Bevor Sie an dieser Stelle einen Rückfall in die (guten) alten Zeiten befürchten, in denen reglementierte Umgangsformen den Menschen zwar Halt und Orientierung gaben, sie aber auch ziemlich steif und knarzig aussehen ließen, seien Sie beruhigt: Gute Manieren sind keinesfalls reaktionär. Im Gegenteil: Dahinter steckt vielmehr der Gedanke, anderen gegenüber stets Rücksicht zu zeigen sowie jederzeit zuvorkommend und charmant zu bleiben. In einer Zeit, in der Egoismus und Opportunismus dominieren, ist das geradezu fortschrittlich.

In der Rubrik Knigge-Regeln finden Sie hier im Blog bereits einige nützliche Tipps zu aktuellen Übereinkünften etwa zu Tischsitten oder Büromanieren sowie zu Dresscodes und E-Mail-Etikette. Benimmregeln bleiben jedoch nicht nur offiziellen Anlässen vorbehalten. Gute Manieren sind eine Haltung, die man nicht einfach nur im Bedarfsfall an- oder ablegt. Deshalb heute ein Knigge-ABC für den Alltag (.pdf), für typische Situationen, in die wir alle einmal kommen. Die hier aufgeführten Tipps sind jedoch nicht als starres Korsett gedacht, sondern schildert Konventionen, deren Einhaltung das Gros der Menschen angenehm und höflich empfindet. Wer sich daran hält, beweist nicht nur Parkettsicherheit, sondern auch Kinderstube von A bis Z…

Anrede

Je besser man sich kennt, desto eher kann man auf förmliche Ansprachen verzichten. Wer jedoch neu in eine Gruppe kommt, sollte Fremde konventionell anreden. Konkret: Akademische Grade ab dem Doktor aufwärts werden dem Namen vorangestellt („Herr Dr. Müller“) , Diplome, Master- und Bachelor-Titel indes bleiben unerwähnt. Doppelnamen (Müller-Lüdenscheidt) wiederum werden vollständig ausgesprochen, Ehrentitel und öffentliche Mandate ebenfalls (Herr Bürgermeister, Frau Ministerin), aber nicht auf die Ehepartner übertragen. Deutlich komplizierter ist der Umgang mit Adelstiteln. Die Titel „Graf“, „Baron“ oder „von“ sind Namensbestandteile, werden also genannt. Dann allerdings fallen zugleich das „Herr“ oder „Frau“ sowie die Präpositionen „von“ oder „zu“ weg. Richtig wäre also beim Baron zu Lippe: „Guten Tag, Baron Lippe…“ Im Fall, dass der Baron promoviert hat, wird der akademische Grad stets vorangestellt, weil dieser höherrangig ist: „Guten Tag, Dr. Baron Lippe…“

Buffet

Erlaubt ist: jederzeit zum Buffet zu gehen und sich einen weiteren Gang zu holen. Tabu ist: sich den Teller bis zum Anschlag voll zu packen und deshalb anschließend womöglich noch den Tisch vollzukleckern. Peinlich! Stilechte Buffets sind in der Regel so angerichtet, wie man die Gänge zu sich nehmen würde: zuerst die kalten Vorspeisen, dann die Suppe(n), die Hauptgänge und schließlich Käse und Desserts. Die Speisen werden übrigens nie am Buffet verzehrt oder probiert, sondern allein am Tisch. In diesem Fall ist es zwar höflich auf seine Tischnachbarn mit dem Verzehr zu warten – man muss es aber nicht. Und: Gehen Sie bitte niemals mit gebrauchtem Geschirr zurück ans Buffet (Ausnahme: privat)! Benutzte Teller und Besteck räumt der Kellner weg. Unnötig zu erwähnen, dass Sie am Buffet nie drängeln. Einzig richtig: Halten Sie in der Schlange etwas Smalltalk mit Ihrem Nachbarn.

Canapé

Zu vielen Anlässen wird heute vorab Fingerfood gereicht, meist sind das kleine Häppchen auf weichem Brot – sogenannte Canapés. Im Idealfall sind diese nicht größer als ein 2-Euro-Stück und brauchen deshalb auch nicht abgebissen werden, sondern können in einem Happen verzehrt werden. So ist es auch richtig. Also bitte, liebe Gastgeber und Caterer: nicht überfrachten!

Distanzzonen

Nicht wenige Menschen reagieren auf Gedränge mit Stress. Auslöser ist die menschlichen Nähe und damit einhergehende Verletzung ihrer Intimzone. Der US-Antropologe Edward T. Hall hat diese sogenannten Distanzzonen bereits 1963 vermessen und in vier Bereiche eingeteilt: Die öffentliche Zone. Sie umfasst einen Umkreis mehr als 3,60 Meter Abstand und ist für die meisten unproblematisch. Die soziale Zone. Sie reicht von 1,20 bis 3,60 Meter. Der klassische Abstand zu Fremden, Verkäufern, Servicekräften oder Beamten. Näher als eine Armlänge sollten die keinem kommen. Denn dort beginnt schon… Die persönliche Zone. Sie ist guten Freunden oder Kollegen vorbehalten. Sie dürfen zwischen 0,6 und einen Meter an uns heranrücken. Es ist zugleich die Zone, in die jemand beim Händeschütteln eindringt. Deshalb sollten sich Fremde hierbei nur langsam nähern, wenn sie nicht gleich Vorbehalte schüren wollen. Die intime Zone. Hier hält unser Gegenüber gerade mal 60 Zentimeter Abstand. Das dürfen wirklich nur engste Freunde, Familie oder der Partner. Andernfalls reagieren wir mit Ablehnung oder gar Aggression. Diese Abstände sind allerdings westeuropäische Durchschnittswerte. In sogenannten Kontaktkulturen, wie in Lateinamerika oder im arabischen Raum, darf man sich deutlich näher kommen.

Essen

Zu Tischsitten und richtiger Esskultur finden Sie hier ja bereits einige Tipps. Deshalb an dieser Stelle noch einige klassische Fehler, die leider immer wieder zu beobachten sind: Es wird nicht getrunken, bevor der Gastgeber dazu aufgefordert hat. Ellenbogen werden nicht auf dem Tisch abgestützt, das Besteck wird zum Mund geführt – nicht umgekehrt, und mit vollem Mund spricht man nicht. Noch immer. Ebenfalls unhöflich ist, das Essen nachzuwürzen, bevor es probiert wurde. Im privaten Rahmen kommt das sogar einer Beleidigung gleich. Einmal aufgenommenes Besteck berührt die Tischdecke nicht wieder, bei Pausen wird es auf dem Teller geparkt. Heiße Speisen, wie Suppen, sollte man auch nicht kaltpusten – unschön. Der Suppenlöffel wird zudem nicht breitlings an den Mund geführt, sondern mit dessen Spitze. Falls Sie sich Wasser nachschenken oder noch etwas Brot nehmen möchten, bieten Sie zuerst den anderen den Brotkorb an, bzw. schenken Sie erst den anderen nach. Und: Inzwischen wünscht man sich kaum noch einen „Guten Appetit“. Der Grund: Kommt es vom Gastgeber und Koch, riecht es nach Eigenlob; kommt es vom Gast, ließe es die Vermutung zu, der Wunsch sei auch nötig. Kurzum: Wünschen Sie sich lieber einen netten Abend oder prosten Sie auf eine gute Partnerschaft.

Flirten

Die Dosis macht das Gift. Komplimente hört jeder gerne, aber sie müssen glaubwürdig bleiben. Übertreiben Sie es also nicht. Sprücheklopfende Draufgänger mag keiner. Bevor Sie losquasseln, stellen Sie lieber erst Blickkontakt her. Wird er auch beim zweiten Mal erwidert, ist das ein Signal, dass Interesse besteht. Eine erste unverbindliche Verabredung auf neutralem Boden (zum Beispiel zum Kaffee) ist heute üblich. Ebenfalls üblich ist heute die sogenannte Akkolade – der angedeutete Wangenkuss zur Begrüßung. Ob nun zweimal oder dreimal geküsst wird (links-rechts-links), ist unerheblich. Entscheidender ist, dass dieser Kuss nur angedeutet wird. Also bitte kein lautes Schmatzen, kein Berühren der Wange mit den Lippen. Das gilt im Übrigen aus für den inzwischen aus der Mode gekommenen Handkuss: Auch er wurde nur angedeutet, wobei ER der Dame dabei stets ins Auge blickte, nicht auf die Hand. Früher galt zudem: Der Kavalier lädt die Dame ein. Das gilt zwar im Prinzip heute auch noch. Manche spüren wegen des Reziprozitätsprinzips dabei eine Art Verpflichtung und fühlen sich deshalb unwohl, wenn der andere die Rechnung bezahlt. Tipp: Fragen Sie die Dame, ob sie damit einverstanden ist, wenn Sie sie einladen. Und wenn Sie jemandem mal einen Korb geben möchten, dann versuchen Sie das bitte so, dass der- oder diejenige dabei das Gesicht wahren kann. Wortwechsel à la „Haben wir uns nicht schon mal gesehen?“ „Nein, und ich hoffe, es kommt auch nicht wieder vor…“ sind zwar amüsant, aber unhöflich.

Geschäftsessen

Ziel eines Businesslunch ist nicht etwa auf Firmenkosten satt zu werden, sondern Geschäftsbeziehungen zu verbessern oder zu vertiefen. Konzentrieren Sie sich also vornehmlich auf den Gast und machen Sie es ihm so angenehm wie möglich. Das beinhaltet auch, dass Sie ihm den besten Platz anbieten – besser noch: die freie Platzwahl überlassen. Auch, wenn er dabei Ihren bisherigen Platz wählt. Achten Sie darauf, dass der Gast später zu Ihrer Rechten bzw. zur Rechten des Gastgebers sitzt – das ist der Ehrenplatz. Treffen Sie sich nur zu zweit, setzen Sie sich freilich gegenüber, kennen Sie sich besser sogar eher über Eck. Das wirkt vertrauensvoller.

Handicap

Der Umgang mit Behinderten fällt den meisten Nichtbehinderten schwer: Sie sind unsicher, neigen zu übertriebener Rücksicht oder Mitleid und machen es für die Betroffenen dadurch nur noch unangenehmer. Die meisten Behinderten wollen von ihren Mitmenschen in erster Linie als Mann, Frau, Kunde, Mitarbeiter, Fachkraft, etc. wahrgenommen werden und nicht als Mensch mit Handicap. Behandeln Sie sie also normal und bieten Sie Hilfe an, wenn sie augenscheinlich gefragt ist – etwa bei einem Rollstuhlfahrer, der eine Treppe überwinden möchte. Aber helfen Sie nie ungefragt! Das interpretieren manche als Eingriff in ihre Autonomie. Und für den Fall, dass geistige Behinderte Sie einmal bedrängen oder verbal beleidigen, sehen Sie großzügig darüber hinweg und bleiben Sie freundlich und ruhig.

Integrieren

Neu im Team? Dann sollten Sie sich einen Überblick über die geschriebenen wie ungeschriebenen Regeln der Gruppe und des Unternehmens verschaffen. Gehen Sie möglichst noch keine Koalitionen ein, auch wenn man sie Ihnen gleich anbietet. In den ersten Tagen sind sie die personifizierte Schweiz. Vorerst. Halten Sie sich ebenso mit Ratschlägen und Verbesserungsvorschlägen zurück. Bevor Sie den Laden mit ihren Ideen dominieren, beweisen Sie zuerst Ihre Fähigkeit zur Integration und Unterordnung. Seien Sie auch nicht vorschnell mit dem „Du“ – es sei denn es gehört zur Kultur. Nähe bauen Sie besser auf, indem Sie zuhören, Hilfe anbieten, sich mehr engagieren als gefordert wird und sich in Sprache, Kleidung und Gepflogenheiten anpassen. Haben Sie erst einmal genug Vertrauen gewonnen, können Sie sich mehr Freiheiten gönnen.

Jux

„An seinen Scherzen erkennt man den Menschen“, wissen die Franzosen. „Scherze, die schmerzen, sind keine“, mahnen die Spanier, und eine russische Volksweisheit besagt: „Kein Scherz ist besser als der über sich selbst“. Bei aller Liebe zu Wortwitz, Jux und Dollerei – Humor ist heikel. Einerseits kann er verbinden, eine gespannte Atmosphäre entschärfen oder einfach nur die Laune heben. Andererseits: Nicht jeder verträgt Humor (Ironie ganz besonders) und über das, was der eine lustig findet, muss der andere noch lange nicht lachen. Setzen Sie Späße deshalb nur mit Bedacht ein: keine diskriminierenden Witze; keine Scherze über Sex, Frauen, Politik, Religion; kein Veralbern von abwesenden Dritten. Unbedenklich dagegen: Sie erzählen eine launige Anekdote aus Ihrem Leben, bei der sie zugleich eine charmante Schwäche zugeben.

Komplimente

Schmeicheleien hört jeder gerne. Problematisch wird es immer dann, wenn diese ins Anzügliche abgleiten. Wer auf dem schmalen Grat zwischen Kompliment und sexueller Belästigung nicht balancieren kann, sollte das sicherheitshalber lassen. Im Job könnten sonst leicht Ermahnung und Abmahnung die Folgen sein. Vor allem wenn die berufliche Hierarchie ins Spiel kommt, wird es heikel. Als Kollege können Sie der Kollegin, die sie gut kennen, sicher noch sagen: „Sie sehen heute bezaubernd aus.“ Als Chef ist das schon das Äußerste, was Sie sich erlauben dürfen. Je mehr Sie ins Detail gehen („Dieses Dekolleté, diese Beine, Ihre Figur…Wahnsinn!“), desto belästigender kann das auf den anderen wirken. Das gilt übrigens auch für betriebliche Anlässe wie eine Geburtstagsfeier, ein Ein- oder Ausstand nach Dienstende. Hier herrscht zwar eine private Atmosphäre – für Juristen ist dies aber noch immer ein berufliches Umfeld. Wenn Sie dem anderen schon eine Freude machen wollen, loben Sie lieber dessen Leistungen, seine Charakterstärken, sein Teamspiel. Alles unverfänglich – und sehr schmeichelhaft.

Ladies first

Die Dame zuerst, gilt inzwischen nur noch im Privaten. Bei Geschäftsterminen zählt allein die Hierarchie. Hier wird stets der ranghöchste Gast zuerst begrüßt – unabhängig vom Geschlecht. Sind solche Hierarchien nicht erkennbar, wird zuerst die Person begrüßt, die man am besten kennt. Immer wieder kommt allerdings die Frage: Wer hält wem die Tür auf – er ihr oder sie ihm? Oder: Wer hilft wem in den Mantel? Diesbezügliche Regeln gelten heute als überholt. Sowohl Sie kann unterstützend eingreifen, er aber auch. Schließlich gibt es aussagekräftigere Gradmesser für die Emanzipation als die Fähigkeit, alleine in einen Mantel zu schlüpfen. Verkehrt wäre nur, solche Gesten barsch abzulehnen.

Mitfahrgelegenheit

Ihr Geschäftspartner bietet Ihnen an, Sie in seinem Auto mitzunehmen. Obacht: Kommen Sie jetzt bloß nicht auf die Idee, sich allein auf die Hinterbank zu setzen. Der Typ ist nicht Ihr Chauffeur! Allerdings wird ein höflicher Fahrer seinem Gast die Tür aufhalten – erst recht, wenn es eine Dame ist. Werden Sie hingegen im Taxi chauffiert, sitzt der Ehrengast immer hinten rechts. Hier lässt es sich am leichtesten und sichersten ein- bzw. aussteigen. Wer die Zeche zahlt, sitzt links hinter dem Fahrer oder – falls Sie zu dritt oder zu viert fahren – neben dem Fahrer. Auch in diesem Fall gilt: Der ranghöchste Gast sitzt hinten rechts, sein wichtigster Ansprechpartner gleich daneben.

Nachbarn

Ob man nun in eine Doppelhaushälfte, ins Mehrfamilienhaus oder eine Plattenbausiedlung einzieht: überall gibt es Nachbarn, die die Wohnqualität empfindlich beeinflussen können. Ein guter Start ist dabei oft schon essenziell. Als Neuankömmling stellen Sie sich möglichst am ersten Tag freundlich vor, klingeln kurz, sagen vielleicht noch was Sie beruflich machen und bekunden den Willen zu guter Nachbarschaft. Umgekehrt: Heißen Sie den Neuen wilkommen und begrüßen Sie ihn vielleicht auch Tags darauf noch einmal mit einem kleinen Präsent – und seien es nur ein paar Süßigkeiten für die Kinder (falls vorhanden). Zum guten Ton gehört es zudem, im Flur zu grüßen, Heraufsteigenden im Treppenhaus den Vortritt zu lassen (erst recht, wenn sie bepackt sind), Älteren Mitbewohnern beim Tragen schwerer Taschen zu helfen oder die Tür aufzuhalten – und Partys rechtzeitig anzukündigen. Ein geschickter Schachzug: Laden Sie die unmittelbaren Nachbarn direkt auf ein Glas dazu ein, dann werden sie kaum gegen die Fete opportunieren. Nach Mitternacht sollte man allerdings den Lärmpegel deutlich senken. Allgemein akzeptiert sind Ruhezeiten zwischen 20 und 8 Uhr sowie zwischen 13 und 15 Uhr. Dann sollte keiner handwerkern oder seine Musik auf Konzertlautstärke hören.

Order

Der geübte Gastgeber führt die Regie einer Einladung über Fragen: Was halten Sie von einem Menü? Wollen wir zunächst eine Vorspeise nehmen? Möchten Sie Wein dazu trinken? Anschließend passt er sich den Wünschen seiner Gäste an (nimmt also keine Vorspeise, wenn die keine wünschen) und lässt ihnen selbstverständlich auch bei der Bestellung den Vortritt. Und wenn es ans Bezahlen geht, macht er das möglichst nicht am Tisch, sondern diskret am Empfang.

Pünktlichkeit

Ist höflich. Überpünktlichkeit dagegen oft unpassend. Bei privaten Einladungen könnten die Gastgeber bis zuletzt noch mit den Vorbereitungen beschäftigt sein; bei Gesellschaften mit freier Platzwahl könnte es latent gierig wirken, zu früh zu erscheinen. Motto: Den besten Platz für mich! Erscheinen Sie lieber wenige Minuten später – aber bitte nicht mehr als zehn. Ansonsten ist es höflich, seine Verspätung – etwa wegen eines Staus – telefonisch anzukündigen.

Quittung

Wenn Sie im Restaurant die Rechnung möchten, rufen Sie bitte nicht „Herr Ooober…!“ Blickkontakt reicht. Trinkgeld (engl. „Tip“: to improve promptness) bekommen nur Angestellte, nie der Besitzer (gilt auch für Restaurant, Friseur, Taxi). Zehn Prozent sind inzwischen üblich, im Ausland besser 15 Prozent.

Rede

Leider gelingt nicht jedem eine pointierte Ansprache aus dem Stegreif. Die klassischen Fettnäpfe kann aber dennoch jeder umgehen: Danken oder erwähnen Sie zunächst die Ehrengäste, jedoch bitte nicht mehr als fünf. Dann: Sprechen Sie verständlich! Einfache Sätze, einfache Worte, viel Emotion, viele Verben, kaum Substantive, keine Fremdwörter oder Fachausdrücke. Kurz: Erzählen Sie kurze, launige und persönliche Geschichten und variieren Sie dabei ruhig mit Stimme und Körpersprache. Das wirkt lebendiger als jedes Wortgeklimper. Und halten Sie stets Blickkontakt zum Publikum und nach fünf Minuten wieder die Klappe. Eine Stegreifrede ist schließlich kein Vortrag.

Streit

Sollten Sie im privaten Rahmen einmal unfreiwillig Zeuge eines Beziehungsstreits werden, dann beziehen Sie auf keinen Fall Position! Sie können dabei nur verlieren – schlimmstenfalls einen Freund. Ziehen Sie sich lieber umgehend, diskret und unter einem Vorwand („Ich muss mal telefonieren…“) zurück. Zurückkehren können Sie, wenn sich die Wogen hörbar geglättet haben. Dauert der Zwist länger, entschuldigen Sie sich, dass Sie jetzt besser gehen werden. Und bitte dabei nicht mehr Text als nötig. Einer der Streithähne könnte das nutzen, um weiteres Öl ins Feuer zu gießen („Siehst du, jetzt hast du unsere Gäste auch noch verprellt…!“).

Theater

Ob Sie nun in die Oper, ins Theater oder zu einem Konzert gehen: Nach wie vor erkennt man den Gentleman daran, dass er der Dame den Vortritt lässt und an der Garderobe zuerst aus dem Mantel hilft, bevor er sich seinen auszieht. Die Kleidung sollte zu solchen Anlässen elegant aber nicht schrill sein – die Künstler spielen die Hauptrolle, nicht Sie! Am Ende eines Stückes wird reichlich applaudiert, Szenenapplaus kommt dagegen seltener vor, bei Sinfonien gar nicht. Wenn das Stück grottig war, sagen Sie das hinterher ruhig. Nur bitte nicht pfeifen oder grölen – ordinär! Und falls Sie während der Aufführung Schluckauf oder einen Hustenanfall bekommen, ziehen Sie sich bitte umgehend aus dem Saal zurück. Bis zur Pause dürfen Sie sich dann allerdings nicht mehr durch die Reihen zurück schlängeln. Das wäre rücksichtslos. Suchen Sie sich stattdessen einen freien Platz am Rand.

Unterwegs

Etikette wird durchaus auch global geschätzt. Die jeweiligen Landesmanieren hier alle aufzuzählen, wäre aber zu umfangreich. Daher nur die wichtigsten: Achten Sie auf Ihre Kleidung – vor allem im Hinblick darauf, keine religiösen Gefühle zu verletzen. Miniröcke, Hotpants oder Stringbikinis sind etwa in islamisch geprägten Ländern tabu, auch am Strand. Man sieht Europäern zwar einiges nach, besser ist aber, von vorneherein Rücksicht zu nehmen. Ebenso unschicklich sind nackte Beine, Leggings oder Spaghetti-Träger in christlichen Kirchen. Die Stoppelbeine von Männern in kurzen Hosen mag dort aber auch keiner sehen. In den meisten arabischen Ländern, in Asien oder Afrika wird zudem die Gastfreundschaft sehr hoch geachtet. Eine Einladung auszuschlagen ist hier ein schwerer Fauxpas und kommt einer Beleidigung gleich. Selbst ungewohnte Speisen sollten sie deshalb wenigstens probieren. Und sagen Sie nie, dass es nicht schmeckt – sie leiden heute allenfalls an einer „Magenverstimmung“ oder haben einfach keinen Hunger. Im den meisten Ländern ist es zudem üblich, dass der Gastgeber im Restaurant die gesamte Rechnung bezahlt. Schlagen Sie also bloß nicht Fifty-Fifty vor, sondern sprechen Sie anschließend lieber eine Gegeneinladung aus. Und: Egal, wo Sie sind – jeder freut sich darüber, wenn Sie für die Landschaft, die Architektur, die jeweilige Kultur und das lokale Essen lobende Worte finden.

Vorstellen

Früher galt: Herren stehen zur Begrüßung einer Dame auf, Frauen bei der Begrüßung älterer Frauen. Das ist inzwischen überholt. Heute steht jeder für jeden auf – als Zeichen gegenseitigen Respekts.
Die entscheidende Frage bei den Aufwartungen: Wer trifft wen wo? Privat: Hier grüßt immer der, der dazukommt oder den anderen zuerst sieht. Geschäftlich: Hier zählt allein die Hierarchie. Allerdings sollten sich bei Empfängen immer diejenigen zuerst begrüßen und die Hand geben, die sich kennen – also nicht zwangsläufig der Dame zuerst! Danach stellt der Rangniedrigere seine Begleitung vor, was daraufhin der Ranghöhere ebenfalls mit seiner Begleitung macht. Jetzt sind alle mit einander bekannt und können sich gegenseitig die Hand geben. Nicht schütteln! Ein sanfter Druck von ein bis drei Sekunden reicht. Und sehen Sie dem anderen dabei bitte in die Augen.

Wein

Wein atmet Geschichte. Wer gekonnt den Kelch schwenkt, seine Nase tief in das bauchige Glas taucht, mit seelenwunder Miene das Bouquet in seine Stirnhöhle saugt und dazu Nuancen von Lakritz, Cassis oder Pfeffer wahrnimmt, beeindruckt heute viele und suggeriert mit derlei Brimborium zugleich feinsinnigen Geschmack und Durchblick. Noch mehr freilich, wenn er für die Gesellschaft den passenden Wein zum Essen wählt. Achtung Minenfeld: Falls Ihnen der Kellner einen Testschluck einschenkt, tut er das nur, damit Sie die Qualität des Weines prüfen können, ob dieser richtig temperiert ist oder korkelt. Ob er Ihnen schmeckt oder nicht, steht nicht zur Debatte – das oblag bereits Ihrer Kompetenz bei der Auswahl. Ist alles in Ordnung, brauchen Sie nur nicken. Das ist für ihn das Signal, dass auch allen anderen eingeschenkt wird.

Xenien

Sind Gastgeschenke. Diese sind bei privaten Einladungen obligat – erst recht wenn sich daran eine Übernachtung (etwa an Silvester) anschließt. Mit leeren Händen zu erscheinen, ist grob unhöflich. Ein kleines Präsent, wie eine Flasche Wein und ein Blumenstrauß (nie verpackt überreichen!) sind Pflicht. Bringen Sie möglichst Ihre eigenen Pflege- und Waschutensilien mit. Falls Sie etwas vergessen haben, fragen Sie bitte, was Sie im Bad mitbenutzen dürfen – nicht einfach zugreifen, schon gar nicht beim Parfüm. Bei einer einmaligen Übernachtung machen Sie am nächsten Morgen die Betten, ziehen die Bettwäsche ab und legen diese gefaltet obenauf. Aus dem Waschbecken entfernen Sie alle Haare und wischen (falls Sie der Letzte im Bad sind) die Dusche trocken. Kurzum: Machen Sie so wenig Arbeit wie möglich, dann bleiben Sie ein gerngesehener Gast.

Y-Chromosom

Mit der Emanzipation haben sich auch einige Benimmregeln geändert: So war es früher Usus, dass die Frau zuerst die Treppe hinaufgeht, damit der Mann sie bei einem Sturz auffangen konnte. Heute gilt dies nur noch bei schmalen Treppen. Sind die Stufen breit genug, gehen Mann und Frau nebeneinander. Bei einem Restaurantbesuch geht indes immer der Mann voran – auch beim Hinausgehen. Das stammt noch aus dem Mittelalter, wo der Mann seine Dame stets schützen musste. Klassisch ist: Im Restaurant führt er die Regie, empfiehlt ihr Speisen und Getränke. Sie wiederum sagt ihm, was sie essen und trinken möchte (nicht dem Kellner) und er bestellt für beide. Diese Choreographie ist zwar heute im Business unüblich, privat – etwa bei einem Rendezvous – gibt er sich damit aber immer noch als Gentleman der alten Schule. Was bis dato gut ankommt – oder ist James Bond etwa uncool?

Zappeln

Das Handspiel – egal, ob auf Partys oder bei Vorträgen – verrät viel: Unsicherheit, Nervosität, Interesse oder Noblesse. So wirken zum Beispiel langsame und nicht allzu ausladende Bewegungen immer souverän. Hektische Mikrogesten, wie Spielen an den Ringen, Fuchteln oder Däumchendrehen verraten dagegen den Subordinierten. Verschränkte Arme wiederum zeigen Reserviertheit an, während Hände, die längerfristig in den Hosentaschen stecken, Desinteresse bekunden können. Neutral dagegen: Die Linke hält das Trinkglas, die Rechte unterstützt die Konversation. Und wenn Sie zuhören, wechseln Sie ruhig die Positionen – mit Betonung auf ruhig.