Wenn man sich wie ich seit nunmehr über zehn Jahren mit (angeblichen) Karriere- und Erfolgsregeln beschäftigt, dann sieht man jede Menge Management-Moden, zahlreiche Trends kommen und gehen, ohne dass sie wirklich Spuren hinterlassen. Säue werden durchs Dorf getrieben und viel heiße Luft zwischen Buchdeckel gepresst – mit zwei wesentlichen Folgen: Man selbst erkennt Windmaschinen und Kokolores schon, bevor die anfangen einem den Tag zu vermiesen. Zweitens: Man erkennt, was wirklich Bestand hat.

In die zweite Kategorie fällt eine Fähigkeit, die mir in den vergangenen Jahren zunehmend als eine entscheidende Eigenschaft erfolgreicher Menschen aufgefallen ist, wenn nicht sogar als die entscheidende Fähigkeit überhaupt: das Fokussieren-Können. Gewiss, das ist jetzt keine Raketenwissenschaft, keine Enthüllung vom Ausmaß eines nackten Kaisers. Aber es ist einer der Gründe, warum die einen alles erreichen und alle anderen nur von Meilenstein zu Meilenstein stolpern. Ich bin inzwischen davon überzeugt, dass viele Menschen in ihrem Leben deshalb so wenig erreichen, weil sie es nicht schaffen oder nie gelernt haben, ihre Kräfte, ihr Streben und ihre Leidenschaft auf eine Sache zu konzentrieren. Sie sind einfach nicht hartnäckig genug und lassen sich immer wieder ablenken oder entmutigen.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich rede nicht davon, mit Scheuklappen durchs Leben zu trampeln und alles zu ignorieren oder niederzumähen, was sich einem in den Weg stellt. Es wird immer wieder Dinge geben, die kurzfristig unsere volle Aufmerksamkeit verlangen. Aber es gibt eben auch das eine große Ziel, das, was man wirklich erreichen will. Dort, wo will man morgen stehen will.

Schauen Sie sich nur die antiken Eroberer oder die zahlreichen Selfmade-Millionäre und –Unternehmer der Gegenwart an: Sie alle hatten oder haben einen Traum, eine Vision, ein Ziel, und das haben sie – koste es, was es wolle – mit aller Kraft verfolgt. Sie fokussierten sich darauf. Mag sein, dass es parallel dazu noch andere Projekte gab. Aber dem einen wichtigsten Projekt gehörte ihr Herzblut. Und genau das wird am Ende mit Erfolg belohnt.

Natürlich nicht immer. Manche sind mit ihren Ideen auch kolossal gescheitert. Garantien gibt es schließlich auch hierbei nicht. Dann jedoch kommt eine andere Fähigkeit zum Tragen: das Wiederaufstehen-Können. Aber darum geht es heute nicht. Heute geht es um Konzentration und Hartnäckigkeit, um Ausdauer und Fokussierung.

Selbsttest

Vielleicht fragen Sie sich gerade: Bin ich so? Habe ich diese Eigenschaft? Bin ich fokussiert? Konzentriert? Hartnäckig? Ich kann diese Fragen freilich unmöglich beantworten, das können nur Sie selbst. Allerdings kann ich Ihnen etwas dabei helfen, die Fragen für sich zu beantworten – mit dem folgenden kleinen Selbsttest. Natürlich kann der in dieser Form nur grob sein und erhebt auch keinerlei wissenschaftlichen Anspruch. Doch er kann Ihnen erste gute Hinweise liefern, wie es um Ihr Fokussieren-Können steht. Lesen Sie sich dazu bitte die folgenden Aussagen durch und zählen sie mit, an welchen Stellen Sie stumm dazu nicken:

    [A] Egal, was ich anfange: Ich versuche stets der Beste zu sein.
    [B] Ich setze mir viele Ziele. Und zwischendurch gerne auch wieder neue.
    [A] Ich habe viele Rückschlage überwunden, um Ziele zu erreichen.
    [A] Ich bin sehr ehrgeizig.
    [B] Meine Interessen können von Jahr zu Jahr wechseln.
    [A] Ich will den Erfolg. Unbedingt.
    [A] Mich bringt so leicht nichts von meinem Weg ab.
    [B] Ich lasse mich mit neuen Ideen und Projekten von meinen bisherigen gerne ablenken.
    [A] Ich bin fleißig, arbeite viel und hart.
    [A] Was ich anfange, beende ich – auch wenn es länger dauert.
    [B] Ich habe Probleme damit, mich auf Jobs zu fokussieren, die über mehrere Monate dauern.
    [A] Ich bin sehr gewissenhaft.
    [B] Ausdauer brauchen doch nur die, die keine zündenden Ideen haben.
    [B] Bei Schwierigkeiten gebe ich lieber früher auf als mich sinnlos festzubeißen.
    [A] Ich habe schon Projekte beendet, die Jahre in Anspruch nahmen.
    [A] Widerstände stacheln mich erst recht an.

Auswertung

Zählen Sie nun jeweils alle A- und B-Aussagen zusammen, bei denen Sie zustimmen konnten.

  • B-Aussagen überwiegen deutlich. Sie mögen viele gute, erfolgreiche Eigenschaften haben – aber Fokussierung zählt eher nicht dazu. Dafür lassen Sie sich zu leicht ablenken und reagieren zu stark auf neue Reize. Sehen Sie das aber bitte nicht nur negativ. Das ist auch eine Stärke, dahinter steckt Begeisterungsfähigkeit, Offenheit und Neugier, die heute ebenfalls wichtige Talente sind. Nicht selten sind sie Ausdruck eines zunehmend gefragten Charakterzuges: Sozialkompetenz.
  • A- und B-Aussagen halten sich die Waage mit Tendenz zu A Sie zeigen eine gute Mischung aus Konzentration und Veränderungsbereitschaft. Lesen Sie sich die Aussagen bitte noch einmal selbstkritisch durch und prüfen Sie, ob Sie manchmal nicht vielleicht doch mehr Durchhaltevermögen zeigen sollten. Womöglich sind Sie ein harmoniebedürftiger Mensch, der sich von Widerständen zu leicht ins Bockshorn jagen lässt. Eine positive Verbissenheit bewährt sich an dieser Stelle. Und manchmal ist es besser, ein paar Sympathien (vorrübergehend) zu verspielen, um das große Ganze zu erreichen.
  • A-Aussagen überwiegen deutlich. Sie haben definitiv Biss. Bravo! Haben Sie sich einmal entschieden und haben Sie Ihre Weichen gestellt, dann rollen Sie wie eine Dampflok auf der Schiene dem Ziel entgegen. Nichts und niemand lenkt Sie dann noch davon ab. Und doch: Achten Sie darauf, dass Sie sich und Ihre Ziele immer wieder hinterfragen. Wer so fokussiert seine Ziele verfolgt, droht blind zu werden für plötzliche Veränderungen oder für die Menschen, die er dabei gar auf der Strecke links liegen lässt.