Groll’s Arbeitsrechtskolumne

Peter Groll ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt. Für die Karrierebibel analysiert und kommentiert er regelmäßig wichtige und aktuelle Urteile aus dem deutschen Arbeitsrecht. So bleiben Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Fach- und Führungskräfte stets über ihre Rechte und rechtliche Fallstricke informiert.

Überstunden lassen sich nicht verrechnen

Az.: 5 AZR 676/11 Was die meisten nicht wissen: Überstunden müssen vom Unternehmen bezahlt werden. Besteht ein Arbeitszeitkonto, dürfen die angesammelten Stunden nicht ohne Weiteres verrechnet werden. So hatte eine Arbeitnehmerin ein beträchtliches Guthaben auf ihrem Arbeitszeitkonto angesammelt. Als im Rahmen eines neuen Tarifvertrags die Erholungszeiten gekürzt wurden, verrechnete die Arbeitgeberin kurzerhand die daraus entstehenden Minusstunden mit dem Arbeitszeitguthaben der Dame. Die aber klagte und das Bundesarbeitsgericht gab ihr Recht: Die auf einem Arbeitszeitkonto ausgewiesenen Zeitguthaben könnten nur dann mit Minusstunden verrechnet werden, wenn es dafür eine ausdrückliche Regelung gebe. Die existierte weder im Tarif- noch im Arbeitsvertrag.

Die Garage gehört noch zur Heimfahrt

Az.: S 13 U 49/11 Schon dem Wort nach kann sich ein Arbeitsunfall nur im Zusammenhang mit der Arbeit ereignen. Nach getaner Arbeit fuhr eine Mitarbeiterin direkt nach Hause, hielt vor ihrer Garage an, stieg aus, öffnete das Garagentor und sah wie sich ihr PKW von alleine in Bewegung setzte. Beim Versuch das Auto aufzuhalten, geriet sie unter die Räder und erlitt multiple Prellungen an verschiedenen Körperteilen. Das aber wurde von der Berufsgenossenschaft nicht als Arbeitsunfall anerkannt, weil sie den versicherten Heimweg durch ihr Aussteigen zu privaten Zwecken unterbrochen habe. Die Richter des Sozialgerichts Wiesbaden sahen das anderes: Der Rettungsversuch sei nicht privat motiviert, sondern gehöre insgesamt zur Heimfahrt. Der Unfall sei als Arbeitsunfall zu bewerten.

Nur Abmahnung nach Klaps auf den Po

Az.: 28 BV 17992/11 Sexuelle Belästigung ist kein Kavaliersdelikt und führt zu Konsequenzen. Das musste auch der Geschäftsführer eines Berliner Unternehmens lernen, der im Anschluss an eine Firmenfeier diversen Mitarbeiterinnen um die Hüften und an den Allerwertesten griff. Der Arbeitgeber fand das gar nicht lustig und verfasste eine deftige Abmahnung in der er im Wiederholungsfall mit Kündigung drohte. Dem Betriebsrat ging das nicht weit genug: Er wollte vor Gericht durchsetzen, dass der Übeltäter unter Androhung eines Ordnungsgeldes von jeglichen Aufgaben entbunden wird, in denen er Kontakt zu weiblichem Personal hat. Das ging den Richtern des Arbeitsgerichts Berlin zu weit – sie wiesen die Klage ab, weil das Unternehmen durch die Abmahnung bereits ausreichende Maßnahmen getroffen habe.