Professor Michael Pfau ist Deutsch-Amerikaner und lehrt an der Universität von San Diego. Er hat sich auf politische Psychologie spezialisiert. Dazu zählt auch die Forschung im Bereich Charisma. Pfau stand uns nach einer Podiumsdiskussion zum Thema „Charisma der amerikanischen Politik“ im Amerika Haus in München, für ein paar Fragen zur Verfügung…
Professor Pfau, was ist überhaupt Charisma?
Charisma ist die Fähigkeit, andere Leute mitzureißen, sie für eine Idee zu begeistern und zwar soweit, dass sie bereit sind, dafür Opfer zu bringen. Dabei wachsen sie über sich selbst hinaus und vollbringen Dinge, die sie selbst nicht für möglich gehalten hätten.
Das klingt ein bisschen so, als mache Charisma aus anderen Superman. Menschen wie Barack Obama wird diese Eigenschaft ebenfalls nachgesagt. Handelt es sich dabei aber nicht eher um Popularität?
Nein, überhaupt nicht. Popularität ist das Gegenteil von Charisma. Wenn Sie das jetzt auf einen Chef beziehen, dann ist der Boss, der am beliebtesten ist, wahrscheinlich aber nicht derjenige, der seine Leute am meisten motiviert. Der charismatische Chef ist hingegen eine Persönlichkeit, die am meisten respektiert wird und vor der die Mitarbeiter und Kollegen oft große Ehrfurcht haben. Das zeigt sich auch darin, dass die Mitarbeiter hinterher sehr stolz auf die Leistungen sind, die sie für diesen Chef erbracht haben. Dadurch werden sie höchst motiviert.
Was sind denn typische Eigenschaften eines charismatischen Chefs?
Im Prinzip kann jeder ein charismatischer Chef sein. Es sind nicht so sehr statische Eigenschaften, die einen Chef charismatisch werden lassen, sondern vielmehr die Interaktion mit seinen Untergebenen. Eines dieser Merkmale nenne ich Inspiration. Ein Chef muss seine Leute inspirieren können, sodass sie danach ganz genau wissen, was das große Ziel ist und jeder hernach mehr oder minder eigenständig darauf zuarbeiten kann. Ein weiteres Merkmal ist Motivation. Ein charismatischer Chef muss seine Mitarbeiter so motivieren, dass sie gerne mit Top-Resultaten zu ihm zurückkommen. Die dritte Eigenschaft ist Realismus. Ein Chef sollte nicht auf eine höhere Popularität hinarbeiten oder darauf, möglichst beliebt zu sein. Vielmehr muss er seinen Mitarbeitern ehrlich sagen können: “Das waren die Vorgaben. Davon hast du jetzt 78 Prozent erreicht, prima. Aber es sind immer noch 22 Prozent zu erledigen.” Das alles sind Beispiele für eine charismatische Interaktion zwischen Chef und Mitarbeiter.
Und das kann wirklich jeder lernen?
Ja, denn es sind keine angeborenen Talente, die man hat oder eben nicht. Charismatische Austrahlung entsteht im Umgang zwischen Menschen. Und das lässt sich trainieren und erlernen. Von jedem, wenn er nur will.
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