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16. Februar 2021

Spinnen die Merkel-Nörgler?

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Spinnen die Merkel-Nörgler?

Von Reinhard Meier, 16.09.2017

Deutschland geht es unter der Führung Merkels hervorragend. Ihre Wiederwahl scheint gesichert. Dennoch verbreiten einige Kommentatoren deswegen Heulen und Zähneklappern.

Der nüchterne „Economist“ attestiert Angela Merkel in einem aktuellen Leitartikel „eine sichere Hand in einer turbulenten Welt“. Er weist darauf hin, dass die Arbeitslosigkeit in den bisher 12 Jahren ihrer Kanzlerschaft von 11.2 auf 3.8 Prozent gefallen ist. Sie habe nicht nur das eigene Land „stabil und unideologisch“ geführt, sondern auch innerhalb der EU eine wohltuend konstruktive Rolle gespielt.  

Beneidenswerte Befindlichkeit

Die schrillen Stimmen, die noch vor zwei oder drei Jahren den unausweichlichen baldigen Zusammenbruch des Euro prophezeiten, sind verstummt. Der Euro liefere „das Comeback des Jahres“ war unlängst in der NZZ zu lesen. Auch die rabenschwarzen Überfremdungs- und Untergangsszenarien, die 2015 wegen der von Merkel vorübergehend ausgerufenen „Willkommenskultur“ für Flüchtlinge an die Wand gemalt wurden, sind nicht mehr das beherrschende Thema in Deutschland. Gemäss einer dieser Tage publizierten Infografik des Ifo-Instituts München sind die Deutschen heute im Durchschnitt zufriedener als je zuvor seit der Wiedervereinigung im Jahre 1991.

Das wohl höchste denkbare Lob formulierte schon im Februar der israelische Schriftsteller Amos Oz, als er in einem „Spiegel“-Interview erklärte, für ihn sei nach der niederschmetternden Wahl Donald Trumps Angela Merkel die natürliche Führerin der freien Welt.

Trotz dieser vergleichsweise beneidenswerten Befindlichkeit im wirtschaftlich und politisch einflussreichsten Land der EU fehlt es in manchen Spalten der Publizistik vor der Bundestagswahl am 24. September nicht an bärbeissigen, unheilschwangeren oder bitter-ironischen Kommentaren über Merkels Kanzlerschaft und die dabei angeblich verpassten Chancen.

Deutschland döst?

Interessanterweise liest man solche vergrämten wahlpolitischen Betrachtungen nicht nur von Publizisten aus der linken oder rechtsnationalen Ecke. Aus dieser Richtung entbehren Kritik und Pessimismus am weitverbreiteten Wohlgefühl in Deutschland  ja nicht der inneren Logik. Schliesslich ist Angela Merkel für diese Lager die politische Hauptgegnerin, die den andern Parteien vor der Sonne steht und deren Popularität man deshalb herunterzureden versucht.

Doch die Nörgler am Merkel-Kurs und den Resultaten ihrer bisher zwölfjährigen Kanzlerschaft rekrutieren sich nicht nur aus dem Bereich der linken und rechtsnationalen Strömungen. Sie sind erstaunlich häufig auch aus dem breiten Spektrum in der Mitte zu vernehmen, das politisch vom liberalen bis zum bürgerlich-konservativen Ideengut reicht. „Deutschland döst“, lautet eine öfters und gerne verbreitete Formulierung zum laufenden deutschen Wahlkampf. Und schuld an diesem angeblich schläfrigen Zustand ist natürlich in erster Linie die durchtriebene Kanzlerin, die den Leuten Sand in die Augen streut, statt sie für kühne und weitblickende Visionen einzustimmen.

„Elend der Konsensdemokratie“

Den Vogel abgeschossen mit dieser Art von nörgelnder Miesmacherei hat unlängst die deutsche Essayistin und Schriftstellerin Cora Stephan mit einem Meinungsbeitrag in der NZZ. Die Arbeit der von Merkel geführten Grossen Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD charakterisierte sie mit folgenden Eigenschaften: „Grosser Konsens, Sichdurchwursteln ohne Widerspruch und Moral statt Politik.“  Und angesichts der als ziemlich sicher geltenden Fortsetzung von Merkels Kanzlerschaft stellt die Kommentatorin die von Asterix inspirierte Frage: „Die spinnen, die Deutschen?“ 

Immerhin räumt die unzufriedene Pamphletistin dann ein, dass wohl nicht alle Deutschen spinnen. Eines Tages könne man wohl auch den braven Zeitgenossen in Deutschland (gemeint sind offenbar die Merkel-Wähler) nicht mehr länger einreden, „man müsse den Terror als ein Naturereignis hinnehmen, am besten noch mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen“. Da muss man sich schon fragen, wer eigentlich spinnt – die Autorin oder ihre angeblich verschlafenen und naiven Mitbürger? 

Cora Stephan spricht dann noch vom „Elend einer Konsensdemokratie namens grosse Koalition“. Und sie behauptet, im deutschen Parlament  sei „längst eine Opposition in fundamentalen Fragen abhandengekommen“.  Offenbar hat sie noch nicht wahrgenommen, dass im Bundestag auch die Grünen und „Die Linke“ vertreten sind. Was das „Elend der grossen Koalition“ betrifft (unter deren Regierung laut der erwähnten Ifo-Statistik immerhin ein Rekordwert an Zufriedenheit im Volke zustande gekommen ist), so besteht durchaus die Chance, dass nach dem 24. September ein neues Regierungsbündnis zustande kommt – möglicherweise eine sogenannte Jamaika-Koalition, zusammengesetzt aus CDU/CSU, einer erstarkten FDP und den Grünen. Werden dann die Kritiker in Deutschland immer noch über das „Elend einer Konsensdemokratie“ jammern?

Welche Visionen?

Andere Merkel-Kritiker werfen ihr vor, den Bürgern keine grosse politische „Vision“ zu bieten und sich zu wenig um die „Zukunftsfähigkeit“ des Landes zu kümmern. Man muss als Antwort auf solche hochgestochenen Begriffe nicht unbedingt das berühmte Diktum von Helmut Schmidt zitieren, der ironisch meinte, wer Visionen habe, der solle zum Arzt gehen. Doch fassbare, im Wahlkampf einsetzbare Vorstellungen, was denn mit solchen „Visionen“ und mit „Zukunftsfähigkeit“ konkret gemeint sein könnte, sind von den Merkel-Kritikern aus der politischen Mitte auch nicht zu vernehmen.

Natürlich hat das Klagen mancher Kommentatoren über einen angeblich langweiligen Wahlkampf auch mit dem in Umfragen diagnostizierten Vorsprung von Angela Merkel gegenüber ihrem SPD-Herausforderer Martin Schulz zu tun. Wenn für die CDU-Kanzlerin ein Vorsprung von 15 Prozentpunkten ausgerechnet wird, dann wird es für die Medien schwieriger, dem Wahlvolk spannende Geschichten über den Stand des Rennens anzubieten.

Aber ist Merkel schuld an diesem Zustand? Und wäre den deutschen Bürgern vielleicht besser gedient mit einem Spitzenkandidaten vom Zuschnitt des Lügenbarons Trump, der dann völlig unerwartet gewählt wurde? Oder wünschten die Kritiker lieber eine Konstellation wie in diesem Frühjahr in Frankreich, als die Wahl Marine Le Pens zur Präsidentin nicht ausgeschlossen war? Ausserdem: Was soll langweilig sein an einem Wahlkampf, in dem damit zu rechnen ist, dass die rechtsnationale AfD offenbar gute Chancen hat, als drittstärkste Partei in den Bundestag einzuziehen?

Was man später sagen wird

Auch in Deutschland ist keineswegs alles zum Besten bestellt, das behaupten ja auch die Merkel-Wähler nicht. Sie wissen nur, dass heute in ihrem Land vieles besser läuft als in andern Ländern Europas und gewiss in früheren Phasen der deutschen Geschichte. Und fast ebenso sicher ist, dass dieser erfreuliche Zustand nicht unbeschränkt andauern wird. Neue Turbulenzen, Krisen und Konflikte werden früher oder später aufbrechen. Dann wird man zurückblicken auf die Merkel-Jahre und viele werden das denken, was der britische „Economist“ vor 35 Jahren am Ende von Helmut Schmidts Regierungszeit auf der Titelseite schrieb: „It was good while it lasted.“

Über die Zukunftsfähigkeit und die Visionen von Frau Merkel (und auch Herr Schulz, das ist das Gleiche), darf nicht gesprochen werden. Es sind Tabu-Themen. Die Medien (Mainstream) steuern den Wahlkampf und vermeiden die heiklen Themen: Flüchtlingsproblem, 300 Tausend pro Jahr, netto, 12 Mio. in 40 Jahren zerstören die Identität / Ramstein, Atombomben und Angriffsbasis gegen Russland werden im Ernstfall erste Zielscheibe sein / Schulden bis zum Überdruss, werden einfach übernommen und produziert zum Vorteil des Neokapitalismus / Längst fälliger Friedensvertrag mit den sog. Alliierten des 2. WK, Deutschland ist juristisch immer noch besetzt / Diffamierung von Russland und Putin, bis zum geht nicht mehr / Familienpolitik durch Auslagerung an Kitas und Entfremdung der Jugend, verbunden mit dem verehrenden Gendertrend . Das sind die Visionen von Merkel (und Schulz). Dafür wird über die Maut gestritten und andere Ablenkungsmanöver, durchsichtig und lächerlich. In vier Jahren wird Deutschland erwachen, erwachsen, sofern die Zeit dazu noch reicht. Deutschland hat diese Bevormundung der USA, der NATO und seiner Vasallen nicht verdient, die Deutschen sind ein gutes, zuverlässiges und kulturell hochstehendes Volk, das in Frieden leben will.

Angela Merkel und Martin Schulz einfach gleichzusetzen ist schon mal grundfalsch. Und eine Ansammlung von Schlagworten wie "Mainstream", "Ramstein", "Flüchtlingsproblem", "Diffamierung von Russland", "Entfremdung der Jugend", "besetztes Land" usw. macht noch keine schlüssige Argumentation. Was.z.B. die Souveränität Deutschlands angeht, scheint Ihnen Folgendes entgangen zu sein: http://www.bpb.de/nachschlagen/gesetze/zwei-plus-vier-vertrag/ Und wenn Sie dann noch schreiben, Deutschland werde "erwachen", wird es vollends unerträglich. "Deutschland erwache!" war bekanntlich eine berüchtigte Nazi-Formel, und wir wissen doch, wohin dieses "Erwachen" geführt hat, oder?

Unsere Einladungskanzlerin hat 2015 Mist gebaut und mehrere Gesetze verletzt. Diese erste Generation von Flüchtlingen ist wirtschaftlich gesehen ein Minus-Geschäft für den Fiskus, für die Sozialversicherung, für die gesetzliche Krankenversicherung und für die Rente. Ob sich die zweite Generation selbst ernähren kann weiß niemand, Harz 4 ist ansteckend, Kinder kopieren ihre Eltern. Die Durststrecke wird wohl länger als eine Generation dauern.

Ich mache genau das Gegenteil von dem, was Mainstreammedien erreichen wollen. Und ich bin stolz drauf, dass ich selbständig denken kann, was für unsere Zukunft gut und was schlecht ist. Für die vielen beruflich unbrauchbaren wohlstandsuchenden Fremden werden die Wohlhabenden finanziell mehr belastet und die Sozialschwachen werden unter Sozialkürzungen leiden müssen. Dazu kommt steigende Nachfrage nach Wohnraum, steigende Mieten, Kannibalisierung auf dem Wohnungsmarkt und Obdachlosigkeit. Die Krankenkassen werden teurer und der Leistungskatalog der GKV wird reduziert. Die Bodenversiegelung, Landfraß und Umweltbelastung werden zunehmen. Die Kriminalität und der Terror werden zum Alltag. Der Staat, die Bundesländer, die Städte und Gemeiden werden sich weiter verschulden, wir werden in einem Pleitestaat leben müssen so wie die Griechen. Nur die Rechtspopulisten versprechen schnelle Abhilfe. Also muß ich für eine bessere Zukunft die demokratische rechtspopulistische AfD wählen.

Ein AfD Wähler. Sehr gut. Dann können Sie mir sicher sagen welche konkreten, praktischen Maßnahmen sich aus der von Ihnen und ihrer Partei ausgegeben Parole "der Islam gehört nicht zu Deutschland" folgen. Nur Mut. Seien sie offen und lassen sie sich nicht durch PC und Denkverbote hindern.

Merkel hat alle jüngeren beliebten fähigen CDU-Politiker rechtzeitig "entsorgt" um alternativlos zu sein.
Die Deutschen sind gute Erfinder, Konstrukteure und Manager, aber propagandistisch lassen sie sich an einer gekochten Makaroni abschleppen.

Wir sind machtlos gegen den Terror, für den wir die Grenzen geöffnet haben. Jedes Mal, wenn es wieder passiert ist, hören wir von der Bestürzung der Staatschefs und weiteren Floskeln. Dies seit Jahren schon. Und was nützt uns das? Was nützt es den Opfern, den Angehörigen von Opfern und dem Rest der Bevölkerung für die Zukunft? Terroristen sind voller Hass auf die Gesellschaft, schützen sich durch Anonymität und schlagen feige aus dem Hintergrund zu. Schwierig die auszumachen. Wie bitte, kann eine Gemeinschaft gegen willkürliche Einzeltäter etwas unternehmen? Wer kann mich stoppen, wenn ich heute mit einem Auto irgendwo, irgendwann und irgendwie in irgend eine Menschenmenge fahren will? Wie kann eine Gemeinschaft die Gedanken einzelner Personen lesen? "Gemeinsam gegen den Terrorismus" ist in einem solchen Fall nichts mehr als eine hohle Floskel um nicht sagen zu müssen: "wir sind völlig machtlos dagegen!"

Der Schreiber hier hat offensichtlich 0 Ahnung, sonst würde er solch Mist nicht formulieren, den haben wir in unseren Medien wirklich genug.

Interessant. Da wird also der Autor von anonymer (verärgerter, kritischer, ja nur Leser's oder gar Niemandes) Seite ohne irgendwelches Argument abgekanzelt. Und beim Senden dieses meines zweiten Kommentar's wird er als Spam blockiert genauso wie die e-mail Adresse der Redaktion. Honi soit qui mal y pense.

Gelegentlich meine ich die Leute (und auch diesen bürgerlich-liberalen Schreiber) daran erinnern zu müssen, dass es in der Politik um (widerstreitende) Interessen geht. Es gibt nicht einfach "gute" (erfolgreiche) Politik (wie sie diese Frau Merkel offenbar betreiben soll) und "schlechte". Ihre Politik mag gut für die einen Leute sein, für andere ist sie es definitiv nicht.

Ach ja, die Energiewende ( dreimal höhere Preise), die Nichteinhaltung der Euro-Maastricht-Kriterien, der Import von Asylbetrügern (über 1 Million junge Männer) verhelfen dieser gutmeinenden Kanzlerin zur Wiederwahl. An ihre Leistung glauben etwa ein Drittel der wahlteilnehmenden Deutschen. Eine klare Mehrheit, nicht wahr?

So ist es. Was mich am Verhalten des Deutschen Volkes wundert, dass ca. 80% mit der Leistung Merkels unzufrieden sind aber die Mehrheit der WählerInnen sie wieder wählen. Das soll mal einer verstehen!

Mit grosser Zustimmung lese ich Ihren Artikel. Genau dieser Ansicht war/bin ich beim Lesen all der eigenartigen Unzufriedenheit in einem grossen Teil der deutschen und schweizerischen Medien zum deutschen Wahlkampf. Offenbar schätzt die Mehrheit der Deutschen die Regierungschefin besser ein als die Alternativen. Die vorgebrachte Kritik (langweilig, visionslos, etc) find ich kaum relevant.

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