Groll’s Arbeitsrechtskolumne
Peter Groll ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt. Für die Karrierebibel analysiert und kommentiert er regelmäßig wichtige und aktuelle Urteile aus dem deutschen Arbeitsrecht. So bleiben Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Fach- und Führungskräfte stets über ihre Rechte und rechtliche Fallstricke informiert.
Schadenersatz für schlechtes Zeugnis
Az.: 13 Sa 1267/08 Zeugnisse müssen wohlwollend sein und der Wahrheit entsprechen, sonst drohen dem Unternehmen rechtliche Konsequenzen. Ein Arbeitgeber wurde vom Arbeitsgericht dazu verurteilt, das bereits erteilte (grottenschlechte) Zeugnis entsprechend den Wünschen seiner ehemaligen Mitarbeiterin zu korrigieren. Mit dem alten Zeugnis hatte sie sich erfolglos beworben, die Absagen wurden vor allem auf die erheblichen Rechtschreibfehler im Zeugnis gestützt. Die Frau verlangte daraufhin 6000 Euro Schadensersatz von ihrem Ex-Arbeitgeber. Zu Recht, wie das Hessische Landesarbeitsgericht urteilte. Bei Verletzung der Zeugnispflicht kommt ein solcher Schadensersatzanspruch in Betracht. Dabei muss der Kläger allerdings beweisen, dass durch das verspätete oder unrichtige Zeugnis ein konkreter Schaden entstanden ist. Das war hier der Fall, weil die Absagen unmittelbar auf dem mangelhaften Zeugnis beruhten. Der Schaden bestand somit in den entgangenen Gehältern.
Auch Mini-Diebstähle schützen nicht vor Kündigung
Az.: 6 Sa 1845/11 Obwohl der Filialleiter seit mehr als 20 Jahren für das Unternehmen tätig war, wurde er von seinem Arbeitgeber – zu Recht – außerordentlich gekündigt, wie das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg feststellte. Zum Verhängnis wurde ihm ausgerechnet ein nicht bezahlter Beutel Streusand. Zwei Tage später fiel er abermals auf, weil Waren aus der Einzelhandelsniederlassung im Wert von 12,02 Euro mitgenommen, aber nicht bezahlt hatte. Da reichte dann auch der dringende Verdacht des Arbeitgebers, dass der Filialleiter erneut lange Finger machen würde, um den Mann zu feuern. Mit seinem Verhalten habe der Filialleiter das während seiner langjährigen Tätigkeit aufgebaute Vertrauen in seine Rechtschaffenheit zerstört. Die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist sei dem Arbeitgeber nicht zuzumuten. Auch dass es sich bei den geklauten Gegenständen um Sachen von geringem Wert gehandelt habe, half dem Arbeitnehmer nicht.
Überstunden zu bezahlen
Az.: 5 AZR 765/10 Der Lagerleiter einer Spedition erhielt einen monatlichen Bruttolohn von 1800 Euro bei 42 Wochenstunden. Falls dies betrieblich erforderlich sei, sollte er zudem zur Mehrarbeit verpflichtet sein – ohne Extra-Vergütung. Da klagte der Arbeitnehmer – rückwirkend – auf Vergütung 968 Euro für in den Jahren 2006 bis 2008 geleistete Überstunden – und bekam Recht, allerdings erst in zweiter und dritter Instanz. Gesetzlich sei jede Mehrarbeit zu vergüten, wenn diese den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist, so die Richter des Bundesarbeitsgerichts. Eine objektive Vergütungserwartung sei regelmäßig gegeben, wenn der Arbeitnehmer kein herausgehobenes Entgelt bezieht. Anders sei die Rechtsprechung bei Großverdienern: Die könnten für Mehrarbeit kein Gehaltsplus erwarten. Angesichts der geringen Höhe des Bruttogehalts des Lagerarbeiters aber müsse der mit bezahlten Überstunden rechnen können. Zudem sei der vertragliche Ausschluss jeder Zusatzvergütung von Mehrarbeit wegen Intransparenz nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, weil nicht erkennbar war, welche Arbeitsleistung der Mitarbeiter für das regelmäßige Bruttoentgelt schuldete.