Angebliche israelische Luftangriffe in Syrien (Karte: Haaretz)
Angebliche israelische Luftangriffe in Syrien (Karte: Haaretz)

Die Israeli erwarten eine iranische Racheaktion für den jüngsten Schlag und für die vorausgegangenen im Februar sowie am 9. April auf die T4-Airbase östlich von Homs. Die dortigen Ziele waren – wie später in Isreal enthüllt wurde – im Februar eine iranische Dronenbasis und im April ein neu dorthin gebrachtes iranisches Raketensystem. Woher der iranische Gegenschlag kommen könnte, ist ungewiss. Er könnte in Libanon via Hizbullah erfolgen, aus Syrien kommen oder auch irgendwo in der Welt gegen eine israelische Botschaft.

Nach den libanesischen Wahlen

In Libanon stehen für den 6. Mai Wahlen bevor. Hizbullah gehört zu den zur Wahl stehenden Kräften. Und die Annahme ist, dass Hizbullah vor dem Wahltermin schwerlich eine grössere Aktion gegen Israel beginnen dürfte, weil eine solche ganz Libanon in Gefahr brächte und den Anspruch des Hizbullah, auch eine libanesische politische Kraft  zu sein, untergraben würde. Jedoch später? Die verbalen Drohungen in Israel  haben bereits das Niveau erreicht, auf dem es heisst: „Wenn Iran Jerusalem oder Tel Aviv bombardiert, bombardieren wir Teheran.“

Ähnliche Artikel

Von Journal21, Iran Journal/Behrooz Bayat - 03.01.2021
Von Journal21, Iran Journal, Nasrin Bassiri - 12.01.2021

Sind mit "bunkerbrechenden Waffen" Uranwaffen gemeint? Wenn ja, wäre ein grosser Teil Syriens für immer vergiftet mit den furchtbaren Langzeitfolgen, welche aus dem Irak- und dem Jugoslawienkrieg bekannt sind. Mir ist unverständlich, dass es in Israel keine Grossdemonstrationen gegen die verbrecherische Kriegspolitik der Regierung gibt, welche langfristig die Existenz des israelischen Volkes aufs Spiel setzt.

Eile ohne Weile!...ein Weckruf.

Sollte Plan A scheitern, führen wir Plan B aus! Lange Geplantes wird durchgesetzt, wie überall! Intervalle und Pausen verschleiern längst beschlossene Absichten. Da sind undurchschaubare Kräfte am Werk mit globalstrategischer Karta. Der Nahe Osten entwickelt sich so, wie lange vorausgeplant. Mulmig wurde mir schon damals bei M. al-Gaddafis Aussage, die deutsch-französisch und italienische Schweiz den grossen Nationen zuzuteilen. Die Schweiz das Stachelschwein, nehmen wir nach getaner Arbeit heim, hat ihm jemand geflüstert. Er war damals zornig! War sicher nicht seine eigene Idee! Es bleibt uns Zeit, aber wir sollten sie auch nutzen und uns militärisch klug vorzubereiten. Effiziente Boden-Luft, Luft-Luft Abwehrsysteme die von fremden Mächten nicht ferngesteuert, fehlgesteuert werden können, sind von grösster Wichtigkeit. Der Preis muss genau wie damals so hoch sein, dass es sich nicht lohnt. Möglicherweise macht man uns allen nur Angst um Waffen zu verkaufen, aber sicher sind wir nicht. Mein Restvertrauen zu den Mächten ist im Keller, ich schreibe das aus Liebe zur Schweiz, diesem unserem grossartigen Land. …cathari

Bin mal ganz einverstanden mit Ihnen. Sic vis pacem, para bellum. Wird immer so bleiben.

SRF Archiv

Newsletter kostenlos abonnieren