Groll’s Arbeitsrechtskolumne

Peter Groll ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt. Für die Karrierebibel analysiert und kommentiert er regelmäßig wichtige und aktuelle Urteile aus dem deutschen Arbeitsrecht. So bleiben Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Fach- und Führungskräfte stets über ihre Rechte und rechtliche Fallstricke informiert.

Gleiche Bezahlung für Leiharbeiter

1 ABN 27/12 Leiharbeiter können dieselbe Bezahlung verlangen wie vergleichbare Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb (“equal pay”). Einzige Ausnahme: Es gilt ein abweichender wirksamer Tarifvertrag. Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) meinte einen solchen Billig-Tarifvertrag wirksam abgeschlossen zu haben. Diese legale Schlechterstellung der eigenen Gewerkschaftsmitglieder verurteilte das BAG nunmehr rückwirkend. Sinngemäß ist das BAG der Ansicht, dass die CGZP ein U-Boot der Arbeitgeberseite darstellt. Maßgeblicher Zweck der Gewerkschaft sei es gewesen, den Equal-Pay-Grundsatz auszuschließen und Dumpinglöhne durchzusetzen. Das ließ sich das BAG bereits 2010 nicht gefallen und verweigerte eine Absolution. Die gilt jetzt auch rückwirkend: Alle Tarifverträge der CGZP sind unwirksam. Auf Leiharbeitsfirmen im Tarifbereich der CGZP kommen nun kräftige Nachforderungen zu. Einziger Wehrmutstropfen: Aufgrund der Verjährung sind alle Ansprüche vor 2009 verloren.

Anspruch auf Gehaltsverhandlung

6 Sa 40/12 Der Arbeitsvertrag eines Chefarztes beinhaltete eine Klausel, wonach seine Vergütung regelmäßig nach Ablauf von drei Jahren zu überprüfen und „ggfs.“ zu erhöhen sei. Da in der Klausel auch noch die Gehaltsentwicklung der tarifgebundenen Ärzte berücksichtigt war, wurde die Klinik zu einer Gehaltserhöhung verurteilt. Nach Ansicht des LAG Berlin-Brandenburg führe die Klausel zu einem ergebnisoffenen Verhandlungsanspruch. Darüber hinaus begründe sie sogar einen Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Leistungsbestimmung. Denn die Verwendung des Adverbs „gegebenenfalls“ sei nach Treu und Glauben als Einräumen einer ohnehin bestehenden Option zur Gehaltsüberprüfung zu verstehen. Oder wie Juristen es ausdrücken: Das billige Ermessen des Arbeitgebers war durch die Formulierung „ggfs.“ deutlich eingeschränkt.

Schadensersatz bei Entzug des Dienstwagens

5 AZR 651/10 Dienstwagen sind für viele Mitarbeiter ein wichtiger Teil des Gehaltspakets. Problematisch wird es, wenn der Arbeitgeber das Fahrzeug vorzeitig zurückhaben möchte. So auch bei einer gekündigten Außendienstmitarbeiterin. Sie wurde freigestellt, gleichzeitig musste sie ihren Wagen abgeben – weil sie keine Kunden mehr besuche. Die Mitarbeiterin sah das anders, marschierte durch die Instanzen und bekam vor dem Bundesarbeitsgericht Recht. Die Richter hielten zwar die Klausel im Arbeitsvertrag, dass der PKW bei einer Freistellung ohne Entschädigung abgegeben werden muss, für wirksam. Doch müsse das Unternehmen bei diesem Widerruf auch die Interessen des Mitarbeiters berücksichtigen: Da die Frau keinen anderen Wagen hatte und sie den Dienstwagen auch noch mit einem Prozent versteuern musste, sprachen die Richter ihr einen Schadensersatz in dieser Höhe zu.