Groll’s Arbeitsrechtskolumne
Peter Groll ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt. Für die Karrierebibel analysiert und kommentiert er regelmäßig wichtige und aktuelle Urteile aus dem deutschen Arbeitsrecht. So bleiben Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Fach- und Führungskräfte stets über ihre Rechte und rechtliche Fallstricke informiert.
Keine Verdachtskündigung ohne Gespräch
10 Sa 2272/11 Für die Sachbearbeiterin einer Berliner Wohnungsbaugesellschaft kam es richtig dicke: Erst wurde sie überraschend zu einem Personalgespräch zitiert, dort saßen ihr vier Vorgesetzte gegenüber und warfen ihr Arbeitszeitbetrug vor. Sie habe regelmäßig zu viel Arbeitszeit in der Zeiterfassung eingetragen. Die Dame konnte bis auf zwei Tage sämtliche Vorwürfe entkräften. Das Gespräch endete trotzdem mit der fristlosen Kündigung. Das war voreilig: Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg kassierte die Kündigung wieder ein. Der Arbeitgeber hätte nur einen Verdacht gehabt. In solchen Fällen muss der Betroffene aber vorher angehört werden. Das war zwar der Fall, aber das Unternehmen hatte die Frau ins Messer laufen lassen und ihr vorher nicht mitgeteilt, worum es in dem Gespräch geht. Sonst hätte sie die Chance gehabt, eine Person ihres Vertrauens oder einen Anwalt mitzunehmen. Schließlich war die Kündigung aus Sicht der Richter auch deshalb unwirksam, weil es keine Abmahnung gab. Nach 19 Jahren im Betrieb hätte man der Klägerin vorher die gelbe Karte zeigen müssen.
Arbeitgeber muss Knöllchen nicht zahlen
9 Sa 1464/11 Knöllchen bekommt niemand gerne. Natürlich auch nicht, wer gerade dienstlich unterwegs ist. Damit Mitarbeiter nicht wie die Wilden fahren, ist es entsprechend unzulässig, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet, sämtliche Bußgelder zu übernehmen. Anders lag es bei einem Kraftfahrer, der in Frankreich wegen Überschreitung der Lenk- und Ruhezeiten und Vergehen gegen die Straßenverkehrsordnung ein Strafgeld von 2385 Euro aufgebrummt bekam. Sein Arbeitgeber übernahm die die Kosten, damit der Fahrer weiterfahren konnte. Das Geld wurde ihm anschließend vom Lohn abgezogen, so war es im Arbeitsvertrag geregelt. Der Mann wehrte sich jedoch dagegen und zog zum Gericht – und verlor in beiden Instanzen. Zuletzt vor dem Landesarbeitsgericht Köln. Die Richter ließen seine Klage schon daran scheitern, dass er die Verfallsfrist in seinem Arbeitsvertrag nicht eingehalten hatte.
Kündigung als Maßregelung unwirksam
19 Ca 215/10 Ein Verpacker fragte mehrfach nach neuen Arbeitsschuhen. Der Arbeitgeber gab die aber nur alle zwei Jahre aus und reagierte bei der erneuten Frage dünnhäutig: Der Arbeitnehmer habe seine Schuhe privat selbst beschädigt, außerdem hetze er Kollegen auf. Folge: Er solle das Büro verlassen, der Inhaber wolle ihn nicht mehr sehen. Zwei Tage später kam die Kündigung. Zu Unrecht – wie das Arbeitsgericht Hamburg befand. Zwar beschäftige der Arbeitgeber nicht mehr als zehn Mitarbeiter – einen Kündigungsgrund bräuchte er daher eigentlich nicht. Ausnahmsweise wäre die Kündigung aber auch im Kleinbetrieb wegen einer unzulässigen Maßregelung unwirksam. Eine solche liegt vor, wenn der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis kündigt, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise ein Recht ausübt. Verstößt eine Kündigung gegen das Maßregelungsverbot, ist sie unwirksam. Das Arbeitsgericht sah diese enge Verknüpfung wegen der zulässigen Frage nach neuen Arbeitsschuhen und der kurz darauf ausgesprochenen Kündigung. Ob es anschließend neue Schuhe gab, ist nicht bekannt.
Industriekombinat Medien & IT
Es muss heißen “Grolls Arbeitsrechtskolumne” – bei einem Genitiv “s” gibt es kein Apostroph. Das gilt nur fürs Englische bzw. in Deutschen im Falle eines “s” am Ende wie z.B. “Marcus’ Brief ..”
Daniela
@Industriekombinat Medien & IT: Grundsätzlich hast du Recht, dass das Genitiv-s nicht mit einem Apostroph verhunzt wird. Aber der Duden lässt tatsächlich die Ausnahme bei Namen zu. Das heißt: Apostroph bei Genitiv-s mit Namen darf man schreiben. Einen Schönheitspreis würde ich dafür aber nicht vergeben. ;-)
Industriekombinat Medien & IT
Ja, weil’s (!) viele immer falsch geschrieben haben, hat man es zugelassen – was nicht bedeutet, dass es richtig ist .. ;)