Ein Interview mit Markus Jung, Betreiber eines der größten Fernstudienportale Deutschlands

Markus Jung gründete 2004 das Portal Fernstudium-Infos, über das sich Studieninteressierte und Fernstudenten austauschen können. Seitdem hat es sich zu einem der umfangreichsten, deutschsprachigen Informationsangebote zu diesem Thema entwickelt, mit über 15.000 registrierten Nutzern. Im März erscheint sein mit Anne Oppermann verfasster Ratgeber “100 Fragen und Antworten zum Fernstudium” im Feldhaus Verlag. Jung ist auch am 18. März auf der Didacta in Köln (Stand J001b, Halle 10.1).

Markus, du selbst hast zwei Studiengänge via Fernstudium absolviert. Was haben dir die beiden Abschlüsse gebracht?

Zunächst habe ich Informatik studiert, da ich nach einer kaufmännischen Ausbildung und einigen Jahren Berufstätigkeit mehr in den technischen Bereich wollte. Erst dadurch bin ich mit der Fernstudium-Materie in Berührung gekommen, war davon begeistert und so hat sich das Portal Fernstudium-Infos als Geschäftsmodell entwickelt – was vorher so nicht geplant war. Meine zweite Weiterbildung per Fernunterricht war ein Journalismus-Lehrgang. Dieser hat mir fachliches Hintergrundwissen für meine Tätigkeit gebracht, zum Beispiel im Bereich des Presserechts. Dieser Fernlehrgang war aber deutlich weniger komplex als das akademische Fernstudium zum Diplom-Informatiker FH. Ohne meine Fernlehrgänge würde ich heute nicht diesen Job machen. Übrigens bin ich aktuell zum dritten Mal als Fernlerner aktiv: Ich habe einen Fernlehrgang des Forum DistancE-Learning belegt, in dem es um die Hintergründe des Fernunterrichts, zum Beispiel Rechtsgrundlagen, geht. Die Lernform scheint wohl süchtig zu machen.

Welche Studiengänge sind bei den Studenten denn besonders beliebt?

Bei Fernstudium-Infos wurden im letzten Monat die meisten Infos zu den folgenen Fernstudiengängen abgerufen:

  1. Gesundheit
  2. Betriebswirtschaft
  3. Informatik
  4. Ingenieur
  5. Medizin
  6. Psychologie
  7. Sozialwissenschaften
  8. Soziale Arbeit
  9. Pädagogik
  10. Sozialpädagogik

Was motiviert die Leute zum Fernstudium?

Ich denke, viele wollen ganz wesentlich ihre berufliche Situation sichern oder verbessern. Manche machen es aber auch aus persönlichen Gründen, um sich weiterzuentwickeln. Mir sind einige Psychologie-Fernstudenten mit dieser Motivation bekannt.

Woher kommen die Hauptimpulse zu einem Fernstudium – vom Arbeitgeber oder von den Studenten in spe?

Die Unternehmen weisen verstärkt darauf hin, dass sie von den Mitarbeitern eine beständige Weiterbildung erwarten. Direkt eine Empfehlung für das Fernstudium wird selten gegeben. Allerdings stoßen die Weiterbildungsinteressierten bei ihren Recherchen immer leichter auf Informationen zu dieser Weiterbildungform.

Unterschätzen viele Fernlerner den Aufwand für das Studium?

Wer sich vorab informiert, wird schnell herausfinden, dass für ein akademisches Fernstudium 15 bis 20 Stunden pro Woche aufzubringen sind. Zahlreiche Anbieter weisen auch selbst darauf hin. Trotzdem glauben viele Fernlerner, dass sich der zusätzliche Zeitaufwand noch leicht im Wochenplan unterbringen lässt – und müssen dann in der ersten Phase eines Fernstudiums kräftig nachjustieren.

Wie hoch sind die Abbrecherquoten?

Die Zahlen hierzu gehen weit auseinander. Die meisten Abbrecher gibt es in den ersten Semestern und in den wenigsten Fällen ist fachliche Überforderung die Ursache. Oft ist es so, dass entweder der Aufwand unterschätzt wurde, oder sich Veränderungen im beruflichen oder privaten Umfeld ergeben, die eine Fortsetzung des Studiums unmöglich machen.

Gibt es schwarze Schafe unter den Anbietern?

In Deutschland ist der Verbraucherschutz sehr gut. Privatwirtschaftliche Angebote müssen von der Staatlichen
Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) zugelassen werden, akademische Fernstudiengänge dürfen nur von staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen angeboten werden. Im akademischem Fernstudium erworbene Abschlüsse sind gleichwertig zu Abschlüssen, die im Präsenzstudium erworben wurden.

Die meisten Anbieter organisieren zusätzlich noch Workshop und Chats für die Teilnehmer. Lohnt sich das?

Teilweise sind solche Angebote sogar verpflichtend. Aber auch wenn die Teilnahme freiwillig ist, empfehle ich, diese Angebote zu nutzen. Es ist gut, die Inhalte auch nochmal auf anderem Wege als nur über die Studienhefte zu behandeln und die Möglichkeit zu haben, offene Fragen zu klären. Ganz wichtig ist aber auch der Aspekt des Netwerkens untereinander. Oft werden bei Präsenzveranstaltungen oder im Chat Kontakte geknüpft, die während des Studiums und darüber hinaus anhalten und nützlich sind.